Meine Reise in die Welt der Gewuerze
drücken und sie exakt um Mitternacht in einen Fluss werfen. Und dann, so verspricht es der assyrische Zauberer, »wird sich dein Feind dir unterwerfen«.
Das süße Leben im Ägypten der Pharaonen
Das erste richtige Feinschmeckervolk der Geschichte betrat ein paar Jahrhunderte nach den Mesopotamiern die Bühne der Zivilisation: die alten Ägypter. Sie aßen gern und gut und verstanden ungeheuer viel von Gewürzen und tranken Unmengen von Bier und Wein. Die höheren Stände ließen sich dreimal am Tag zum Essen nieder, doch auch die armen Leute mussten nicht darben. Zu ihren Grundnahrungsmitteln gehörten Zwiebeln und Knoblauch, zu den Delikatessen Gazellen und Antilopen. Der antike Geschichtsschreiber Herodot berichtet, dass die Ägypter auch rohe Wachteln und andere kleine Vögel liebten und alle Arten von Fischen, außer denen, die ihnen heilig waren. Ein typisches Rezept aus der Pharaonenzeit, das entschlüsselt werden konnte, empfiehlt für einen Nil-Fisch eine Marinade aus Öl, Zwiebeln, Pfeffer, Koriander und anderen Kräutern, danach soll man ihn braten – ein Rezept, nach dem man heute noch genauso einen Fisch zubereiten könnte. Tatsächlich gibt es in der modernen ägyptischen Küche einige 4000 Jahre alte Gerichte.
Das Ägypten der Pharaonen lebt nicht nur in der Küche weiter. Es ist die erste Hochkultur, die uns mit ihren Pyramiden und Tempeln prachtvolle Zeugnisse ihrer eigenen Größe hinterlassen hat – lauter Bauwerke, mit denen die göttergleichen Herrscher verherrlicht werden sollten und die großartiger waren als alles, was die Menschheit bis dahin errichtet hatte. Man konnte es sich leisten, denn das alte Ägypten war ein gesegnetes Land, in dem man den Hunger kaum kannte und den Überfluss genoss. Der Nil war ein Garant für Fruchtbarkeit, er schenkte den Menschen so viele Aale, Karpfen, Barsche und Tigerfische, wie sie sich wünschten, und an seinen Ufern wuchs im Marschland alles, was man zum Glücklichsein brauchte – es waren nicht zuletzt Gewürze.
Pfefferkörner in der Nase der Mumie
Über die altägyptische Küche wissen wir sehr viel, weil Essen immer auch eine Grabbeigabe war. Die Ägypter glaubten daran, dass man im Jenseits genauso wie im Diesseits weiterlebt, also gaben sie den Toten das mit, was auch die Lebenden gerne hatten. Daneben beschäftigen sich viele Reliefs und Papyri mit dem Thema Essen und Kochen. Die Ägypter, das ist sicher, verwendeten, kultivierten oder importierten Anis, Kassia, Dill, Bockshornklee, Fenchel, Kapern, Kardamom, Koriander, Knoblauch, Kümmel, Ajowakümmel, Kreuzkümmel, Schwarzkümmel, Pfeffer, Minze, Mohn, Safran, Senf, Sellerie, Sesam, Thymian und Wacholder. Und sie benutzten Kräuter und Gewürze nicht nur in der Küche, sondern ebenso für die Einbalsamierung. Zimt, Myrrhe, Anis, Kreuzkümmel und süßer Majoran wurden zum Aromatisieren in die Körper gefüllt, aus denen man zuvor sämtliche Weichteile entfernt hatte. Es ist erstaunlich: Wie schon in Mesopotamien entstand auch die zweite frühe Hochkultur genau dort, wo im großen Stil Gewürze angebaut, gehandelt und benutzt wurden, sei es in der Küche, in der Medizin oder in der Kosmetik – ganz so, als seien Gewürze der beste Humus für Zivilisation.
Ein Lieblingsgewürz der Ägypter war Koriander. Ganze Schiffsladungen sollen aus anderen Mittelmeerregionen importiert worden sein. Er wurde in Bier und Wein gemischt, um diese Getränke berauschender zu machen. Koriander wurde aber auch vernünftiger verwendet, zum Beispiel bei Magenschmerzen oder als Insektizid. Genauso allgegenwärtig im Leben der alten Ägypter war Kreuzkümmel. Es ist kein Zufall, dass man im Grab Tutanchamuns neben vielen Gewürzen eine Flasche Kreuzkümmelöl fand. Wie rege der Gewürzhandel in jenen Zeiten war, beweist ebenfalls die Mumie von Pharao Ramses II. : Sie hatte Pfefferkörner in der Nase, die eindeutig von der Malabarküste im Südwesten Indiens stammten. Der Pfeffer wurde vermutlich auf dem Landweg über Iran und Palästina importiert. Auf derselben Route gelangte auch der hochbegehrte, zum Färben von Speisen verwendete Lapislazuli aus Afghanistan nach Ägypten.
Keine andere Pflanze verehrten die Ägypter so sehr wie den Knoblauch. Er galt ihnen als heilig, weil er das Universum symbolisierte. Das war den Menschen deswegen so wichtig, weil Essen für sie immer eine rituelle Vereinigung mit dem Universum bedeutete. Wenn die Pharaonen den Göttern ihre Treue und Ergebenheit gelobten, schlossen sie
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