Meine Reise in die Welt der Gewuerze
und Myrrhe waren so begehrt, dass die Ägypter das Abenteuer ein ums andere Mal wagten. Die erste Expedition soll König Sahure 2450 vor Christus nach Süden geschickt haben. Legendär aber wurde die Flotte, die im Auftrag der Pharaonin Hatschepsut um 1470 vor Christus nach Punt segelte. Ein Relief im Palast von Deir el-Bahari dokumentiert die Reise bis ins Detail: Die Schiffe kehrten mit Weihrauch- und Myrrhebäumen zurück, wahrscheinlich um eine eigene Produktion in Ägypten zu beginnen, dazu mit Zimt, Kosmetika und vielen anderen Pretiosen. Niemals, so sagt es eine Tempelinschrift, niemals sei eine solche Menge an Schätzen für einen König oder eine Königin seit Anbeginn aller Zeit an den Nil gebracht worden.
Der beste Weihrauch soll aber nicht aus Punt, sondern dem »Weihrauchland« gekommen sein, das im heutigen Jemen und Oman lag. Schon vor 4000 Jahren wurde das Räucherwerk nicht nur nach Mesopotamien und Altägypten, sondern auch nach China und Indien exportiert und dort gegen Pfeffer oder Zimt eingetauscht. Bis zu 4000 Kamele sollen die Weihrauchkarawanen gebildet haben. Der griechische Historiker Strabo schrieb im 1. Jahrhundert vor Christus, Weihrauch, Zimt und Myrrhe hätten das Königreich von Saba im Jemen so sagenhaft reich gemacht, dass die Menschen die Türen, Wände und Dächer ihrer Häuser mit Elfenbein und Edelsteinen, Gold und Silber schmückten. Und als König Salomon in Jerusalem Besuch von der Königin von Saba erhielt, wurde die schöne Herrscherin von »Kamelen voller Gewürze und sehr viel Gold und Edelsteinen« begleitet, so steht es im biblischen »Buch der Könige«.
Schauergeschichten von Monstervögeln
Die Gewürzhändler aus dem Morgenland erzählten ihren Kunden mit Vorliebe Schauergeschichten über die Herkunft der begehrten Ware, damit ja niemand womöglich auf den Gedanken kam, sich selbst auf den Weg zu machen. Das funktionierte viele Jahrhunderte lang. Noch der griechische Historiker Herodot ging den Schwindlern allzu gern auf den Leim und berichtete seltsame Geschichten über Monstervögel, die in ihren Nestern Zimtrinde sammeln. Herodot nennt die Rinde Kinamomon: »Die äußersten Länder der Erde besitzen die kostbarsten Dinge; dafür hat Griechenland das bei Weitem gleichmäßigste Klima . . . Noch wunderlicher ist die Art, wie Kinamomon geerntet wird . . . Große Vögel, heißt es, tragen die getrockneten Rindenstücke herbei, die bei uns mit phönizischem Namen Kinamomon heißen. Sie tragen sie in ihre Nester, die aus Lehm gebaut sind und an schroffen Felsen kleben, an denen kein Mensch emporklettern kann. Da haben die Araber sich nun das Folgende ausgedacht. Tote Ochsen, Esel und andere Zugtiere hacken sie in möglichst große Stücke und schleppen sie herbei. In der Nähe der Nester lassen sie sie liegen und gehen dann ziemlich weit fort. Die Vögel tragen die Fleischstücke ins Nest – das aber die Last nicht tragen kann und auf die Erde herabstürzt. Dann kommen die Leute zurück und sammeln das Kinamomon ein.«
Als Herodot im 5. Jahrhundert vor Christus diese Gruselgewürzgeschichten schrieb, hatte das alte Ägypten seinen Zenit längst überschritten. Neue Völker und fortschrittlichere Zivilisationen waren an seine Stelle getreten. Eines aber blieb, wie es immer gewesen war: die Sehnsucht der Menschen nach Gewürzen.
V or 5000 Jahren schreibt ein unbekannt gebliebener Arzt aus Mesopotamien Medizingeschichte: Er ritzt Gewürzrezepturen in eine Tontafel – und verfasst damit den ältesten erhaltenen Text der menschlichen Heilkunst, der gleichzeitig der älteste eindeutige Beweis für die gezielte Verwendung von Pflanzen bei der Krankheitsbekämpfung ist. Doch das ist nicht der Anfang der Geschichte. Vermutlich benutzt der Mensch, seit er denken kann, Gewürze und andere Heilpflanzen, um gesund zu werden oder gesund zu bleiben. Als er noch in Höhlen hauste und keine Ahnung von Zivilisation hatte, wusste er schon, wie man Kräuter nicht nur in der Küche, sondern auch in der Heilkunde einsetzt. Dafür haben Archäologen 7000 Jahre alte Hinweise gefunden.
In Mesopotamien, der ersten Hochkultur, war gute Gesundheit extrem wichtig. Denn die Menschen glaubten nicht an ein Paradies im Jenseits und legten entsprechend großen Wert auf ein langes Leben im Diesseits. Dank vieler Tontafeln wissen wir, dass die Mesopotamier Pflanzen als Arzneien benutzten, die heute ausschließlich als Lebensmittel betrachtet werden: Trauben, Feigen, Granatäpfel, Knoblauch,
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