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Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Titel: Meine Reise in die Welt der Gewuerze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfons Schuhbeck
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Geschichte ein Papst eine Moschee. Darauf ist ganz Damaskus bis heute stolz.
    Wir verlassen den kühlen Gebetsraum und gehen nach draußen auf den Hof. Der weiße Marmorboden glitzert in der Sonne, Frauen und Männer sitzen zusammen, kleine Jungen scheuchen Tauben auf, und Hassahn fasst die Geschichte dieses Orts für mich zusammen. Sie ist so beeindruckend wie typisch für die Toleranz von Damaskus: Im 2. Jahrtausend vor Christus stand hier ein Tempel zu Ehren des Wettergotts Hadad. Die Römer machten daraus einen Jupitertempel, die Byzantiner eine Basilika.

     
    Als die Muslime im Jahr 636 nach Damaskus kamen, nutzten auch sie den Ort zum Beten. Christen und Muslime sollen damals durch ein und denselben Eingang gegangen sein, die Muslime nach rechts zu ihrer Moschee, die Christen nach links zu ihrer Basilika.
    Ein paar Gassen weiter beginnt hinter einem römischen Torbogen das Christenviertel. Es heißt wie das nördliche Altstadttor »Bab Tuma«, »Thomastor«. Statt an Moscheen laufen wir jetzt alle hundert Meter an einer Kirche, einem Marienaltar, einem Kloster vorbei. Die Vielfalt der christlichen Gemeinden ist imponierend: römisch-katholisch, syrisch-katholisch, griechisch-katholisch-melkitisch, armenisch, maronitisch, syrisch-orthodox, griechisch-orthodox, protestantisch – alles ist hier vertreten, aus einem einfachen Grund: In den Jahrhunderten islamischer Herrschaft, so erklärt mir Hassahn, konnten die verschiedenen Konfessionen überdauern, denn die Muslime respektierten sie als religiöse Minderheiten.
    Gegenseitiger Respekt scheint bis heute ein Lebensmotto der Menschen in Damaskus zu sein – aller Politik und aller staatlichen Grausamkeiten zum Trotz. Niemand versucht mich übers Ohr zu hauen, niemand will mir Touristennepp aufzwingen. Nirgendwo gibt es aufdringliche Teppichhändler oder lästige Ledertaschenverkäufer. Auch untereinander heißt die Devise der Syrer: »Leben und leben lassen.« Manche Männer tragen Anzug und Hemd, manche bodenlange Gewänder und um den Kopf gewickelte Tücher. Ich sehe Frauen in weiten Mänteln, engen Jeans, schicken Kostümen oder ganz in Schwarz gehüllt. Mir begegnen Händchen haltende Paare und Gruppen lärmender Teenager, die Jungs mit gegelten Haaren, die Mädchen mit oder ohne Kopftuch. Andere junge Männer sitzen in ihren winzigen Geschäften, verkaufen traditionelles Handwerk, duftenden Kaffee oder die neuesten Handymodelle und surfen nebenbei mit ihren Laptops im Internet – für Tradition und Moderne gilt hier ebenfalls das Gebot der friedlichen Koexistenz.

    Was mich aber fast noch mehr beeindruckt, ist die Gastfreundschaft der Menschen. Sie kommt immer von Herzen. Überall werden meine vielen Fragen bereitwillig beantwortet. In den Küchen der besten Restaurants lassen mich die Chefköche ohne zu zögern in ihre Töpfe schauen, und in den Gassen der Altstadt ist es nicht anders – zum Beispiel in einem kleinen offenen Eckladen, in dem eine Art Crêpe zubereitet wird. Der Koch wirft einen Fladen mithilfe eines dicken runden Kissens auf eine heiße Eisenplatte und bestreicht ihn dort mit Zatar, einer auf Thymian basierenden Gewürzpaste. Dann lächelt er mich an und drückt mir den zusammengefalteten Fladen in die Hand.

     
    Ein paar Schritte weiter bleibe ich vor einem Berg leuchtend gelber Kichererbsen auf dem Verkaufstresen eines winzigen Imbisses stehen. Man winkt mich herein, und ich schaue zu, wie der Meister dieses kleinen Orts aus weich gekochten Kichererbsen, Brotfetzen, Joghurt und Sesampaste das traditionelle Frühstück Fatteh zaubert, das in Syrien gerne am Freitagvormittag gegessen wird, dem islamischen Feiertag und Beginn des syrischen Wochenendes.

     
    Keine fünf Minuten später sitzen der Imbissmeister und ich zusammen an einem wackligen Tisch und löffeln aus einer Schüssel. Ein Handschlag, ein Schulterklopfen, schon stehe ich wieder auf der schmalen Gasse und schüttle den Kopf angesichts so viel unkomplizierter Herzlichkeit.

     
    Und dann kommt der Höhepunkt der Altstadt, jedenfalls für mich: der Kerne- und Gewürzmarkt Suq al-Busurije. Ich verbringe einen ganzen Nachmittag zwischen Körben voller Pistazien, Mandeln, Kürbiskernen und getrockneten Kichererbsen, zwischen blank polierten Blechdosen voller Gewürzmischungen, die in Rot, Gelb, Orange leuchten. Mitten im Suq hat die Familie Taba'a ihren Laden: acht Quadratmeter voller Gewürze, die in der Obhut des dreiundzwanzigjährigen Mohammed Taba'a liegen. Er hat von

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