Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe
zuerst ein, mit spitzen Absätzen den Fußboden geißelnd, ein neugieriges Lächeln auf den geschickt mit Konturstift behandelten Lippen, in der Hand einen Blumenstrauß, der in weiches, durchsichtiges Plastik eingewickelt war. Blond, schlank, der Rock eine Handbreit über dem Knie.
»Ciao!«, sagte sie. »Endlich!«
Der Chef nahm ihr die Blumen aus der Hand und erklärte stolz: »Das ist Virginia.«
»Angenehm«, sagten die Robbe und ich im Chor.
Dann zeigte er auf uns und sagte unsere Namen.
Virginia beugte den Kopf. »Ganz meinerseits …«
Sie war um die vierzig, das Make-up konnte die Falten ihres Gesichts nicht verbergen, das jedoch im Großen und Ganzen annehmbar war. Schöne Zähne. Sie verströmte ein gutes Parfüm – diese mittelalten einsamen Jungfern auf der Jagd nach Männern, die sie unter die Haube bringen können, verströmen immer ein gutes Parfüm.
Einen Augenblick lang herrschte verlegenes Schweigen.
Dann nahm die Robbe die Blumen, betrachtete sie so bewundernd wie ich den ausklappbaren Mittelteil des Playboys , und sagte falsch wie das Autokennzeichen von Geldräubern: »Was für eine schöne Komposition! Danke. Ich stelle sie sofort in die Vase.«
Der Chef half Virginia, sich eine leichte, aber mit komplizierter Knopfleiste versehene Jacke auszuziehen. Als er sie ihr ausgezogen hatte, schätzte ich, dass sie knapp auf Körbchengröße B kam. Der Hintern war noch oben, tüchtig.
»Gehst du ins Fitnessstudio?«, fragte ich.
Sie sah mich einen Augenblick lang unschlüssig an. »Sieht man das?«
»Hier und da«, antwortete ich.
Sie schien nicht begeistert. Musterte mich. »Und du?«
Der Chef: »Das ist ein Nichtsnutz, Vì.«
Vì? Ah, das stand für Virginia! Wie einfallsreich. Und wie romantisch.
Die Robbe kehrte mit einem Krug zurück, in dem Krug die schreiendbunten Blumen von Vì, ihre »schöne Komposition«. Sie wurden auf ein Tischchen am Eingang gestellt.
»Äh«, sagte Francesca, »warum setzen wir uns nicht?«
Wir setzten uns. Der Chef sah mich böse an, weil ich meinen Arsch auf dem Stuhl niedergelassen hatte, bevor seine Vì es tun konnte.
Befriedigt fing sie seinen Blick auf und sagte zu mir: »Sei unbesorgt. Das sind bloß Formalitäten«, aber der Ton war natürlich kalt.
»Keine Ursache«, gab ich zurück.
Die Augen meines Vaters versprühten Androhungen von Blut und Tod. Ich tat, als sähe ich es nicht.
»Nun denn«, sagte die Robbe. »Noch ein paar Minuten, und das Essen ist fertig, Virginia.« Sie sprach diesen Namen aus, als sei er das Ergebnis einer langen Meditation.
»Man riecht schon ein gutes Düftchen«, sagte der Gast und sog die Luft ein, die für mich nur nach Kloreiniger roch.
Düftchen. Leute, die Düftchen sagen und auch sonst überall ein chen anhängen, sind mir schon immer auf den Sack gegangen.
»Eine Wohltat für mein Näschen, Francesca«, sagte sie.
Kopfschüttelnd kramte ich die Zigarettenpackung aus der Hosentasche und steckte mir eine in den Mund.
»He!«, warnte der Chef.
»Was gibt’s?«
Und Vì: »Entschuldigung, muss das wirklich sein? Ich kann es nicht vertragen.«
Sie lächelte, machte einen auf nett, mit ihren weißen, geraden Zähnen. Ich hätte sie ihr einschlagen können.
»Besonders bei Tisch«, erklärte mein sittsamer Vater.
Ich zog mir die Zigarette aus dem Mund.
Schweigen.
Die Robbe: »Also, ich geh mal nachgucken, ob …«
»Ich helfe dir!«, sagte Vì.
»Nein«, wehrte die Robbe ab. »Du bist der Gast.«
»Das tue ich doch gern, Francesca.«
Heilige Scheiße!
Sie standen auf, und der Chef machte sie nach, indem er den Arsch ein wenig anhob wie die Leute in diesen spritzigen englischen Komödien. Dann setzte er sich wieder. Ich hatte mich nicht gerührt.
Vì und Francesca gingen in die Küche wie Mutter und Tochter.
»Hatten wir beide nicht etwas vereinbart?« Der Chef flüsterte, aber sein Gesicht war von Zorn verzerrt, als brüllte er.
Meine Muskeln spannten sich. »Scheiße, was hab ich denn gemacht?«
»Dein Benehmen ist beschissen!«
Ich dachte über den Satz nach. »Weiß Vì, dass du unanständige Worte sagst?«
»Benimm dich, okay? Oder wir unterhalten uns hinterher darüber.«
»Was tuschelt ihr da?«, fragte Virginia, die dampfende Pfanne in den Händen, die sie mit den Topflappen meiner Mutter festhielt. Hinter ihr schwänzelte meine Schwester, unbegreiflicherweise schwer beeindruckt.
Wir begannen zu essen. Es wurde darüber geredet, wie sehr unser Domizil glänzte (Vì), wie elegant
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