Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Titel: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Frascella
Vom Netzwerk:
rauchte ich meine Kippe und überlegte. Mit Kretins war halt nicht viel anzufangen. In eine Familie intellektueller Dünnbrettbohrer schlau, geistig unabhängig und sexy hineingeboren zu werden, war die Tragik, die ich mit mir herumschleppen musste wie meinen Nachnamen oder meine Nase, das Ebenbild der Nase meiner flüchtigen Mutter. Sie wollten mich nicht mehr bei sich haben? Okay. Ich würde mir einen anderen Platz suchen, und zwar kein Rattenloch für illegale Einwanderer, sondern eine hübsche kleine Wohnung, wo ich ungehindert alles tun konnte, was mir verwehrt wurde. Vielleicht würde ich ein paar Stunden länger in der Fabrik arbeiten, mir meinen Lohn hart verdienen müssen, aber körperlich war ich auf alles vorbereitet. Mir waren Kraft, Mut und Entschlossenheit in die Wiege gelegt worden, und alle würden mich bewundern, ob verwandt oder nicht.
    Das Knattern eines Auspuffs weckte mich aus diesen Gedanken, jemand überquerte auf zwei Rädern nicht allzu schnell die Straße. Als der Typ mit einem Invicta-Helm an mir vorbeikam, bremste er und schaltete seine Guzzi abrupt ab. Das Motorrad fuhr im Leerlauf noch etwas weiter, ein paar Meter über unser Gartentor hinaus. Dann bremste der Typ, wendete, kam auf mich zugerollt, indem er sich mit den Fußspitzen vom Boden abstieß, und blieb schließlich vor mir stehen. Er schwankte zur rechten Seite und setzte einen Fuß auf. Das Motorrad blieb reglos zwischen seinen Oberschenkeln stehen wie ein erschöpftes Pony.
    Er nahm seinen Helm ab, und unter einem dichten Schopf schwarzer, verschwitzter Haare erschien die krumme Nase irgendeines Unbekannten. Er kniff die Augen zusammen wie Kurzsichtige an der Haltestelle, die die Nummer des nahenden Busses zu entziffern versuchen.
    Er sagte meinen Namen. »Bist du das?«, fragte er mit heiserer Stimme. Dann hustete er. Vielleicht hatte er eine Mücke verschluckt, der Zentaur. Oder ihm saß ein schöner fetter Krebs in der Lunge.
    »Wer will das wissen?«
    »Dafür hab ich keine Zeit. Sag mir nur, ob du das bist.«
    »Erraten, Sherlock, hier bin ich. Und ich habe auch keine Zeit, nur damit das klar ist. Was willst du?«
    »Für mich will ich gar nichts«, erklärte er. »Tony Champion schickt mich.«
    Ein Schauder lief mir vom Arsch bis zum Hirn.
    »Tony Champion?«
    »Ja.« Er grinste. Vermodernde Zähne. Kokain oder zu wenig Eisen in der Knastsuppe. »Du kennst ihn doch, oder?«
    Scheiße. »Kaum. Warum?«
    »Man hat dich heute gesehen.«
    Ich befühlte eine meiner Arschbacken, sie war taub. Offenbar hatte nach dem elektrischen Schlag eine arktische Kälte meine Glieder schockgefroren. »Gesehen? Wen, wo?«
    Der andere seufzte. »In der Bar. Wie du Tonys Harley umgekippt hast.«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest, Alter. Was soll der Scheiß?«
    »Du bist gesehen worden. Und man brauchte bloß ein bisschen herumzufragen. Vor Tony haben alle Respekt. Und sie haben es ihm erzählt.«
    »Hm. Interessant. Was haben sie denn erzählt?« Ich musste Zeit gewinnen, nachdenken.
    »Wir ziehen das hier nicht zu sehr in die Länge, klar?« sagte er. »Aus irgendeinem Grund, den du Tony erklären kannst, hast du heute den Lack und den Ständer seiner Harley ruiniert.«
    »Was ist eine Harley?«
    »Sein Motorrad.«
    Ich kratzte mich am Sack. Der war ebenfalls zum Eisblock erstarrt. »Nichts davon ist wahr. Ich sage dir noch einmal, ich weiß nicht, wovon du redest.«
    Der Typ faltete die Hände wie zum Gebet, verbittert. »Du bist so ein Arschloch, dass ich dich gerne selbst verprügeln würde. Aber dieses Vergnügen überlasse ich Tony. Um elf heute Abend. An der Bar. Wenn du nicht erscheinst, kommt er zu dir. Wenn du abhaust, finden wir dich. Und jetzt habe ich schon zu viel geredet.«
    »Und du hast Scheiß gelabert, wer auch immer du bist. Glaub mir.«
    »Um elf.« Mit einem einzigen Tritt brachte er den Motor zum Laufen. Dann ließ er den Auspuff knallen, denn das machte ihn so richtig heiß. Er setzte sich den Helm auf, mimte mit Zeigefinger und Daumen eine Pistole, beschleunigte mit aufheulendem Motor und verschwand in einer Nanosekunde.
    Ich ging ins Haus zurück. Es war viertel nach acht.
    »Wer war das da draußen?«, fragte die Robbe.
    »Einer, der sich verirrt hatte.«
    »Dafür habt ihr aber ganz schön lange geredet …«
    Aus der Küche drang der Pestgestank des Abendessens. Unter eifrigem Geflüster vermaßen der Chef und Virginia gerade das Wohnzimmer mit einem Maßband.
    »Wird die Landung vorbereitet?«, fragte ich

Weitere Kostenlose Bücher