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Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Titel: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Frascella
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zugerichtet, verdreckt und hilflos musste sie den Mann sehen, den sie liebte, und je länger ich ihre Blicke auf mir spürte, desto ungerechter kam mir das Leben vor. Dann fiel mir ein, dass sie mich schon einmal ohnmächtig gesehen hatte, im Supermarkt, obendrein wegen ihrer Ohrfeige, und dass sie womöglich schon daran gewöhnt war, mich als Besiegten zu sehen, darum beschloss ich, die Situation mit stoischer Gelassenheit zu akzeptieren.
    Ich reichte der Tussi an der Rezeption meinen Ausweis. Während sie Einträge machte, fragte der Krankenpfleger: »Was ist passiert?«
    Meine Handbewegung sollte bedeuten, dass ich gestürzt war, dabei blickte ich zu Chiara.
    »Er ist gestürzt«, übersetzte sie.
    »Ja, ja, sie sind immer alle gestürzt«, sagte die Figur hinter der Rezeption mit einer Grimasse, die mir fast schmerzverzerrt erschien.
    Der Krankenpfleger inspizierte meine Nase. Aber er sagte nichts. Die Rezeptionstussi gab mir meinen Ausweis zurück und reichte dem Krankenpfleger ein Formular. Sie hatten mir einen roten Code zugeteilt, der nach dem, was ich auf dem schwarzen Brett neben der Aufnahme lesen konnte, »dringend« bedeutete.
    Dann brachte man mich in einen Wartesaal, wo etwa zwanzig bis dreißig jammernde Gestalten mit ängstlichen Gesichtern saßen, und ein paar von ihnen wurden noch ängstlicher, als sie mich sahen. Der Krankenpfleger drückte die Tür zu einem langen Flur auf, von dem aus es in die Räume für die Notfälle ging. »Sie müssen draußen warten, Signorina«, sagte zu Chiara.
    »Was wird denn mit ihm gemacht?«
    »Ich glaube, die Nasenscheidewand ist nur verschoben«, erklärte er. »Man wird sie ihm geraderücken.«
    »Wie denn?«, fragte sie besorgt.
    »Ganz ruhig«, nuschelte ich auf meinem Rollstuhl. »No problem.«
    »Ich rufe deine Familie an.«
    »Nein.«
    »Halt den Mund.«
    »Tu es nicht.« Es hörte sich an wie »duschnich«.
    »Ich rufe sie an und warte hier.« Das war ihr letztes Wort.
    Ihre grünen Augen leuchteten noch immer wie im Auto.
    »Du bis unnerschön«, sagte ich ungefähr, und das stimmte, aber sie hörte mich nicht, denn der Krankenpfleger schob mich schon in den Flur und schloss die Tür hinter uns.
    Hier warteten noch mehr Patienten auf Liegen und Rollstühlen: Manche wimmerten, einer betete sogar, einige hatten Kratzer, Schürfwunden, blaue Flecken, andere fassten sich an die Brust, die Handgelenke, die Beine. Ich war natürlich schlimmer dran als sie, darum klopfte der Pfleger an eine Tür, und die anderen warfen mir böse Blicke zu. Einer erhob mit unverständlichem Brabbeln Einspruch. Die Tür wurde von einer Krankenschwester im blauen Kittel geöffnet, und man fuhr mich hinein.
    Der Raum ähnelte der Praxis eines Arztes für Allgemeinmedizin, nur der Geruch nach Desinfektionsmittel war stärker. An den Wänden standen Gestelle für Infusionen und Geräte für das EKG.
    Auch die Krankenschwester musterte meine Nase, die inzwischen nicht mehr so wehtat, ich spürte sie nur pulsieren wie ein Herz mitten im Gesicht. Die Krankenschwester hatte einen schönen Busen, der zwischen den offenen Knöpfen ihres Kittels hervorschaute.
    »Ich bin Dottoressa Marongiu«, sagte sie mit einem starken sardischen Akzent. »Sie haben eine Septumdeviation. Haben Sie geboxt?«
    Ich verneinte.
    Eine andere Tussi kam herein, zur Abwechslung im grünen Kittel. Die Ärztin trug ihr auf, eine Infusion vorzubereiten, die wohl aus einem Schmerzmittel und destilliertem Wasser bestand. Der Grünkittel gehorchte etwas widerwillig.
    Sie verfrachteten mich vom Rollstuhl auf eine Liege. Unter mein Kinn legten sie Küchenkrepp, dann fesselte die Krankenschwester mich mit einem Riemen in Höhe der Schultern und zog zwei weitere um meine Handgelenke fest. Danach drückte sie mich auf die Liege, als wollte sie mich erwürgen.
    Als die Marongiu wieder erschien, trug sie Handschuhe für Operationen. Ogottogottogott, dachte ich, während sie sich zwischen mich und die Krankenschwester stellte. Ihre Hände näherten sich meiner Nase und drückten an verschiedenen Stellen. Ich verspürte keinen Schmerz und entspannte mich etwas. »Wir müssen sie geraderücken«, sagte sie. In meiner Ahnungslosigkeit nickte ich. Darauf packte sie meine Nasenscheidewand mit zwei Fingern und verschob sie mit einem kurzen, entschlossenen Ruck nach links.
    Ich schrie laut auf und versuchte, mich zu befreien, wieder spritzte mir das Blut aus der Nase. Die Krankenschwester hielt mich fest, ich hasste sie, ich hasste alle

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