Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe
hervor: »Wann gehen wir zusammen aus?«
»Offenbar hast du unsere Abmachung vergessen.«
»Aber ich habe wenigstens gekämpft wie ein Löwe!«
Sie lachte. »Du hast wirklich überhaupt keine Hemmungen! Guck dir doch an, was noch übrig ist von dir …«
»Aber du solltest mit mir ausgehen«, sagte ich in meinem verführerischsten Tonfall.
Sie schien zu schwanken. Ich brachte die Weiber immer zum Schwanken.
»Warum sollte ich? Du bist sogar noch minderjährig.«
»Im Januar werde ich achtzehn.«
»Ich bin schon neunzehn. Also?«
Sie machte hilflose Verrenkungen. »Du machst hilflose Verrenkungen. Und ich wette, dir ist gar nicht wohl dabei.«
Ihre Augen blitzten. Das kam von dem, was ich sagte, nicht von der Sonne. Ich hatte sie in die Enge getrieben. »Lass gut sein, ich gehe jetzt zur Arbeit«, sagte sie und drehte sich zu ihrem Auto um.
»Und wie verbleiben wir?«, fragte ich beharrlich.
»Damit, dass ich arbeiten gehe und du siebzehn bist.« Sie öffnete die Tür, wollte gerade einsteigen, dann sagte sie: »Vielleicht hören wir mal voneinander.«
»Vielleicht nicht«, entgegnete ich hart.
»He!«, rief sie aus, aber da hatte ich mich schon umgedreht, um ins Haus zurückzugehen. »Was für ein Arsch«, hörte ich sie sagen, dann knallte sie die Autotür zu.
Als der Renault 5 Super mit quietschenden Reifen davonfuhr, bemerkte ich ein Gespenst am Fenster: Die Mönchsrobbe hatte die ganze Szene beobachtet.
»Was gibt’s da zu glotzen, schmuddeliges Gör?«, brüllte ich. Sie verschwand eilig.
Also darum hatte Chiara mir eine Abfuhr erteilt. Es war ihr peinlich, die Einladung eines – allerdings unwiderstehlich attraktiven – Minderjährigen vor meiner spionierenden Schwester anzunehmen! Ich lächelte.
Die Tür war verschlossen, ich klopfte, dann klingelte ich. Aus Rache ließ die Mönchsrobbe mich ziemlich lange draußen warten.
Ach, die Frauen!
Nach dem Frühstück schickte ich die Mönchsrobbe in die Apotheke, um sich zu informieren, welche und wie viele Medikamente ich nehmen musste. Erst wollte sie nicht gehen, aber ich zwang sie mit der Androhung, die Geschichte mit ihrem politwissenschaftlichen Voyeur zu verraten.
Dann kam ein Anruf von der Trak. Es war die hysterische Sekretärin. »Heute Nachmittag müssten Sie herkommen um den Vertrag zu unterzeichnen und für morgen früh haben wir Ihnen schon einen Arzttermin besorgt auf diese Weise erledigen wir alles in kurzer Zeit einverstanden?«
»Einverstanden, Signora!«, rief ich begeistert. »Hat man denn inzwischen ihre Zimmertemperatur geregelt?«
»Oh Sie können sich ja nicht vorstellen wie sehr man mich …«, und ich legte auf, während sie weiterredete.
Ich hatte mir nicht die geringsten Gedanken darüber gemacht, was man bei der Trak über mein Gesicht denken oder sagen könnte, bis ich den verwunderten Ausdruck sah, mit dem der Bulle in der Pförtnerloge mich unter seiner schweißgetränkten Mütze anglotzte.
»Meine Fresse, was ist denn mit dir passiert?«, wollte er wissen.
»Wo?« Er lachte nicht über den Witz. Also sagte ich das Erstbeste, was mir einfiel: »Gestern Abend, ein Foul beim Match. Ein Hornochse, der den Ellenbogen zu hoch nahm.«
»So eine Schweinerei! Was habt ihr denn gespielt, Rugby?«
»Nein, Blindekuh .«
Er wurde misstrauisch. »Was?«
»Das Spiel ist zu kompliziert, um es zu erklären.« Ich gab ihm meinen Ausweis.
Mit unzufriedener Miene heftete er mir das Schildchen BESUCHER an die Brust. »Ist aber ein normales Spiel, oder?«
»Bis aufs Blut oder gar nicht«, antwortete ich, während ich das Formular ausfüllte.
»Man versteht ja überhaupt nicht, was du sagst!«
»Das liegt daran, dass du so ein Arsch bist«, flüsterte ich.
»Hä?«
»Nichts, ich sagte nur, dass es heiß hier drin ist.«
»Ach, es geht.«
Eine Mischung aus Fischgeruch und Minze-Raumspray ging von ihm aus. Wahrscheinlich aß er abends bei sich zu Hause Sauerkraut am Spieß mit Senf und ging in voller Uniform mit Pistole ins Bett, um von der Pförtnerloge zu träumen. Und so das ganze Leben lang: Duft und Gestank. Mit fünfzig dann ein Herzinfarkt beim Frittenessen in einem McDonalds, und die Leute sagen: »Er war doch noch so jung!«
Er öffnete mir das Tor. »Bis später!«, grüßte ich ihn. Er antwortete nicht, starrte mich nur an.
Aus der Julihitze, die einem die Haut röstete, kam ich in die arktische Kälte des Bürogebäudes. Collura stand über den Schreibtisch der irren Sekretärin gebeugt, und sie sprachen
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