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Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Titel: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Frascella
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Spinden, dann ging ich weiter und lauschte einen Augenblick lang dem Lärm der Punzen, der Zertrümmerung von Metallen, der Stimmen und der brummenden Gabelstapler.
    Ich kam zum mittleren Container, wo Giulio mit ein paar jungen Leuten redete, die einen Rucksack trugen wie ich. Ich klopfte.
    Giulio, der immer mehr wie eine Comicfigur aussah, warf einen strengen Blick auf die Uhr und sagte: »Hier kommt man mindestens zwanzig Minuten früher an.«
    »Ich hab den Bus verpasst.«
    »Interessiert mich einen Dreck.«
    »Okay«, sagte ich einsichtig und nickte. In dieser Welt muss jeder seine Rolle spielen.
    Die Jungen mit den Rucksäcken drehten sich zu mir um – natürlich waren es die vier Molisaner aus der Blutentnahmestelle. Dass ich auch niemals ein bisschen Schwein habe!
    »Ciao, Jungs.« Hier werden echt Hinz und Kunz eingestellt, dachte ich.
    Sie wechselten verwunderte Blicke. Einer runzelte die Stirn, als wollte er eine Erklärung fordern. Die anderen begrüßten mich nur.
    Giulio überragte uns alle: imponierend, grimmiger Blick und schwarzes Hemd.
    Ich wollte schon den Arm heben. Dann fiel mir ein, dass gewisse Dinge nur zur rechten Zeit und an passenderen Orten getan werden, also ließ ich es sein.
    Die Presse direkt neben dem Container zermalmte gerade ein Stück Blech, dann spuckte sie es aus wie einen ekelerregenden Brocken. Mit aufrichtigem Entsetzen beobachteten wir frisch Eingestellten die Szene.
    Giulio hub zu seiner vorgeschriebenen kleinen Rede an, diesmal in einer weniger faschistoiden Version als der, die er mir verabreicht hatte.
    »Und vergesst nicht«, schloss er, »dass ihr alle eine Woche lang auf Probe hier seid. Und dass ich euch schon jetzt wegschicken kann, wenn mir irgendwas quer im Magen liegt.«
    Das alles war sehr ernst und offiziell, und ernste, offizielle Dinge sind nicht nur todlangweilig, sondern auch nützlich, um gewisse dümmliche Gesichtsausdrücke zu lernen, die ideal zu allen erdenklichen Situationen im Leben passen – es ist nämlich genau die Miene, die die Leute von dir erwarten.
    Giulio wollte wissen, ob es Fragen gebe.
    Einer der Molisaner rieb sich mit übertriebener Begeisterung die Hände und fragte: »Ich habe eine. Wann fangen wir an, Giulio?«
    Der musterte ihn einen Moment lang. Der Molisaner hörte auf, sich die Hände zu reiben. »Wie heißt du?«, fragte Giulio und konsultierte ein Blatt Papier.
    »Vincenzo Muschiato, warum?«
    »Hatte ich dir schon gesagt, dass ich aus Bergamo bin, Vincenzo?«
    »Ja.«
    »Und weißt du, was man über die Bergamasken sagt?«
    »Ehrlich gesagt, nein.«
    »Über die Bergamasken SAGT KEINER EIN EINZIGES BESCHISSENES WORT!«, brüllte Giulio, und wir duckten uns alle, als wäre eine Granate explodiert. »UND WAGE ES NICHT, DEN ARSCHKRIECHER BEI MIR ZU SPIELEN, VERSTANDEN?«
    Wir verließen den Container und gingen im Gänsemarsch hinter Giulio her. Während er uns einen Weg durch dieses Spielzeugwunderland bahnte, blickten die Molisaner sich zunehmend besorgter um. Wir liefen an endlos hintereinander aufgereihten Pressen vorbei, und ich zwang mich, den Blick immer nur stur geradeaus, direkt auf den Rücken unseres Chefkameraden zu richten, der überdies, wie ich jetzt bemerkte, einen ziemlich komischen Gang hatte, er machte winzige Schritte und wackelte mit dem Arsch. Während ich schon gewisse Vermutungen anstellte, flüsterte Vincenzo hinter mir: »Was hast du denn mit Torino gemacht?«
    »Diese Schweinehunde haben mich aus der Mannschaft geworfen. Sie konnten für wenig Geld einen Brasilianer kriegen. Jetzt muss ich mir mein Brot verdienen wie ihr auch.«
    »Mann, was für ein Pech!«
    Giulio blieb stehen und drehte sich um: »Was quatscht ihr da?«
    »Nichts, wir haben uns nur vorgestellt …«, versuchte ich.
    Er musterte uns prüfend, dann wurde der Marsch fortgesetzt.
    Wir kamen zu einer Kleiderkammer, wo ein vertrottelter, auf einem Ohr tauber Alter uns Arbeitshosen, Hemden und Schuhe aushändigte. Auf allen Sachen stand die Aufschrift »Trak«.
    »Willkommen im Arsch der Welt«, rief der Alte aus, nachdem er das Zeug an uns verteilt hatte. Seine Zähne waren gelb von Nikotin.
    »Halt dein dreckiges Maul!«, brüllte Giulio. Und zu uns: »Geht zu dem Container am Eingang und sucht euch leere Spinde. Und zieht euch schnell um, denn heute Morgen habe ich keine Zeit zu verlieren!«
    Wir gehorchten und kehrten ans andere Ende des Werksgeländes zurück. Auf unserem Weg starrten uns zombiehafte Männer- und Frauengesichter von

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