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Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Titel: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Frascella
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mit den Schaltern.«
    Ich gehorchte. Mit einer einzigen Bewegung ergriff ich das Stück, es war federleicht. Ich drehte es um und legte es in die Presse. Ich drückte die Knöpfe. Eine Sekunde Panik, dann wiederholte sich alles wie zuvor, das Stück kam an der anderen Seite heraus. Wieder versuchte ich, Giulio zuzulächeln, aber da tauchte schon das dritte Stück auf. Dieselbe Prozedur. Viertes Stück. Fünftes. Ich gab diesem blöden George, der nicht einen Augenblick lang innehielt, ein Zeichen, alles sei okay. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Giulio nicht mehr an meiner Seite war. Zwischen zwei Pressvorgängen entdeckte ich ihn bei der Biegepresse, wo er Vincenzo, diesem Behinderten, den Arbeitsvorgang zeigte.
    Nach einer Weile war deren Band voll und meins ganz leer. Das muss man mir lassen – ich hatte den Dreh echt raus!
    Als ich später wieder zu ihm hinschaute, war Vincenzo allein. Auch er hatte endlich seinen Rhythmus gefunden, das Förderband war leer. Wir blickten uns einen Augenblick lang an und lächelten uns zu, von einer völlig unerwarteten Freude erfüllt.
    Eine halbe Stunde später hatte George den Rhythmus noch immer nicht geändert. Im Gegenteil, er schien mir schneller geworden zu sein. Vier Teile hatten sich, gegeneinander stoßend, auf dem Band aufgehäuft, und das fünfte war noch im Zuschnitt. Ich merkte, dass ich total durchgeschwitzt war, Schweißtropfen rannen mir vom Hals auf die Brust und über den Rücken.
    Ich machte dem Schwarzen ein Zeichen, aber er sah mich nicht und kam schon wieder mit dem nächsten Stück. Vincenzo dagegen gähnte und kontrollierte irgendwas an seiner Schalttafel, ein Zeichen, dass er es an seiner Presse viel besser hatte als ich. Schon wieder die Arschkarte gezogen.
    Die Teile schoben sich übereinander, eins fiel auf den Boden. Dann ein zweites, gefolgt vom dritten.
    Ich rief nach George. Er sah, was los war, hörte auf zu arbeiten und kam zu mir.
    »Bitte, George«, sagte ich höflich, »könntest du nicht mal einen Moment warten?«
    Sein Lachen blitzte weiß. Er zeigte auf das Band: »Erst bravo und jetzt nicht mehr?«
    Ich runzelte die Stirn, als wäre ich beleidigt. In Wirklichkeit wollte ich nur Zeit gewinnen. Ich war echt erledigt. »Du bist zu schnell!«, protestierte ich.
    »Ich muss vierhundert Stück in der Stunde schaffen! Giulio will das so«, erwiderte er ärgerlich.
    »Ich versteh dich ja«, log ich, »aber ich bin doch noch neu …«
    »Das ist mir egal!«, brüllte er. »Du kannst das nicht? Dann geh zu den Automatischen!«
    »Geh an deine Presse, George«, befahl eine Stimme. »Ich helfe dem Jungen.«
    Es war Mario.
    Ohne Einwände zu machen, kehrte George kopfschüttelnd und unverständliches Zeug brabbelnd an seinen Platz zurück. Mario besaß Macht in diesem Laden, doch welcher Art sie war, hatte ich noch nicht begriffen.
    »Du bist zu angespannt«, sagte mein Retter, nachdem er mich eingehend gemustert hatte. Mit beiden Händen – auch er trug Handschuhe – nahm er ein Stück Blech und schob es in die Presse. »Es gibt einen Trick, um mit diesem Mistkerl Schritt zu halten.«
    »Echt?«
    Er drückte die Knöpfe, und die Presse senkte sich. Kaum hörte man das Knirschen des Zuschnitts, ließ Mario die Knöpfe los und nahm das nächste Stück. Noch während sich die Presse wieder hob, legte Mario schon das nächste, tiefgezogene Blech hinein. »So musst du es machen – ihr zuvorkommen«, erklärte er, die Knöpfe bedienend. Dann trat er beiseite.
    Mit einem Kopfnicken stellte ich mich an seinen Platz und versuchte, es so zu machen wie er. Es gelang mir sogar besser. Eine lächerliche Kleinigkeit. Nach einem Dutzend Bleche lief es wie am Schnürchen. Ich hatte sogar Zeit, Mario anzublicken. Er lächelte.
    »Danke!«, sagte ich.
    Und er, auf George zeigend: »Lass dir von dem nicht die Butter vom Brot nehmen!« Er ging.
    Ein großartiger Mensch, dieser Mario, dachte ich.
    Mein Band war leer. George trödelte.
    »Her mit dem Teil, Onkel Tom!«, schrie ich.
    Später ertönte plötzlich die Sirene, und der ganze Betrieb hielt abrupt inne. Blitzschnell verließen die Arbeiter ihre Pressen und schwärmten wie Bienen alle auf einen Fleck neben dem Eingang zu. Ich sah auf die Uhr. Halb neun.
    »Pause!«, schrie George mir zu.
    Es gab sogar eine Pause. Toll. »Wie lange?«
    »Zehn Minuten.« Er ging zu den anderen. Ich folgte ihm, da tauchte Vincenzo an meiner Seite auf.
    »Wie läuft’s?«, fragte ich. Zufrieden sah ich, dass sein Band noch

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