Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe
langsam.
»Schneller!«
Fast hätte ich ihn zum Teufel geschickt.
Aber dann kam ich langsam wieder in Schwung und presste.
»So ist es gut«, sagte Giulio. »Heute Morgen schienst du mir fitter. Was ist passiert?«
»Das ist nur der volle Magen.«
Nach einer Weile waren George und die anderen mit ihrer Schicht fertig. Wir verabschiedeten uns. An den Platz des Schwarzen kam ein junger Typ mit Geheimratsecken, die langen schütteren Haare zu einem lächerlichen Pferdeschwänzchen zusammengebunden. Er grüßte nicht einmal. Presste das Teil, und wir machten weiter.
Ohne dass ich es wahrgenommen hätte, waren meine Bewegungen automatisch und präzise geworden.
Aber ich schwitzte, hatte Durst, musste pinkeln und brauchte eine Zigarette. Ansonsten war alles in Ordnung. Ich begann, an meine eigenen Angelegenheiten zu denken, vor allem an Chiara, an bestimmte Dinge, die ich ihr sagen wollte. Der Gedanke an sie leistete mir Gesellschaft bis um drei, als wir unterbrachen, um die Stundenzettel auszufüllen. Wir hatten wieder einmal vierhundert Stück gepresst. Mein ganzer Körper schmerzte, und mir war nicht gerade danach, auszurufen: »Wow! Geschafft, und ich hab’s gar nicht gemerkt!«
»Wechsel!«, befahl jemand hinter meinem Rücken.
Ich drehte mich um. Die Stimme kam von einem korpulenten Mann, dem der Bauch aus der Hose quoll. Er hatte gefärbte Haare, doch sein Alter sah man ihm trotzdem an, er konnte nicht viel jünger als sechzig sein.
»Wie bitte?«, fragte ich.
»Geh aufs Klo, ich ersetze dich.«
»Wer bist du?«
»Ich bin der Joker.«
»Was soll das heißen?«
»Ich ersetze die, die pissen gehen müssen, je fünf Minuten pro Mann. Ich arbeite für dich, während du eine Kaffee- oder Zigarettenpause machst oder tust, was dir beliebt.«
»Machst du das schon lange?«
»Mir fehlen noch vier Monate bis zur Rente.« Er war stolz. Und nach seiner Miene zu urteilen, schien es klar, dass er mich nicht mal irrtümlich für seinesgleichen hielt. Ich war schlicht und einfach einer, den er ein paar Minuten lang an der Presse ersetzte und der ihm später seine Rente bezahlen würde.
»Kompliment!«, sagte ich. »Tolle Karriere!« Ich zwinkerte ihm zu und ließ ihn stehen.
Die Presse des Typen mit den Geheimratsecken senkte sich und hob sich wieder. Es begann von neuem – die nächsten vierhundert Stück von was weiß ich. Ich ging an ihm vorbei. Wir blickten uns eine Sekunde lang an und grüßten uns wieder nicht. So ist das manchmal. Keine Ahnung, warum zwei Leute sich sofort gegenseitig auf den Sack gehen, ohne sich überhaupt kennengelernt zu haben.
Als ich vom Klo zurückkam, hatte der Joker sich von dem Arsch mit dem Pferdeschwanz das ganze Band vollladen lassen. Vielleicht machte es dem Typen Spaß, einen armen alten Schwachkopf mit der Presse zu misshandeln, denn jetzt trug er ein böses Lächeln im Gesicht.
Der Joker empfing mich mit den Worten: »Diese Arbeit sollte man in aller Ruhe machen …« Er schwitzte ein bisschen auf der Stirn unter den schütteren gefärbten Haaren.
»Ich kann nichts dafür!«, sagte ich und nahm meinen Platz an der Presse wieder ein. »Geh dich bei ihm beschweren«, und ich wies mit den Augen auf den ersten in der Pressenstraße.
»Der da? Das ist eine Bestie. Wenn sie uns befehlen, macht neunhundert, dann macht er neunhundert!«
»Und was tut man dagegen?«
Unterdessen machte der Pferdeschwanz ungerührt weiter, um nichts auf der Welt hätte der angehalten.
»Du musst ihn zwingen, langsamer zu arbeiten!«, erklärte der Fast-Rentner.
»Sieht nicht so aus, als ob es dir gelungen wäre.«
»Mir?« Er tupfte sich mit einem blütenreinen Stofftaschentuch den Schweiß von der Stirn. »Ich geh bald in Rente, was meinst du, wie egal mir das ist. Ich sage das für euch.«
Ich nickte, während ich presste und zuhörte, mehr presste als zuhörte. »Ja? Und was rätst du mir?«, fragte ich zerstreut.
Aber ihm war das wirklich alles scheißegal, denn als ich mich umdrehte, stand er schon am Platz von Halbglatze mit Pferdeschwanz, den Magneten in der Hand und das Teil auf der Form.
Es war alles genau geregelt und alles total verrückt.
Um halb fünf Uhr nachmittags heulte keine Sirene. Der Arsch an der ersten Maschine hörte sogar dann nicht auf, seine Ungeheuer auszuwerfen, als Mario kam, um mir und dem Molisaner zu sagen, dass wir Schluss machen sollten. Erst als Mario zu schreien anfing, kapierte der Idiot, dass er mal ein paar Sekunden warten sollte.
Zwei fast
Weitere Kostenlose Bücher