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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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nahm Lizbets Hand und sagte über ihre Brille hinweg: »Du hättest dir lieber was zu essen kaufen sollen! Du verhungerst uns noch.«
    Sie riss das Papier auf - das mit Kätzchen bedruckt war, die rosa und hellblaue Halsbänder trugen, ehrlich - und zog einen gewaltigen Kaftan in Übergröße heraus. Man hätte ein Haus damit verhüllen können. Verflucht noch mal, Elizabeth, dachte ich. So fett ist sie auch wieder nicht. Aber
zu meiner Überraschung begann Tante Edith zu lachen, und Lizbet stimmte ein.
    »Was ist denn?«, fragte Mummy, die es nicht ertragen konnte, ausgeschlossen zu sein. »Was ist daran so komisch?«
    Tante Edith schüttelte kichernd den Kopf. »Du hast ein sehr gutes Gedächtnis, Schatz.« Dann sah sie zu Mummy auf. »Sie war damals erst fünf. Onkel Bruce - den wir länger nicht gesehen hatten - schickte mir zum Geburtstag aus Toronto einen Kaftan. Dein großes Mädchen und ich passten beide in das Ding! Pete machte ein Foto. Erinnerungen«, ergänzte sie. »Wenn man so alt ist wie ich, gibt es kaum etwas Kostbareres als Erinnerungen.«
    Sie packte Elizabeths Gesicht mit ihren geschwollenen Händen, an jedem Finger einen mit Granat besetzten Artdéco-Ring, die zusammen wie ein Schlagring wirkten, und gab ihr einen lauten Schmatz auf die Stirn. Ich spürte einen Stich und wusste, warum ich mich so ärgerte. Ach, Erinnerungen waren also kostbarer als ein Baby , wie? Wir haben nur das Jetzt, Tante Edith, hätte ich gern gerufen. Ich hielt den Mund. Tante Edith hielt Gerechtigkeit in Ehren. Trotzdem hatte ich seit jeher instinktiv gespürt, dass Lizbet ihr Liebling war. Es war nicht leicht, der Liebling unserer Eltern zu sein. Aber es war auch nicht leicht, nicht der Liebling von Tante Edith zu sein. Ich nehme die Mühe und Kosten auf mich, eine Tiffanyvase zu kaufen, die sie keines Blickes würdigt. Während Elizabeth mit einem billigen Witzgeschenk ankommt und gefeiert wird.
    »Du hast doch gefragt, wo Tim ist, Denise«, hörte ich mich sagen. »Gute Frage! Wo ist Tim eigentlich, Lizbet?«
    Ein ganzer Raum voller neugieriger, paillettengeschmückter Blockwarte lauerte in gespanntem Schweigen auf Lizbets Antwort.

    »Cassie«, sagte sie freundlich lächelnd, »das geht mich nichts mehr an, seit ich euch beide in meinem Schlafzimmer erwischt habe und weiß, dass Tim der Vater deines Kindes ist. Also, sag du es mir!«

Lizbet

KAPITEL 27
    Denise war schon immer eine gemeine Kuh gewesen. Zu meinem fünften Geburtstag hatte sie mir als Geschenk das Passahfest-Popup-Buch überreicht. Damit man sich an ein so frühes Erlebnis erinnert, muss es schon ziemlich einschneidend sein, und das war es auch, denn dieses Buch war das widerwärtigste Geschenk, das man sich nur denken kann. Was sie genau wusste. Cousin Ians Zimmer war voller Bücher aus der »Unser Herr Glücklich«-Reihe. Die Familie, die auf den Zeichnungen Passah feierte, bescherte mir Albträume, weil alle Augen knallgrün waren - der Vater hatte noch dazu einen Schnauzer -, und die Bildteile zum Herausschieben waren kein bisschen komisch. (»Öffne die geheimen Türen und finde die hebräischen Bezeichnungen für die zehn Plagen …«)
    Es war witzig, wie ihr der Kiefer herunterklappte, als ich Cassies Geheimnis lüftete. Obwohl es mir noch besser gefiel, wie Cassie der Kiefer herunterklappte. Mein Herz raste nur so dahin, ich konnte nicht fassen, dass ich das wirklich gesagt hatte - und zwar vor Eltern, Freunden und der buckligen Verwandtschaft - Verzeihung - den lieben Verwandten. Denn war ich wirklich hundertprozentig überzeugt, dass es stimmte? Egal. Ich hatte es gesagt, also musste es stimmen. Und sie hatte es verdient, öffentlich bloßgestellt zu werden. Ich war sicher, dass es stimmte. Ganz sicher. Wenn ich sie nicht in unserem Schlafzimmer erwischt hätte - Tim mit halb
offener Hose, sie total geschwächt und in postkoitaler Hingabe in seinen Armen liegend -, hätte ich das keinem von beiden zugetraut. Genau. Aber ich hatte sie erwischt. Also war ich sicher. Hundertprozentig.
    Ich hatte in letzter Zeit Schwierigkeiten, mich länger gut zu fühlen, und die Befriedigung, einen Aufruhr verursacht zu haben, war schnell wieder verflogen. So schnell, dass sie gar nicht erst aufkommen konnte. Ich konnte es nicht ertragen, wie die bucklige Verwandtschaft mich, Cassie, George und Vivica und Geoffrey anstarrte - noch mitleidiger als sonst. Dass Denise sich ihr fettes Grinsen kaum verkneifen konnte, war mir egal. Aber dass Tante Edith mich scharf

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