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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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koreanisches Mädchen. Sie haben mich gefragt, was ich von ihr halte, und ich habe geantwortet: ›Wunderschön.‹« -, und ich verabschiedete sie mit einem Gefühl inneren Friedens. Es ist nicht immer nötig, die Menschen, die dich lieben, und sei es noch so unbeholfen, für jeden kleinen Fehler zur Rechenschaft zu ziehen. Die Menschen ändern sich, wenn auch nur wenig. Und es gibt viele Arten, um Verzeihung zu bitten, ohne dass man dabei die Worte aussprechen muss.
    Tim machte wirklich eine gute Vinaigrette. Ich war vollgestopft mit Folsäure. Ich schlang wieder wie ein Wolf, nur hatte mein Körper noch viel nachzuholen. Vielleicht würde ich ihn anrufen.
    Stattdessen rief ich Tabitha an.
    »Wie -«
    »Grässlich!«
    »Ach, das tut mir leid. Was ist denn los?«
    Tabitha zischte nur ein einziges, mit Schlangengift geimpftes Wort: »Kindermädchen!«
    Ich stutzte. Das wievielte war es inzwischen? Bestimmt war sie bei Kindermädchen Nr. 666 angekommen. »Soll ich … vorbeikommen?«
    »Es macht dir nichts aus mit den Kindern?«

    Ich wusste, dass sie diese Frage Überwindung kostete, und doch hörte ich die Provokation in ihrer Stimme. »Ich würde sie wirklich gern sehen.«
    Hastig sagte sie: »Ich habe nichts gesagt. Entschuldige. Ich konnte mir nicht vorstellen, was du durchmachst, und ich muss gestehen, dass ich es auch gar nicht wollte.«
    »Das ist sehr … ehrlich von dir«, sagte ich.
    »Ich nehme an, Elizabeth, dass es mich überrascht hat, wie sehr dich diese Sache mitnimmt. Weil so was eigentlich dauernd passiert, nicht wahr? Jeremys Cousine hatte fünf Abgänge und ist inzwischen vierfache Mutter - womit bewiesen wäre, dass man aufpassen muss, was man sich wünscht! Aber die Menschen reagieren wohl unterschiedlich. Ich weiß, dass es mich nichts angeht, aber bitte, hab keine Angst, einen zweiten Versuch zu starten, oder ist es zu krass, so was zu sagen?«
    Ich seufzte. »Nur ein bisschen.«
    »Ehrlich gesagt war ich ganz froh, dass du eine Weile auf Abstand gegangen bist. Der liebe Tomas ist in einem Stadium, wo er jeder Frau das Kinderkriegen verleiden kann, aber Celestia ist so ein Engel , eine so reine und atemberaubende kleine Persönlichkeit, wenn ich sie ansehe und sie mich ansieht, dann denke ich jedes Mal, was für ein Geschenk, du bist wirklich das Licht meines Lebens, und dann tust du mir noch mehr leid, Lizbet. Ich denke, die arme Lizbet, sie kennt nicht die unfassbare, unübertreffliche Freude, ein Kind zu haben, und Gott sei Dank weiß sie nicht, was sie verloren hat, sonst würde der Schmerz sie zerquetschen … Entschuldige. Genau darum habe ich lieber nichts gesagt. Wenn ich erst mal anfange, kann ich nicht mehr aufhören. Jeremy sagt oft: ›Ich gehe kurz raus, während du redest‹, und ich kann ihm das nicht einmal verdenken. Lizbet, bitte entschuldige, ich -«

    »Es ist wirklich in Ordnung, Tabitha«, sagte ich steif. »Es wäre schlimmer, wenn du nur glauben würdest, dass ich ein Riesentheater um gar nichts gemacht habe.«
    »Ist es wirklich in Ordnung, Lizbet?«
    »Tabitha«, sagte ich. »Wenn du dich damit besser fühlst, dann ja. Es wird schon wieder.«
     
    Ich hoffte, dass Tim sehnsuchtsvoll auf unserem Fensterbrett hocken würde wie Rapunzel, wenn ich nebenan aufkreuzte. Aber ich hatte kein Glück. Langsam und geräuschvoll stapfte ich zu Tabithas Tür - damit er Zeit und Gelegenheit hatte, mich zu bemerken - und läutete dann. Sie brauchte eine Weile, ehe sie aufmachte. Ich war es gewohnt, sie in gestärkter Maßkleidung zu sehen, in Schwarz und Weiß, das Haar zu einen strengen Knoten frisiert, ungeheuer monochrom. Heute sahen ihre Haare aus, als hätte der Blitz eingeschlagen, und sie trug lila Moleskin-Hosen zu einem roten Adidas-Top - Ebbe im Kleiderschrank, ich kannte das nur zu gut.
    » Farbe, Tabitha?«, begrüßte ich sie.
    Sie lachte und sagte: »Ich fühle mich unsicher und reizbar. Ich werde mich gleich umziehen.«
    Celestia thronte in einer Windel auf ihrer Hüfte. Seit meinem letzten Besuch war sie auf doppelte Größe angewachsen. Sie hatte helle Haut und blaue Augen. Ohne zu lächeln starrte sie mich an. Ich kam mir vor wie ein Ornithologe, der einen Steinadler sichtet.
    »Hallo, Baby«, sagte ich und dachte oh, oh, oh.
    Celestia wühlte den Kopf in die Brust ihrer Mutter und zuckte mit den Beinchen wie ein übergewichtiger Jockey.
    Tabitha küsste sie auf die Wange.
    »Ich wasche mir die Hände«, sagte ich. Ein Code für Friede und Segen allen Babys.

    Aber

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