Meine Schwester und andere Katastrophen
ein Mann, der seine Socken faltete, über ein geheimes Reservoir an rassistischen Witzen verfügte (zu Hause ist Mann immer ungeniert, da kann man sagen, was man will!), Dachse hasste, das Wort Anagramm nicht buchstabieren und dir auch nicht erklären konnte, was es bedeutete. Ich wollte einen Tim! Jemand anderes würde mich nicht bekommen . Ich war zu schräg, zu abgehoben für jemand anderes.
Als ich drei Monate mit Tim zusammen gewesen war, war ich mit einer offenen Packung Pancetta ins Wohnzimmer gekommen.
»Tim«, hatte ich gefragt, »ist Pancetta eigentlich sehr fett?«
»Ja. Warum?«
»Oh, na gut, dann lege ich ihn zurück.«
»Wieso? Was hast du damit gemacht?«
»Ich habe einen Streifen gegessen, aber nur das Rote.«
»Babe, das ist rohes Fleisch . Unbehandelter Speck.«
»Ach! Wirklich? Ich dachte, es ist so was wie Parmaschinken.«
Ich studierte anklagend die Verpackung - geräuchert, bla, einzigartiger Geschmack, bla, und in winzigen (Groß-)Buchstaben VOR VERZEHR ERHITZEN. Tim lächelte mich vom Sofa aus an, aber ich kam mir plötzlich vor wie eine Frau (und noch dazu eine Jüdin ), die rohen Speck aß. Du bist, was du isst. Ich war ein Schwein. Ich hatte es ihm deutlich vor Augen geführt! Er hatte mich Babe genannt. Das war der Name eines Schweines, oder?
»Lizbet«, hatte Tim gesagt, »es ist … was Ähnliches .«
Ich kehrte widerwillig in die unappetitliche Gegenwart zurück und sagte zu Cassie: »Ich will mit niemand anderem Kinder haben. Darum … sieht es so aus, als würde ich keine bekommen.«
»Du bist Mummy so ähnlich, dass ich schreien könnte. Teller, Schüssel, Sarg, weißt du noch? Nimm die Dinge so, wie sie sind. Es gibt einen Unterschied zwischen einer Herausforderung und einer Tragödie.«
»Ja«, sagte ich.
»Und gleichzeitig«, ergänzte sie plötzlich ganz sanft, »bist du ganz anders als Mummy. Du zerbrichst dir ständig den Kopf, wie sich alle anderen fühlen und was sie brauchen könnten. Ich werde bestimmt eine beschissene Mutter. Ich denke immer nur an mich selbst.«
»Das stimmt nicht«, widersprach ich. »Und niemand kann wissen, wie eine Frau als Mutter ist, bevor das Baby wirklich auf der Welt ist.« Erleichtert über die Chance auf einen Themenwechsel holte ich Luft. »Macht es dir zu schaffen, dass du ohne George zurechtkommen musst?«
»Nein. Außerdem wird George da sein. Ich möchte, dass er seinen Teil beiträgt, das ist mir inzwischen klar geworden.
Trotz alledem. Alles andere wäre falsch. Aber er wird sich meinen Vorstellungen anpassen müssen. Kannst du dich an Barnaby erinnern?«
»Den blonden, athletischen Superanwalt mit dem Engelsgesicht, dem phantastischen Körper und dem bezaubernden Charme? Nein, leider nicht.«
»Er scheint zu glauben, dass was zwischen uns laufen könnte.«
»Cassie!«
Sie gab sich Mühe, nicht überglücklich zu klingen, das hörte ich ihr an.
»Wir werden sehen.«
»Mein Gott!« Es tat gut, sich für jemanden zu freuen - dadurch fühlte ich mich wieder menschlich. Außerdem merkte ich, dass es unwichtig war, ob sie wusste, dass ich geholfen hatte, George zu zähmen. Es zählte allein, dass ich geholfen hatte, meine Schwester glücklich zu machen. Ich war wie ein Promi, der eine Wohltätigkeitsorganisation unterstützt, ohne viel Wirbel darum zu machen. Ich mochte mich.
»Das ist ja super. Was ist denn passiert?«
»Ach, das Übliche. Darf ich ihn am Sonntag mitschleifen?«
Ach, das Übliche. War sie überhaupt eine Frau? »Du darfst. Ich glaube nicht, dass er uns die Aussicht verdirbt. Sehr gut. Also okay.«
Ich war schon dabei, mich zum »Ciao« vorzuarbeiten, aber Cassie fiel mir ins Wort. Sie hatte noch nie einen Wink mit dem Zaunpfahl verstanden. »Also, was genau hat Tim gesagt, als du mit ihm gesprochen hast?«
Ich spielte mit dem Gedanken, »Ach, das Übliche« zu antworten; stattdessen erzählte ich die ganze Saga.
»Elizabeth«, sagte meine Schwester, »du erwartest viel von
den Menschen, die dich lieben. Du glaubst, die sollten alles über dich wissen - und wenn sie das nicht tun, weil niemand so schlau sein kann , dann denkst du, das würde bedeuten, dass sie dich nicht lieben. Also, du bist inzwischen ein großes Mädchen, da wird es Zeit, etwas rationaler zu denken. Tim hat dir ein Arbeitszimmer eingerichtet, weil er glaubte, dass du genau das wolltest. Du bist ausgeflippt, weil dir der Anblick einen Todesschrecken eingejagt hat. Es war ein Schock. Das Kinderzimmer, einfach weg! Schlagartig
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