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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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kenne, fand sie den Gedanken, dass ihnen die Hypothekenbank nicht gewogen sein könnte, schlimmer als die angedrohten Maßnahmen und Gebühren (eine Haltung, die möglicherweise teilweise ihren finanziellen Engpass erklärte). Da sie das Thema mir gegenüber nicht angesprochen hatte, wollte ich es auch nicht ansprechen. So hatte unsere Familie schon immer funktioniert. Jeder sprach mit jedem über jeden, aber nur hinter dessen Rücken. Niemand sprach mit dem Betreffenden über Dinge, über die mit ihm gesprochen werden sollte, weil alle Angst hatten, ihn aufzuregen.
    »Oder«, ergänzte ich schnell, »ihr kommt einfach zu uns.«
    Wider Erwarten schüttelte Lizbet den Kopf. »O nein«, sagte sie. »Dein erster Vorschlag gefällt mir besser. Wir hauen richtig Geld raus.«
    »Bist du sicher?«, fragte ich, vielleicht ein bisschen zu streng. Ich hasste es, wenn sie so unverantwortlich war. Ich nehme an, es ist ungefähr so, wie wenn andere Menschen sehen, dass ihre Eltern ihr ganzes Haus auf ein Pferd setzen.
    »O ja«, bekräftigte sie. »Tim hat was erfunden. Und es wurde gekauft. Er hat schon eine Vorbestellung und einen Scheck bekommen.«
    »Das ist phantastisch !«, sagte ich. »Was? Wann? Wie?«
    Lizbet gähnte. »Die Details kenne ich nicht. Ich überlasse das alles ihm. Er arbeitet schon ein Jahr lang daran, glaube
ich, aber nun hat er es tatsächlich geschafft. Das Töpfchen hat ihn bekannt gemacht, darum hat man ihn zu einem Projektgespräch eingeladen. Das ist die größte Hürde. Woolworth wollte nicht, aber sie haben ihm vorgeschlagen, ihr japanisches Schwesterunternehmen anzusprechen, und die waren ganz begeistert, sodass -«
    »Was ist es denn?«
    »Ach, eine Art Frühwarnsystem.«
    »Was? Etwas gegen Terroristen? Ich wusste gar nicht, dass er auch in der Anti…«
    »Ist er auch nicht. Also schon, aber auf einer anderen Ebene. Vor einer Weile war Tabitha mit Tomas bei uns, der gerade sauber wird. Und Tomas hat zweimal auf unseren Teppich gekackt. Beim zweiten Mal war er nur in seinem Höschen und auf den Knien , und ich konnte es noch drin sehen, wie ein bisschen … Kackesaft auf unseren Teppich tröpfelte, aber, na ja, ich wollte nichts sagen, weil mir das Tabitha gegenüber unhöflich vorgekommen wäre, so als würde ich nur darauf warten. Und ich wollte sie nicht beleidigen -«
    »Spinnst du?«, fuhr ich sie an. »Du hättest ihr was sagen müssen!«
    »Ja. Schon. Jetzt würde ich das auch tun. Egal. Nach diesem besonderen Vorfall hatte Tim eine Idee: ein winziges Pflaster, das man auf den Babyhintern klebt, aber mit einem Sensor, der einen Piepser auslöst - den die Eltern ganz diskret in der Hand halten, damit die Kinder keine Komplexe bekommen -, sobald es in dem Bereich zu erhöhter Feuchtigkeit kommt.«
    »Tim ist echt analfixiert, oder?«
    »Ja, ich mache mir wirklich Sorgen«, sagte Lizbet. »Also, dem Ding fehlt noch der letzte Schliff, aber es soll den Eltern ermöglichen, dezent anzudeuten, dass das Kind vielleicht
aufs Töpfchen gehen sollte, noch bevor es zu einem Zwischenfall kommt.«
    »Genial«, sagte ich. »Brillant in seiner Schlichtheit.«
    »Mhm«, sagte Lizbet. »Allerdings sind einige Kinder offenbar allergisch gegen Pflaster. Es werden also verschiedene Mittel angeboten. Und natürlich denkt er an blaue Pflaster und rosa Pflaster und möglicherweise einige in -«
    »Ponygestalt?«
    »Genau, und -«
    »Zugform?«
    »Du hast es erraten.«
    »Wow!«, sagte ich. »Damit kommt er in Japan ganz groß raus! Bestimmt ist er total aufgeregt.«
    »Mhm«, sagte Lizbet wieder. »Wahrscheinlich schon. Ich weiß es nicht - ich bin nur damit beschäftigt, den Vorschuss zu verschleudern! Trotzdem, wenn wir ausgehen, kannst du ihn ja fragen.«
    Wir hatten gute Absichten, aber tatsächlich schafften wir vier es erst fünf Wochen später, gemeinsam auszugehen. Ich hatte ein paar schwierige Fälle auf dem Tisch und musste mich meist bis tief in die Nacht vorbereiten. Außerdem musste man in meinem Lieblingsrestaurant einen Monat im Voraus reservieren (im Locanda Locatelli, da sieht man’s wieder, ein Gratistipp!), weshalb das nicht so schlimm war. Als Lizbet in den Raum trat - nicht zusammenzuck -dünn, aber beinahe -, musste ich mich beherrschen, um sie nicht mit offenem Mund anzustarren.
    Vorab muss ich erwähnen, dass Lizbet etwa vier Uraltunterhosen besitzt, ein Paar Cordhosen von Marks & Spencer - die mit DEN SCHWARZEN HOSEN (von French Connection, um 1998) abwechseln - sowie etwa drei Tops:

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