Meine Schwiegermutter ist cooler als deine
entscheidenden Turnier, welches meine Frau vor mir zu Ende brachte, wild entschlossen den Nachwuchs zeugte.
Großer Unsinn. Wenngleich ich den Nebeneffekt durchaus zu schätzen weiß. Man muss eben zusehen, wie man langfristig doch noch
gewinnt. Vor allem gegen so eine verteufelt gute Sportlerin wie meine Frau.
|85| Großer Bruder, große Familie
Während ›Big Brother‹ in den USA schon längst gescheitert ist und in Deutschland an bedauernswerte Spartensender verscherbelt
wurde, hat die Sendung in Italien nach wie vor gute Quoten; zumindest geht ihr verdientes Dahinscheiden nur sehr zäh voran.
Nach wie vor läuft ›Big Brother‹ am Abend zu bester Sendezeit auf Tele5, dem quotenstärksten Sender des Berlusconi- (fügen
Sie hier bitte Ihr Lieblingsverteufelungswort ein, etwa
-imperiums
oder -
meinungsmonopols
).
Nun läuft in mediterranen Ländern der Fernseher ja dauernd und recht ungezwungen, aber ›Big Brother‹ passt doch besser zu
Italien als zu irgendeinem anderen Land. ›Big Brother‹ ist die Verlängerung der Familie, die am Tisch oft schon so groß und
unübersichtlich ist, dass ein paar lärmende Tätowierte aus der T V-Ecke den Bock auch nicht mehr fett machen.
Die soziale Kompetenz von Italienern jedenfalls ist sensationell, wie man in der Sendung immer wieder beobachten kann. Es
will den Verantwortlichen einfach nicht gelingen, die Teilnehmer aufeinanderzuhetzen. Während in den USA schon am ersten Tag
gezofft wurde und in Deutschland spätestens nach 48 Stunden die Tränen fließen |86| , rotten sich die italienischen ›Big Brother‹-Teilnehmer dauernd in der Küche zusammen und kochen gemeinsam. In Deutschland,
so munkelt man, wird bei zu viel Harmonie schon mal heimlich die Raumtemperatur erhöht, um die Kombattanten anzustacheln;
in Italien dagegen findet viel Harmonie und Liebe statt. Echte, körperliche Liebe unter der Bettdecke übrigens. Ständig. Und
anschließend werden Spaghetti gekocht.
Wer nicht an die Verschiedenheit der Völker glaubt – ›Big Brother‹ zeigt sie mit frappierender Deutlichkeit auf. Italiener
sind freundlich, kommunikativ und kein bisschen neidisch oder verschlagen. Und wenn sie es doch sind, dann können sie zumindest
hervorragend schauspielern.
|87| Kein Halten mehr
Manchmal fahren wir von Grado nach Padua, weil ja dort Lauras Familie herkommt und auch noch die meisten Freunde und Verwandten
von Laura wohnen; die Stadtluft fehlt Laura ab und zu. Von Grado nach Padua sind es 150 Kilometer; anderthalb Stunden, wenn wenig Verkehr ist. Das erste Stück geht über die Landstraße nach Palmanova, dann sind
es noch 130 Kilometer auf der Autostrada. Und kaum sind wir dort 10 Kilometer gefahren, sagt mein italienischer Mitfahrer (meist ist es Laura, manchmal ihr Bruder Leo): »So, jetzt einen caffè!«
Kaum hat also das Auto Fahrt aufgenommen, biegen wir ab und halten an einem
Autogrill
an.
Italiener zeichnen sich durch eine hohe Affinität zu Autobahnraststätten aus, die in der deutschen Ausprägung doch eher von
Missmut, Diebstahl und Urinstein beherrscht sind. Italiener aber mögen diese eigenartigen Orte, die ja oft – wie auch in Frankreich
oder Spanien – quasi als Brücke über den Autobahnen liegen, sodass der Verkehr unter ihnen durchfließt. In Deutschland scheint
diese Architektur aus Sicherheits- und praktischen Gründen (Schwertransporte, Flugzeugnotlandungen) nicht sehr verbreitet.
|88| Nur Ausländer nutzen den Aufenthalt an Autobahnraststätten zum Tanken, doch die Theken sind immer in Zweierreihen belegt (Tipp
für Autogrill-Novizen: erst an der Kasse bezahlen, dann mit dem Bon an die Theke gehen und das Gewünschte ordern). Dann stehen
wir da und trinken nach etwas Gegrummel und Ellbogeneinsatz den achten Kaffee des Tages. Es ist keineswegs eine entspannte
Pause, es bleibt kaum Zeit zum Plaudern – es erinnert eher an einen hektischen Boxenstopp, und schon geht es weiter. Man könnte
einen Espresso unter den historischen Arkaden der Innenstadt Paduas trinken oder an einer Theke am Hafen von Grado mit Blick
auf die einlaufenden Fischerboote stehen. Aber nein, in Italien schaut man lieber auf eine Dame mit Namensschild und Schiffchen
auf dem Kopf, die mit eher mittelprächtiger Laune die Heißgetränke bereitstellt, während hinter ihr grauer Rauch von den Waffeleisen
aufsteigt, welche die Schinkentoasts bräunen.
Nach dieser Einleitung müsste jetzt eine Erklärung für
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