Meine Schwiegermutter ist cooler als deine
meine Kinder mit großen Augen vor mir stehen: »Papi, hast du uns
einen
branzino
mitgebracht?« Kurz überlegte ich, bei einem Fischgeschäft zu halten, wie ich es schon in unzähligen schlechten Cartoons gesehen
hatte, aber ein bisschen Würde wollte ich mir denn doch bewahren. Und als ich heimkam, war alles halb so wild. Lilli legte
ihr Lieblingspuzzle, Beatrice zerstörte mit leiser Effizienz eines meiner Bücherregale. Ich schlich nach oben, um mich unter
die Dusche zu stellen. Beinahe wäre mir der Abgang geglückt, dann hörte ich die Stimme meiner Frau.
»Und? Was gefangen?«, fragte Laura, ohne von ihrer Chick-Lit aufzusehen. Sie weiß, wie man Nadeln setzt.
|79| 9 Dinge, die mich an Italien nerven
Ich fühle mich in Italien pudelwohl, aber es soll doch bitteschön keiner denken, dass ich alles durch die rosarote Brille
sehe. Nein, auch in Italien gibt es den gleich großen Prozentsatz von Idioten, nervigen Nachbarn und generell unangenehmen
Menschen wie in Deutschland, Österreich oder Dänemark. Wie groß dieser Prozentsatz ist, hängt von der Laune und dem Menschenbild
des Betrachters ab, aber taxieren wir diese gesellschaftliche Gruppe mal auf 10 Prozent. Und auch bei den mir lieben Italienern entdecke ich Eigenheiten, die wenig löblich erscheinen. Hier kommen also,
schon um dem Yin-Yang-Prinzip des ausgewogenen Universums zu genügen, neun Dinge, die mich an Italien aufregen. Neun, nicht
18 7 , denn ein klein wenig netter ist es hier zugegebenermaßen doch.
|80| Nein, man muss nicht unbedingt noch einmal beschleunigen, wenn die Ampel vorn schon auf Rot steht.
Dass die Leute sich vor Steuerzahlungen drücken, ständig schwarz kassieren oder den Müll einfach irgendwo auf die Straße stellen,
geht auch immer mehr Italienern auf die Nerven. Und sie haben sogar einen Namen für dieses Verhalten: »Italienische Krankheit«. 8
Wenn man schon mal Weißbier im Supermarkt findet – warum ist es dann ausgerechnet von Löwenbräu?
Gebt uns Deutschen nicht die Schuld für »Pizza Würstel«!
Es ist keine gute Idee, mit den Sommerreifen den verschneiten Pass hochfahren zu wollen. Das wird in diesem speziellen Fall
eben nicht »schon irgendwie gehen«.
|81| In Italien gibt es nun schon seit fast zwei Jahrzehnten die Tradition der »Weihnachtsfilme«. Die schlechtesten Komiker des
Landes tun sich zusammen und drehen für die Winterferien einen neuen Kinofilm. Die Gags spotten jeder Beschreibung und wären
selbst Didi Hallervorden zu würdelos. Dem Kinofilm selbst kann man zwar entgehen, nicht aber den ewigen Trailern und den Werbeeinblendungen
zur Unzeit.
Nach fünfzehn Jahren Autofahren und Autoradiohören in Italien muss ich zugeben, dass mir Eros Ramazotti allmählich auf die
Nerven geht. Diese etwas zu hohe, etwas zu weinerliche Stimme – nein, bitte, es reicht.
Die leichtbekleideten Mädels selbst in den Sportsendungen müssen doch nun wirklich nicht sein. Ich würde gern Tore und Schaubilder
von taktischen Zügen sehen. Ich möchte nicht sehen, wie eine braungebrannte Schönheit im Bikini dem Nationaltrainer ihr Dekolleté
ins Gesicht rammt.
Das mit der Sonnenbrille im Haar habe ich noch nie begriffen. Mir jedenfalls fliegt sie bei jeder Kopfbewegung runter, und
dann sammle ich die Scherben auf.
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In ›Laura, Leo, Luca und ich‹ hatte ich eine Liste aufgestellt: »18 Gründe, Italien zu lieben«. Diese Liste war ein ziemlicher Erfolg, wurde ins Italienische übersetzt und tauchte in diversen
Blogs auf: 1. Fußball ist wichtiger als die Vogelgrippe, 2. Was ist »koffeinfreier Kaffee«?, 3. Das Wetter ist schön, aber nicht beleidigend; man kriegt noch die Jahreszeiten mit, 4. Spaghetti vongole, 5. Man wird öfter mal von Fremden für völlig unsinnige Dinge gelobt, etwa den schönen Pullover oder den Milchschaum auf dem Cappuccino,
6. Schlechte Laune kommt vor, ist aber weitgehend geächtet, 7. Elisabetta Canalis, 8. Wein schon zum Mittagessen ist gesellschaftlich akzeptiert, 9. Keine Hundehaufen – keine Hunde!, 10. Auch in edlen Restaurants steht der Wein griffbereit neben dem Teller und nicht auf einem wackligen Beistelltisch am anderen
Ende des Saals, 11. Wenn einem ein Gespräch unangenehm wird, holt man einfach sein Handy heraus, 12. Vorfahrt hat, wer es eiliger hat, 13. Jogger werden als das angesehen, was sie sind: verrückt, 14. Kellner ist ein echter und ehrbarer Beruf, kein Nebenjob für
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