Meine Seele gehoert dir - Angelfire ; Bd. 1

wieder für ein paar Jahre aus dem Verkehr gezogen bist, müssen wir uns keine Sorgen mehr machen, dass du unsere Pläne durchkreuzt. Und wenn du dann schließlich wieder zurückkommst, Preliatin, wird der Enshi dich erwarten, und du kannst uns nicht mehr gefährlich werden, ja, wir werden keinen einzigen Gedanken mehr an dich verschwenden müssen, denn zur Begrüßung wird er dich vernichten.«
    Ich röchelte und wand mich, bis ich genug Luft bekam, um sprechen zu können. »Was ist der Enshi?«
    »Der Tod«, grinste Ragnuk. »Der Tod aller Dinge, der Vorbote des Endes aller Tage.«
    Ich verpasste Ragnuk einen Haken, und sein Kopf flog zur Seite. Noch einmal rammte ich ihm meine Faust mit aller Kraft in die Schnauze und hörte, wie etwas zerbarst. Er geriet ins Stolpern und löste die Pranke von meiner Brust. Mit einem Schrei schleuderte ich meine Macht gegen Ragnuks Bein. Der dicke Knochen brach krachend in der Mitte durch, er brüllte vor Schmerz auf, taumelte zurück und ließ von mir ab. Hustend und nach Luft ringend ging ich zu Boden.
    Ich rappelte mich wieder auf und eilte zu Will. Die Vorderseite seines Hemdes war schwarz vor Blut. Ich riss sein Hemd auf, um irgendetwas zu tun, das die Blutung stoppen würde, doch zu meiner Verblüffung war Wills Haut unter dem blutgetränkten Hemd völlig unversehrt. »Es geht mir gut«, winkte er ab und warf mir einen fragenden Blick zu. »Wo ist er?«
    Ich schaute mich nach der Stelle um, wo ich den Reaper zurückgelassen hatte, und sah, wie Ragnuk mühsam auf die Beine kam, offenbar darauf bedacht, den gebrochenen Knochen zu schonen. Fauchend spuckte er einen Schwall Blut aus. »Ich komme zurück und hole dich«, keuchte er atemlos.
    Einen Moment lang schienen seine Umrisse zu verschwimmen, dann war er weg.
    Ich rieb mir die Augen. »Er ist verschwunden!«
    Will saß mit gekrümmtem Rücken da und rieb sich den Bauch. »Reaper haben die Fähigkeit, sich mit ultrahoher Geschwindigkeit durch den Limbus zu bewegen, wenn sie verfolgt werden. Es wird ein wenig dauern, bis sein Bein verheilt ist. Bei Knochen dieser Größe dauert die Heilung länger als bei dünneren Knochen oder Fleischwunden.«
    »Es tut mir so leid, Will«, brach es aus mir hervor, und ich konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. »Ich war wie gelähmt!«
    Er sah zu mir auf, und sein Blick war warm und voller Nachsicht. »Es ist mein Job, dich zu beschützen, egal, was geschieht. «
    »Du bist wegen mir verletzt worden«, entgegnete ich bedrückt.
    »Hey, es geht mir gut«, versicherte er mir und zog zum Beweis die zerfetzten Reste seines Hemdes zur Seite, so dass ich sehen konnte, dass die Wunden bereits ganz verheilt waren. »Ich kann sehr schwere Verletzungen aushalten, deswegen bin ich schließlich hier.«
    Ich blickte an mir hinunter und sah erst jetzt, wie übel Ragnuk mein Outfit zugerichtet hatte. »Oh nein, mein Kleid … !«
    Will lachte. »Typisch Mädchen.«
    Ich runzelte die Stirn. »Typisch Idiot!«
    »Na ja, es ist bloß …« Er unterbrach sich selbst.
    »Was?«
    »Jedes Mal, wenn du zurückkommst, bist du etwas menschlicher als beim vorigen Mal.« Der Anflug von Heiterkeit war aus seiner Stimme verschwunden.
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll«, erwiderte er. »Es ist seltsam. Manchmal verhältst du dich sehr menschlich, viel menschlicher als damals bei unserer ersten Begegnung. Ich glaube, du bist inzwischen einfach nicht mehr so düster wie damals und siehst dich selbst immer mehr als eine von ihnen. «
    Ich hätte fast gelacht. »Ich bin eine von ihnen, nur dass ich jetzt ein paar eigenartige Kräfte habe.«
    Seine Miene blieb ernst. »So hast du nicht immer gedacht. «
    Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Hatte ich mich früher etwa für etwas Besseres als die Menschen gehalten und sollte das heißen, dass ich damals womöglich so düster gewesen war wie die Reaper? Konnte es sein, dass ich irgendwann einmal genauso finster und Furcht einflößend wie sie gewesen war?
    Ich spürte einen Anflug von Übelkeit. »Will, Ragnuk hat mir unglaubliche Angst eingejagt. Er hat gesagt, dass er mich schon einmal getötet hat, und genau in dem Moment konnte ich mich daran erinnern.«
    »Du kannst ihn besiegen«, erwiderte er ernst. »Wir werden ihn vernichten, und dann kannst du das hinter dir lassen.«
    »Will, ich bin gestorben !«, schrie ich, inzwischen eher wütend als verängstigt. »Ich erinnere mich an meinen eigenen Tod! Ich kann mich daran