Meine Seele weiß von dir
fünfzehn Euro.“
Noch ehe ich etwas erwidern konnte, hörte ich eine Männerstimme hinter mir. „Gekauft“, verkündete sie gelassen. Eine Hand streifte flüchtig meine Schulter. „Für dich ... Sina-Mareen.“ Diese leichte Berührung reichte aus, um meinen Herzrhythmus komplett durcheinanderzubringen.
Für einen verträumten Moment schloss ich die Lider.
Er war ebenfalls früher gekommen.
Und er hatte mich erkannt!
Unendlich langsam, den Tiger an mich gepresst, drehte ich mich zu ihm um.
Leander lächelte mich an. Dabei zog er seinen rechten Mundwinkel ein wenig höher als den linken.
Er sagte nichts.
Er rührte sich nicht.
Genau wie ich.
Wir schauten uns einfach nur an und erblickten in den Augen des anderen unsere eigene Zukunft.
Leute gingen an uns vorüber. Manche blieben stehen und starrten uns ungeniert an. Vielleicht erkannten sie Leander. Ein paar lächelten. Als wären sie Statisten in einem dieser Liebesfilme aus Bollywood.
Mit Happy End.
*
Nun scheinen mich die Äuglein des Tigers bekümmert anzusehen. Ich seufze, nehme ein Stück Zeitungspapier und wickele ihn sorgfältig darin ein, bevor ich ihn in den letzten Karton lege.
Fertig.
Langsam rappele ich mich auf.
Zeit zu gehen.
Zeit, auf Wiedersehen zu sagen.
Frau Hischer weint leise, als ich mit Utes, Toms, Heikos und Maras Hilfe die Kartons in den geliehenen Umzugswagen schleppe. Sie ist extra vorbeigekommen, um sich zu verabschieden. Während wir schuften und hin und her laufen, kocht sie Kaffee, verteilt Mineralwasser und nötigt uns, von den belegten Brötchen zu nehmen.
Doch niemand hat Appetit.
Es ist selten so still im Haus, wenn Frau Hischer da ist: Sonst läuft das Radio, sie singt, saugt und hantiert unermüdlich herum.
Heute ist von alledem nichts zu hören. Stumm lehnt Frau Hischer an der Haustür. Herr Hischer steht mucksmäuschenstill neben ihr und sein sonst munter wedelndes Stummelschwänzchen ist reglos. Die beiden bieten einen traurigen Anblick.
Die anderen sind bereits zu meiner neuen Wohnung vorgefahren. Bis auf Tom, der in der Fahrerkabine des Umzugswagens sitzt, weil ich selbst dieses Ungetüm nicht fahren kann.
Zum Abschied lege ich meine Arme um die rundliche Taille von Frau Hischer und sie schlingt ihre Arme um mich, sodass wir in einer tränenreichen Umarmung versinken. „Ach, Kind... Kindchen“, stammelt Frau Hischer. „Wollen Sie es sich nicht noch einmal überlegen?“
Ich habe befürchtet, dass sie so etwas sagen könnte. Die Tränen laufen mir heiß die Wangen hinunter. Ich lasse ihnen freien Lauf und trauere um das, was Leander und ich einmal gewesen waren, trauere um mein Zuhause, mein Leben und sogar um Sina-Mareen.
„Nein“, bringe ich abgehackt hervor. „Es geht ganz einfach nicht! Das, was passiert ist, kann ich nicht ungeschehen und auch nicht wieder gutmachen. Ich habe es versucht, wirklich versucht, aber es hat nicht funktioniert. Er kann nicht mehr mit mir zusammenleben. Und ich habe Verständnis für ihn.“
Ihr ist natürlich klar , dass ich von Leander spreche. Wir lösen uns voneinander, blinzeln die letzten Tränen weg und lächeln uns verzagt zu.
„Ich dachte nie, dass er vergessen könnte, was Sina-Mareen ihm angetan hat“, sage ich nachdenklich zu Frau Hischer. Nebeneinander gehen wir zum Auto, in dem Tom schon ungeduldig auf das Steuer trommelt. „Aber ich habe gehofft, er könnte akzeptieren, dass ich eine andere geworden bin.“
Ich tätschle dem Cockerspaniel zum Abschied den blonden Schopf. Er gibt einen derart kläglichen Laut von sich, dass ich wider Willen lachen muss. Ich küsse Frau Hischer rechts und links auf die Wangen. „Wir bleiben in Kontakt. Versprochen! Sie haben meine Adresse, und ich rufe Sie bestimmt an.“
Ich ziehe die schwere Autotür auf und klettere ins Fahrzeuginnere. „Passen Sie gut auf ihn auf“, sage ich zum Abschied. Ganz leise füge ich hinzu: „Auf meinen Mann.“
„Das werde ich.“
Der Knall der Autotür, das tiefe Brummen des Motors, ein Lächeln, ein Winken und ein allerletzter Blick zurück. Dann rumpelt der schwere Wagen um die Biegung und bringt mich fort.
Kapitel 46
Seit einer Woche wohne ich jetzt in Maienrath. Meine neue Wohnung ist in einem Zweifamilienhaus und liegt Parterre. Ein Raum ist wie geschaffen für mein Atelier. Er hat große Fenster zum Garten hin – den ich mir mit dem Vermieter teile - und ist hell und ruhig.
Ich habe mich fast vollständig eingerichtet. Nur den Computer,
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