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Meine Seele weiß von dir

Meine Seele weiß von dir

Titel: Meine Seele weiß von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwigs
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interessiert. Schließlich entscheide ich mich für den Kanal, der Leander Late Night ausstrahlt. Es sind noch beinahe vier Stunden bis dahin. Also schaue ich mir so lange den Krimi an, den sie zum wiederholten Male senden.
    Mir ist klar, dass bis Anfang Oktober Sommerpause ist und währenddessen keine neuen Sendungen von Leander Late Night gebracht werden. Aber ich hoffe, dass sie wenigstens eine alte Folge zeigen. Was leider nicht der Fall ist.
    Der Abend endet, wie er enden muss.
    Im Schrank.
     
    Heiko – braungebrannt, noch immer verliebt und bester Laune - ist von seiner Klettertour aus Rovinj zurückgekehrt. Wir laufen schnaufend nebeneinander her und ich lausche ergeben seinem Bericht über Mara, die Göttliche.
    Als ich Heiko später erzähle, ich hätte mein Erinnerungsvermögen wiedererlangt, bleibt er so abrupt stehen, dass ich einige Schritte an ihm vorbeiziehe und zurückgehen muss. Er reißt die Augen auf, dann öffnet er den Mund, bringt jedoch kein Wort hervor.
    „Was ist?“, frage ich.
    Heiko schließt seinen Mund wieder und blinzelt einige Male. „Einfach so?“, fragt er. „Warum hast du das nicht gleich gesagt? Das ist ja ein Ding!“
    „Ja“, gebe ich ihm recht. „Plötzlich war alles wieder da.“
    Auf Heikos Gesicht legt sich die Andeutung eines neugierigen Lächelns. „Na schön“, meint er. „Und wie ist das so, Schattenfrau? Wie geht es dir dabei?“
    Meine Antwort besteht aus einem vieldeutigen Schweigen. Wir stehen voreinander und ich sehe zu ihm auf. Als unsere Blicke sich treffen, verdüstert sich der seine vor Mitgefühl. Er legt einen Arm um meine Schultern und führt mich langsam den Waldweg entlang. Jetzt ist er es, der zuhört.
    Doch er kann nicht viel mehr für mich tun, als mich festzuhalten und mir tröstend über das Haar zu fahren. „ Hör mal “, sagt er irgendwann, „ich habe vor längerer Zeit mal etwas gehört, das ich nie vergessen habe.“
    „Und das wäre?“ Ich werfe ihm einen fragenden Blick zu.
    „Wenn Paare einen Berater aufsuchen und ein Partner will sich trennen, weil der andere untreu gewesen ist, so hat der Berater sie meist nach zwei, drei Gesprächen wieder auf einer gemeinsamen Schiene. Wenn aber ein Paar kommt, und der eine kann die Stimme des anderen nicht mehr hören, ihm nicht beim Essen oder Zähneputzen zusehen oder seine Berührung ertragen, dann ist es vorbei.“ Seine Augen huschen über mein Gesicht. „Endgültig.“
    Ich atme tief durch. Leanders Stimme hallt in meinem Innern wider. Sie wiederholt nur die süßen Worte, die er zu mir gesagt hat. Die Erinnerung an das Verlangen in seinen Augen, die Leidenschaft seiner Berührungen und meine eigene Sehnsucht nach ihm lösen eine Hitzewelle in mir aus. Mein Mund ist staubtrocken. „Denkst du, da ist was dran, Heiko?“
    Er rückt näher und boxt mir aufmunternd gegen den Oberarm. „Ja. Das tu ich.“
    „Und? Von wem stammt diese Erkenntnis?“
    Heiko lächelt mich seltsam an, bevor er antwortet. „Von Leander. Er sagte es in einer seiner Sendungen.“
     
    Am Nachmittag kaufe ich einen Strampelanzug und besuche Monika im Krankenhaus. Auf dem Weg zu ihr schlottern mir förmlich die Knie. Mein schlechtes Gewissen entlädt sich wie ein Gewitter, das durch Sturmwolken bricht. Unter seiner Wucht gehe ich mit gebeugtem Rücken auf die Wöchnerinnenstation.
    Kurz vor Monikas Zimmer bleibe ich stehen. Mit feiger Dankbarkeit rufe ich mir ins Gedächtnis, dass sie absolut nichts von Rick und mir weiß. Ich bete, dass es so bleibt.
    Aber da ist noch eine zweite Sache. Und bei dem Gedanken daran schließe ich die Augen. Ich zittere. Obwohl es ein heißer Tag ist, spüre ich eine Kälte in mir, die mich frösteln lässt: Ich bin nicht sicher, ob ich den Anblick des Babys ertrage, das gemeinsam mit meinem verlorenen Kind aufwachsen sollte.
    Wie ferngesteuert legt sich meine Hand auf die Klinke. Fest umklammert sie das glatte Metall. Kurz darauf höre ich ein Knirschen, und als ich die Augen öffne, sehe ich, dass ich bereits im Zimmer stehe.
    Monika sitzt auf ihrem Bett und schaut mich an.
    „Hallo. Ich wollte den neuen Erdenbürger begrüßen“, erkläre ich. Lächelnd lege ich mein Geschenk auf den Tisch neben der Tür.
    Monika nickt. Sie ist noch sichtlich erschöpft von der Geburt, aber stolz und glücklich. Neben ihr, in einem kistenartigen Wägelchen auf hohen Rollenbeinen, schläft ein Baby mit dunklem Haar. Seine zarte Haut schimmert.
    Die Hände mit den unglaublich kleinen Fingern

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