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Meine Seele weiß von dir

Meine Seele weiß von dir

Titel: Meine Seele weiß von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwigs
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„Tschüss, bis übermorgen!“ heraufgerufen hat.
    Ich gähne, recke mich und gehe nach unten.
    In der Küche wartet Rainer Maria. Der Kater maunzt mich vorwurfsvoll an. Ich füttere ihn. Danach backe ich für mich eine Tiefkühlpizza mit Schinken und Champignons, die ich in Leanders Büro esse, während ich ihn herbeisehne und mir wieder einmal eine der Aufzeichnungen seiner Sendung anschaue.
    In dieser sieht er geradezu unverschämt attraktiv aus! Immerzu fällt ihm eine widerspenstige, dunkle Strähne über die Turmalinaugen, die er dann mit einer beinahe sinnlichen Bewegung zurückstreift. Er lächelt dieses unwiderstehliche Lächeln, bei dem sich sein rechter Mundwinkel ein wenig mehr in die Höhe zieht als der linke, und hat nicht den Hauch einer Ahnung, wie anziehend er ist! Wie viele Frauenherzen mögen schneller schlagen, wenn sie ihn anschauen?
    „Unser Thema heute ist: Verborgene Leidenschaft“, kündigt er an. „Wie es ist, heimlich verliebt zu sein.“
    Kaum ausgesprochen, gehen schon die ersten Anrufe ein: Man erfährt von Erik, dass er in die Mutter seiner Frau verliebt ist und sie nur deshalb geheiratet hat, um in der Nähe seiner Schwiegermutter zu sein. Sie wohnen im selben Haus.
    Jan schickt sich selbst regelmäßig Päckchen, weil er in den Paketboten verschossen ist, der zu seinem Bedauern heterosexuell ist. Trotzdem kann Jan nicht darauf verzichten, ihn zu sehen und seine Stimme zu hören. „Auch wenn das ganz schön ins Geld geht“, erklärt er. „Es ist wie eine Sucht.“ Ein Seufzen: „Sehnsucht.“
    Es ruft eine Miriam an, die glaubt, sich in ihren Bruder verguckt zu haben - der findet ihre Gefühle jedoch bestenfalls abartig und hat den Kontakt zu ihr komplett abgebrochen.
    Da ist Mario, Anfang zwanzig, der in einem Altenheim seinen Zivildienst leistet und nun für eine sechsundachtzigjährige Steigerwitwe schwärmt.
    Oh, wie ich liebe meinen Liebsten !, denke ich, und doch, der Liebste weiß es nicht! Die Zeilen stammen aus einem uralten Lied der chinesischen Dschou-Dynastie und fliegen mir von irgendwoher plötzlich zu. Wie seltsam ist das eigentlich, so was zu wissen?
    Ich seufze. Ja, ich bedauere mich ein wenig, weil ich in einer tiefromantischen Stimmung und allein bin. Ich beiße in ein Pizzastück und verschlucke mich beinahe, als Leander seinen nächsten Anrufer mit den Worten begrüßt: „Hier haben wir unsere letzte Anruferin für heute. Auch sie schwärmt heimlich für jemanden: Hallo, Sina-Mareen.“
    „Gute Güte!“, flüstere ich ungläubig.
    „Guten Morgen, Leander.“
    Ein Irrtum ist ausgeschlossen: Das ist meine Stimme im Fernseher.
    Ich bedecke mein Gesicht mit den Händen, als ich das Folgende höre: „Du schwärmst heimlich für eine bestimmte Person, Sina?“
    „Sina-Mareen ... Ich kann es nicht ausstehen, wenn Namen verstümmelt werden.“ Ich lache, wohl um meine Worte zu mildern – hier und jetzt kann ich darüber nur gequält aufstöhnen.
    „Okay: Sina-Mareen, du hast einen heimlichen Schwarm?“
    „Das ist zu wenig gesagt. Ich bin nicht heimlich verliebt, sondern ich liebe jemanden, der davon keine Ahnung hat.“
    „Wie kommt das?“
    „Er kennt mich nicht.“
    „Aha. Das heißt, du bist eine völlig Fremde für diesen Mann?“
    „Genauso ist es.“
    „Und wo bist du ihm begegnet?“
    „Wir sind einander nie begegnet.“
    Leander schweigt den Bruchteil einer Sekunde, dann fährt er fort: „Ich fasse zusammen, Sina .... Mareen: Du liebst einen Mann, dem du nie begegnet bist und der keine Ahnung von deiner Existenz hat?“
    Sina-Mareen, ich kann einfach nicht länger in der Ichform denken, lacht wieder. Diesmal klingt es aufrichtig amüsiert. „Ja! Es fing damit an, dass ich mich in seine Stimme verliebte. Als ich sie zum ersten Mal zufällig hörte, zog sich alles in mir zusammen. Mich ergriff eine unglaublich heftige Freude. Ach, ich kann gar nicht schildern, was ich in diesem Augenblick durchlebte! Es war ein bisschen so, als hätte ich etwas sehr, sehr Kostbares verloren und unerwartet wiedergefunden. Ich war selig.“
    Ich stöhne noch einmal, während der Leander in der Aufzeichnung mit belegter Stimme sagt: „Ich bin sicher, dass unser Publikum das sehr interessiert. Bitte versuch doch, uns noch konkreter zu beschreiben, was in dir vorging.“
    „Es interessiert das Publikum, Leander?“
    Er antwortet nicht.
    Im Fernsehen hört man mich tief Luft holen, als würde ich einen Sprung in die Tiefe planen. „Also gut. Ich hatte das

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