Meine Seele weiß von dir
Steuerfachgehilfin, ich im Handwerk des Goldschmieds und Juweliers.
Wir beide beim Stadtbummel, Skilaufen, Sonnenbaden, in Büchereien oder auf dem Weihnachtsmarkt. Ute und ich, heulend im Kino, als der niedliche Leonardo DiCaprio in Titanic starb .
In der Disco, als sie sich in Tom verliebte.
Beim ersten Essen zu dritt - mit Tom. Das war beim Chinesen, Yellow River hieß das Restaurant. Später dann zu viert, mit Leander.
Ute und ich, Prosecco trinkend, Häppchen essend und in Gespräche vertieft. Ute, wie sie mir ein winziges, schwarzes Kätzchen mit einem weißen Barthaar schenkte, als ich nach Grahben zog. „Damit du nachts nicht so allein bist, wenn Leander zur Arbeit ist.“
Meine beste Freundin bei meiner Hochzeit mit Leander, als meine Trauzeugin.
Ute, die keine Ahnung von meiner Lüge hatte, die ich Leander wegen des Babys erzählte, und annahm, dass ich eine schlimme depressive Phase durchmachte, und es zum Teil auf Eheprobleme schob. Kein Wunder! Schließlich war mein Mann kaum je zuhause.
Hingegen machte sie keinen Hehl aus ihrer Missbilligung, als ich ihr mein Verhältnis beichtete und ihr die Zeichnung des gesichtslosen Engels mit dem lodernden Haar präsentierte.
Befremdet musterte sie mich. „Ein wunderschönes Bild, keine Frage. Aber bist du sicher, dass dies der richtige Weg ist, um deine Ehe zu retten? Ehrlich gesagt, ich denke das nicht! Du solltest eine Brücke zu deinem Mann hin bauen – nicht von ihm weg . Und deinen Maler, den kann ich auch nicht verstehen! Was sagt er dazu, dass du verheiratet bist? Oder nutzt er deine angeschlagene Psyche zu seinem Vergnügen aus?“
Einen unerträglichen Moralapostel hatte ich sie genannt und nie wieder eine Silbe über mein Verhältnis fallen lassen oder ihre Fragen diesbezüglich beantwortet. Es ließ sich nicht leugnen, dass sich ein tiefer Riss durch unsere Freundschaft zog. Und dann der Tag, an dem Ute und ich uns zum letzten Mal gestritten hatten. Hier, in diesem Zimmer ...
*
Ostern waren Ute und Tom drei Wochen lang mit dem Wohnmobil durch Dänemark getourt. Als ich sie nach ihrer Rückkehr besuchte, pfiff ich unwillkürlich durch die Zähne. Sie sah einfach klasse aus! Frischer Teint, ausgeruht. Sie war sogar schlanker geworden! Aber das allein war es nicht. Nein, sie schien mir tiefgreifender verändert, eine Art Leuchten ging von ihr aus.
Gut gelaunt sprang sie mir entgegen. „Sina-Mareen! Komm rein!“ Übermütig zog sie mich ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch stand nicht der übliche Prosecco, sondern echter französischer Champagner.
„Wo ist Tom?“
„In der Autowerkstatt. Irgendwas stimmt mit dem Wohnmobil nicht. Die Kupplung oder so. Die letzten Kilometer hatten wir ein paar Schwierigkeiten.“
Ute war aufgekratzt und überdreht. Sie hielt mir ihre rechte Hand hin. „Du sollst es als Erste erfahren: Seit dem 20.März heiße ich Ute Herzsprung-Herder!“
Das Lachen sprudelt nur so aus ihr heraus.
„Ja! Ja! Ja! Herzsprung-Herder!“ Noch ein wildes Gelächter. „Tom hat mich in Dänemark während eines Stadtbummels in Esbjerg gefragt, ob ich ihn heiraten will. Ich habe ja gesagt und im Spaß gefragt: „Jetzt sofort?“ Und er nickte und zeigte auf das Gebäude, vor dem wir standen. „Da drin“, sagte er. Es war das Rathaus.
Ich konnte keinen Pieps hervorbringen. Er hatte heimlich alles von zu Hause aus arrangiert und die nötigen Papiere vorab per Post hingeschickt. Als dann die Bestätigung kam, hat er die Ringe gekauft, mich ins Wohnmobil gesetzt und ist mit mir nach Esbjerg gefahren. Findest du das nicht auch schrecklich romantisch?“
„Es hält sich in Grenzen“, erwiderte ich beißend. In letzter Zeit hatte ich eine Abneigung gegen glückliche Ehefrauen entwickelt.
Sie bemerkte es nicht mal, schwatzte unbekümmert weiter: „Wusstest du, dass man sich als Ausländer nur zwei, drei Tage in Dänemark aufhalten muss, um getraut werden zu können?“
„Nein.“
„Aber so ist es. Sina-Mareen, es war alles wie im Traum. Ich trug nur das einfache, geblümte Kleid, das mit dem weiten Rock und den langen Ärmeln.
Tom war in Jeans und Shirt und ich sah zu, wie er bei einem Straßenhändler einen Strauß Rosen kaufte und ein altes Paar ansprach, ob sie unsere Trauzeugen sein wollten. Sie wollten! Und so haben wir geheiratet.“
Eigentlich hätte ich mich freuen sollen, eigentlich hätte ich in ihren Jubel einfallen, sie umarmen, mit ihr lachen und den Goldreif an ihrem Finger bewundern sollen. Eigentlich
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