Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Seele weiß von dir

Meine Seele weiß von dir

Titel: Meine Seele weiß von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwigs
Vom Netzwerk:
hätte ich ihren neuen Namen laut sagen müssen: „Ute Herzsprung-Herder. Wie das klingt! Ich gratuliere, ich wünsche euch alles Liebe und Gute, du alte Geheimniskrämerin!“
    Eigentlich! Hätte ich sollen. Stattdessen benahm ich mich wie ein beleidigter Teenager. „Was soll das heißen?“, quetschte ich hervor.
    „Habe ich doch gerade gesagt: Ich bin verheiratet.“ Ihr Lachen erstarb, das Strahlen in ihren Augen ließ nach, drohte zu verlöschen.
    „Ohne vorher ein Wort zu sagen?“
    „Ich wusste es ja selbst nicht.“
    „Mit wildfremden Trauzeugen statt deiner besten Freundin? Deiner angeblich besten Freundin?“, ätzte ich.
    „Aber Sina-Mareen, ich ...“
    „Ich, ich, ich! Kannst du noch an was anderes denken?“
    „Sag mal, spinnst du?“ Jetzt war ihre Stimme ein wütendes Fauchen. „Sollte Tom dich vorher um Erlaubnis fragen, oder was?“
    „Zumindest hättet ihr ...“
    „Was?“, fuhr sie dazwischen. „Deinen Segen erbitten sollen? Dich sofort anrufen und alles haarklein berichten, statt ein paar Flittertage miteinander zu genießen? Was bildest du dir eigentlich ein?“
    „ Soll ich dir mal was sagen , Ute? Mir ist es scheißegal, was du machst. Scheißegal!“
    Wie zwei wütende Katzen standen wir voreinander und funkelten uns an.
    „Und du?“, stieß sie provozierend hervor. „Erzählst du mir immer alles, Sina-Mareen? Ich meine, wirklich alles?“ Sie legte eine Kunstpause ein, wohl, damit ihre folgenden Worte mich umso härter trafen – was sie auch taten: „Mein Engel?“
    Da schlug ich ihr ins Gesicht.
    Es klatschte überlaut. Meine Handflächen brannten. Auf ihrer Wange zeichneten sich beinahe sofort meine Finger ab.
    Sie tat nichts. Gar nichts. Sie schrie nicht, weinte nicht, sie schlug nicht zurück. „Ich hatte mal eine Freundin“, sagte sie mit schmerzlicher Ruhe. „Eine beste Freundin. Dreiundzwanzig Jahre lang. Doch das ist jetzt vorbei.“
     
    *
    Keine angenehme Erinnerung!
    Aber was soll ich tun? Gewesen ist gewesen, ich kann es nicht ungeschehen machen, mich nur bemühen, es wieder in Ordnung zu bringen, so gut es geht.
    „Ich hatte mal eine Freundin“, sage ich deshalb zu ihr. „Eine beste Freundin. Wir waren zusammen traurig. Und glücklich. Wir waren zusammen zornig und guter Dinge. Wir haben zusammen gelacht. Geweint. Und gestritten. Wir haben vieles geteilt. Den schlimmsten Kummer und die größte Freude. Unser Motto war: Bin immer für dich da. Deswegen frage ich mich, warum ich mich dermaßen blöd verhalten habe.“
    Ute runzelt die Stirn. „Was willst du damit sagen?
    „Na was wohl? Es tut mir unendlich leid. Ich bin wirklich ein mieses Stück gewesen.“
    Mit verschränkten Armen sitzt sie mir gegenüber, die Lippen fest zusammengepresst. „Tja. So ist das nun einmal mit uns Weibern“, sagt sie. „In Wahrheit sind wir viel aggressiver als Männer – denn wir verletzen die Seele.“
    „Ich wollte niemanden verletzen. Am allerwenigsten dich oder deine Seele.“ Ich stehe auf, gehe zu ihr und setze mich neben sie. Ganz nah sitzen wir beieinander. Ich bräuchte nur eine Hand auszustrecken, um sie um ihre Schultern zu legen oder ihren Arm zu berühren. Doch ich traue mich nicht.
    „Aber wir haben auch ein großes, großes Herz“, meint Ute und schließt mich in die Arme.
     
    „Wie es aussieht, erinnerst du dich wieder?“
    Wir haben uns einigermaßen beruhigt. Ute, die, wie sich herausstellt, in den letzten Wochen oft mit Leander telefoniert hat und somit auf dem Laufenden ist, kommt mit einer zweiten Flasche Prosecco in der einen und dem Tablett Bruschetta in der anderen Hand aus der Küche zurück.
    „Ja. Ein wenig. Leider nicht so, wie ich es gerne hätte.“
    „Was heißt das?“
    „Das Gedächtnis rückt mit den Erinnerungen nicht auf Befehl heraus, sondern aufgrund irgendwelcher Auslöser. Meistens ist mir noch nicht einmal bewusst, was die Erinnerung eigentlich ausgelöst hat. Aber heute war es anders.“ Ich schildere ihr, was am Morgen im Supermarkt passiert ist, und erzähle ihr außerdem, dass ich mittlerweile davon überzeugt bin, dass Doktor Romberg mit seiner Verdrängungstheorie womöglich recht hatte.
    „Was genau besagt diese Theorie?“
    „Was genau? Tja. In etwa ist es wohl so, dass sich mein Geist gegen emotional zu aufwühlende Erlebnisse sperrt und sich zur Wehr setzt, um mich zu schützen. Er lässt sie nicht an mich heran, sondern blendet bestimmte Gefühle und Erlebnisse einfach aus. Deshalb sind diese vermutlich

Weitere Kostenlose Bücher