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Meine Seele weiß von dir

Meine Seele weiß von dir

Titel: Meine Seele weiß von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwigs
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habe.“
    Er steckt seine Hand in die Hosentasche, zieht sie heraus und hält etwas umklammert. „Lass das Schicksal doch entscheiden, so wie in der Vergangenheit.“
    Er öffnet die Faust.
    Auf seiner Handfläche liegt ein Fünfzigcentstück, und es ist eine belgische Münze. „Bei Kopf wird weiter erzählt, bei Zahl geschwiegen. Was sagst du, Sina?“
    „Es ist deine Entscheidung.“ Ich spreche höher als sonst, aber nicht viel, und ich bin erstaunt, wie gefasst ich mich letztlich anhöre.
    Leander wirft die Münze, fängt sie auf, knallt sie auf die Tischplatte und legt sofort seine flache Hand darüber. Für die Dauer eines Wimpernschlages blicken wir beide darauf. Dann hebt er seine Hand. Die Rückseite der Münze leuchtet kupfern auf. Und mit ihr der Kopf des belgischen Königs, Albert II.
    „ Na schön “, sage ich leise .
    Leander entgegnet nichts.
    Er steckt die Münze in seine Tasche zurück und wirkt nach außen gelassen. Aber ich sehe, wie er krampfhaft schluckt, als ich fortfahre.
     
     
    Kapitel 37
     
    Rick und ich trafen uns in den Jagdstuben - was umso einfacher war, da Leander sich eine andere Bleibe gesucht hatte. Er war jetzt viel in Berlin, aber wenn er hier war, wohnte er bei einer Claudia Westermann. Vorübergehend, wie er mir telefonisch mitteilte. Es sei eine Notlösung, bis wir uns beruhigt hätten. Und er nannte mir ihre Adresse.
    „ Ich will mich nicht beruhigen“, versicherte ich ihm. „Und unter diesen Umständen will ich auch nicht länger unter deinem Dach leben. Weder mit dir, noch ohne dich. Ich werde mir eine eigene Wohnung suchen. Und ...“
    „Ja?“
„Ich will die Scheidung.“
    Das Gespräch ließ mich irgendwie taub zurück, so als ginge mich das Ganze nichts mehr an. Aber ich zog meine Konsequenzen, indem ich einen Anwalt aufsuchte und tatsächlich die Scheidung einreichte. Warum ich deswegen weinte, wusste ich nicht.
    Auch nicht, warum ich keine einzige Folge von Leander Late Night versäumte.
     
    Rick schaffte sich ein neues Handy an. Auf diesem Apparat war er nur für mich zu erreichen, niemand sonst wusste davon. Wenn ich ihn treffen wollte, schickte ich eine SMS an die 0177/669 441 082 . Nur Datum und Uhrzeit, und er bestätigte, dass er meine Nachricht gelesen hatte und da sein würde, mit einem Symbol: ♥ Das hatte sich irgendwie so eingespielt.
    Rick war jedes Mal vor mir da. Ich habe nie gefragt, wie er sich von Monika freimachen konnte. Das ging mich nichts an.
    Unsere nächtlichen Treffen waren reichlich bizarr.
    Meistens redeten wir nicht. Wir machten so wenig Licht wie möglich, zündeten nur Kerzen an, die wir mitbrachten, und zogen uns aus.
    Gegenseitig.
    Stück für Stück.
    Wir berührten uns. Im Gesicht. An den Lippen. Augenlidern. Wangenknochen. Wie Blinde auf der Suche nach etwas. Unsere Hände spielten miteinander, unsere Finger wurden zu Tastinstrumenten.
    Wir betrachteten uns. Über Stunden konnten wir uns ansehen und ich glaube, jeder suchte und fand in seinem Gegenüber Bruchstücke dessen, was er sehen wollte, wonach er sich – heimlich oder ganz offen - sehnte.
    Rick malte mich. Er fertigte Zeichnungen und Skizzen an, und manchmal schenkte er mir eine. Auf keiner einzigen hatte ich ein Gesicht.
    Ich dämmerte oft vor mich hin, verlor mich in Träumereien, und wenn ich flüsterte: „Bist du da?“, war da stets eine tiefe Stimme, die mir versicherte, was ich hören wollte. Und dann träumte ich weiter. Ich bemerkte es nicht, aber ich hatte mich vollkommen verloren. Verirrt auf einem Weg, den ich kaum noch erkennen konnte ...
     
    Doktor Bornfeld, der ich mich bei der abschließenden Nachuntersuchung halbwegs über meinen seelischen Zustand anvertraute, hatte mir vorgeschlagen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
    „Das brauche ich nicht“, wehrte ich ab und fügte bitter hinzu, dass ich doch erst im dritten Monat gewesen war.
    Befremdet schaute sie mich über ihren Schreibtisch hinweg an. „Das stimmt. Aber es spielt keine Rolle, wie weit Sie waren. Sie leiden meiner Meinung nach an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die Trauer nach einer Fehlgeburt verläuft sehr häufig in ähnlichen Phasen wie nach dem plötzlichen Tod eines geliebten Menschen. Es ist ein Schock. Egal, in der wievielten Schwangerschaftswoche. Bei Ihnen scheint das der Fall zu sein und ich bin überzeugt, dass Sie seelische Unterstützung brauchen. Sie reagieren emotional extrem stark auf Ihr Verlusterlebnis. Möglicherweise zu stark.“
    Meine

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