Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Spur löscht der Fluß

Meine Spur löscht der Fluß

Titel: Meine Spur löscht der Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
Vom Netzwerk:
geschlossenen Fenstern zur Seite, Kinder liefen hinter ihnen her.
    Der Bahnsteig, fand Webber, war auch im Gegensatz zu sonst sehr belebt. Es waren auffallend viele Männer da. Führten die irgend etwas im Schild? Webber klopfte wieder auf seine Pistolentasche. Es war immer gut, wenn man sich überzeugt hatte, daß sie nicht leer war.
    Waterman beobachtete inzwischen seinen neuen Freund. Sicherlich war der voll Furcht.
    Der Indianer stand da, mit nackten Füßen, in einem Konfektionsanzug aus zweiter Hand und beobachtete alles aus seinen weit auseinanderstehenden Augen.
    Er muß ein großes Gesichtsfeld haben, dachte Waterman bei sich.
    Der Indianer sah die glänzenden eisernen Spuren, die sich in der Ferne verloren, und er brachte sie sofort mit dem riesigen Dämon in Zusammenhang, von dem ihm seine Mutter schon in seinen Kindertagen erzählt hatte.
    Dieser Dämon folgte dem weißen Mann überallhin, wohin er auch seine Schritte lenkte. Er folgte ihm auch ins Indianerland, aber die Indianer brauchten sich nicht vor ihm zu fürchten, hatte seine Mutter immer wieder gesagt. Er hatte seinen Pfad und konnte nicht von ihm abweichen. Nie hatte ein solcher Dämon einen Indianer verfolgt, obwohl in seinem Kopf ein Weißer saß, der ihn offenbar lenkte, aber vielleicht war er auch nur ein Gefangener des Dämons.
    Der rote Mann holte tief Luft.
    Jetzt hörte er aus der Ferne ein erstes Geräusch. So wie er es täglich zweimal in seinem Land oben am Mill Creek und Deer Creek gehört hatte, und manchmal hatte er auf seinen Streifzügen den riesigen Wurm unter sich hinkriechen sehen, keuchend, hustend, schnaufend.
    Und dann kam das Ungetüm heran, es vergrößerte sich schnell, bald waren zwei riesige Augen zu erkennen und die schwere schwarze Wolke darüber. Er mußte seine Angst niederkämpfen, um nicht wegzulaufen, er umkrampfte einen Zipfel seiner Jacke und rückte näher zu Waterman hin, da schoß auch schon das Monstrum mit unvorstellbarem Lärm an ihm vorbei, sein Gluthauch traf ihn, versengte ihn aber nicht. Und nun sah er die vielen Häuser, aus denen der Dämon sonst noch bestand, und die allesamt größer waren als das größte Haus der Yahi, das er je gesehen hatte. Sie flitzten an ihm vorbei, bis der Zug hielt.
    Als er nach dem Professor und vor Batwi den Waggon betrat, schrak er erneut zurück, wegen der vielen Leute, die da schon saßen. Und später, der Zug hatte sich wiederum in Bewegung gesetzt, hielt es ihn nicht auf seinem Fensterplatz, den ihm Waterman großzügig überlassen hatte, die Landschaft streifte zu schnell vorüber.
    Batwi, der angepaßte Indianer, spielte inzwischen den Part des Mannes von Welt, der sich hier auskannte, der wußte, wozu alles da war. Er hatte dem Professor die Reisetasche ins Gepäcknetz gehoben und saß nun auf seiner Bank mit übereinandergeschlagenen Beinen. Später stopfte er sich eine Pfeife und wußte sogar, in welches Kästchen das abgebrannte Feuerholz gehörte.
    Der Neue, wie ihn Waterman bei sich nannte, ließ sich eine Zündholzschachtel zeigen. Die war nun gewiß nichts Großartiges, aber für ihn war sie ein Wunder. Als Waterman ihm zeigte, wie man Feuer macht, wie er das Streichholz halten und gegen die Reibfläche zu reiben hatte, wagte er nicht, es auch zu versuchen.
    Es war für ihn unvorstellbar, wenn man es genau bedachte. Für ihn, den Wilden, war die Arbeit des Feuerma-chens noch immer eine eher langwierige Prozedur gewesen, er mußte die richtigen Holzarten dafür suchen und finden und brauchte Schutz vor Regen und allzu starkem Wind. Und dann mußte er seine Energie und seine Geschicklichkeit einsetzen. Und hier rieb man mit einem winzigen Holz eine winzige Fläche entlang und hatte Feuer.
    Als der Zug auf offener Strecke hielt, sichtlich, um einen Gegenzug abzuwarten, stand Batwi auf und ließ ein Fenster herunter. Auch darüber erschrak der Neue. Er dachte, das Fenster sei verloren und könne nie mehr wieder auf seinen alten Platz zurückgebracht werden. Er atmete erleichtert auf, als Batwi das Fenster wieder hochzog und schloß.
    Später wurde es dunkel, und Waterman zeigte ihm in einer Kurve den Feuerschein über der Lokomotive. Funkenschwärme stoben hoch und flogen an ihrem Fenster vorbei. Der Indianer war voll Furcht und begriff nichts. War Feuer die Nahrung des Dämons? Wie sollte sich jemand hier zurechtfinden, der nie über die engen Grenzen des Yahilandes hinausgekommen war, begreifen, wozu das Feuer bei einer Dampflokomotive diente? Seine Wege

Weitere Kostenlose Bücher