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Meine Spur löscht der Fluß

Meine Spur löscht der Fluß

Titel: Meine Spur löscht der Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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zu starkem, gesundem Mann. Auch bei Baby ging Frau in Frauenhaus, kam erst zurück, wenn sie nicht mehr blutete. Vater gesund, Mutter gesund, Kind gesund. «
    »Das ist doch Unsinn«, murrte Popy schläfrig, »das läßt sich doch gar nicht beweisen.«
    »So, läßt sich nicht? Wieviel Männer sind im Krankenhaus, wieviel Frauen? Hm?«
    »Aber das hat doch nichts damit zu tun.«
    »Du redest so, weil du nicht weißt. Frauen und Männer viel zu nahe beisammen im Krankenhaus. Männer werden noch schwächer.«
    »Ich bitte dich, kein Wort mehr über das Krankenhaus.«
    »Gut«, sagte Ishi. »Du schaust auch nicht auf dich.«
    »Ich?« fragte Dr. Pope, »was mache ich denn falsch?«
    »Ißt Butter. Butter ist nicht gut für Mann, ruiniert Singstimme. Sing!«
    Popy war nie ein großer Sänger gewesen, trotzdem machte er jetzt einen Versuch. Er verlief eher kläglich. Ein Vogel in einem nahen Baum flog zeternd davon.
    »Kommt von Butter«, sagte Ishi triumphierend. »Noch etwas«, sagte Ishi nach einer Weile. »Siehst auch nicht auf deinen Kopf.«
    »Wieso?«
    »Ißt weiche Eier. Weiche Eier nicht gut für Kopf. Macht Erkältungen im Kopf. Harte Eier mußt du essen.«
    »Ich werd’ mir’s merken«, sagte Dr. Pope und gähnte.
    Aber Ishi war mit seinen Vorwürfen noch nicht am Ende. »Weißer Mann kocht auch schlecht. Kocht alles viel zu lange. Weißer Mann tut gute Nahrungsmittel in einen Topf voll kochendes Wasser. Läßt es lange Zeit drin. Essen kocht zu fest, zu lang. Fleisch verdirbt, Gemüse verdirbt. Gute Nahrungsmittel werden schlecht. Richtig kochen ist wie Eichelbrei bei den Yahi. Gib kaltes Wasser in einen Korb, lege heiße Steine in Wasser, bis es blubbert. Jetzt Eichelmehl hinzu. Es kocht, >pukka-pukka<. Dann ist fertig. Auf die gleiche Art mach Hirsch-Stew oder Kaninchen-Stew. Koch >pukka-pukka<. Nicht zu lang. Fleisch fest, Brühe klar, Gemüse gut, nicht weich und auseinandergefallen.«
    »Noch etwas?« fragte Popy und gähnte wieder.
    »Weißer Mann fürchtet sich vor Klapperschlange.«
    »Klapperschlangen sind gefährlich.«
    »Weil weißer Mann nicht weiß, was hilft.«
    »Und was hilft?« fragte Pope. »Harte Eier essen?«
    Ishi schwieg lange, weil er bei Popy Interesse spürte.
    »Also was hilft?« fragte Dr. Pope noch einmal und richtete sich auf.
    »Kröte hilft oder Frosch.«
    Jetzt saß Dr. Pope aufrecht. »Kenne ich«, sagte er. »Wenn die Klapperschlange zubeißt, schnell Frosch oder Kröte nehmen und der Klapperschlange in den Mund stecken.«
    »Nein«, sagte Ishi fast gekränkt, aber doch überlegen. »Kröte oder Frosch auf Klapperschlangenbiß binden. Das hilft.«
    »Wirklich?« fragte Dr. Pope.
    »Selbst gemacht.«
    »Und war es wirklich eine Klapperschlange?«
    »War.«
    »Ishi?«
    »Ja?«
    »Würdest du einmal mit mir in euer Land zum Mill Creek und Deer Creek fahren?«
    Ishi riß es hoch. »Ich? Nein! Nie mehr!«
    »Ich nehme meinen Jungen mit. Und natürlich nehmen wir auch Kroeber und Waterman mit. Ishi, es wird eine herrliche Zeit.«
    »Nein!« rief Ishi. »Nie! Hier einen Tag in Sutro Forest, das geht. Aber was machst du viele Tage, wo schläfst du in der Nacht? Es kann kalt sein, naß, neblig. Es gibt Wildkatzen, Berglöwen, Klapperschlangen...«
    »Wir werden vorher viele Frösche fangen. Jeder muß einen Frosch in der Hosentasche tragen.«
    »Du hast kein Bett, keinen Tisch, keinen Stuhl. Kein Licht, keine Wasserleitung. Kein Haus!«
    »Wir nehmen große, feste Zelte mit.«
    Ishi schüttelte nur stumm und verzweifelt den Kopf.
    Dr. Pope schwieg und sagte nur noch: »Es muß ja nicht morgen sein.«
    Aber schon in den nächsten Tagen sprach er zuerst mit Waterman und dann mit Kroeber über seinen Plan. Er schilderte den beiden Professoren in den leuchtendsten Farben, was alles für ihre Wissenschaft bei diesem Unternehmen herausschauen könnte, und versäumte es nicht, auf Ishis erschrockene Ablehnung hinzuweisen. Er lieferte auch eine Erklärung dafür. Ishi dachte sicherlich an seine letzten drei einsamen Jahre oben im Yahiland, und das war ja nun fürwahr kein Honiglecken gewesen. Er fürchtete sicher für sein Leben. Man mußte ihm klarmachen, daß er unter ihrem Schutz stand.
    Als Waterman Ishi den Plan unterbreitete, wehrte sich Ishi noch immer. Wiederum zählte er alle Gefahren auf, , aber er resignierte bereits. Seine Einwände kamen nicht mehr so eindringlich wie bei Popy. Er saß zusammengesunken auf seinem Stuhl, sah sich in seinem Zimmer um und fragte: »Warum wollt ihr

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