Meine Spur löscht der Fluß
seine Unterschrift geübt hatte.
Er zählte sorgfältig und genau, was der junge Edward Gifford nur für eine Art Spiel hielt, denn er wußte wie Waterman und Kroeber, daß Ishi nur bis zehn zählen konnte. Waterman und Kroeber hatten schon bei früherer Gelegenheit Ishi gebeten zu zählen, was Ishi auch gern anhand seiner Finger tat.
Er zählte: »baiyu, uhmitsi, bulmitsi, daumi, djiman, baimami, uhmami, bulmami, daumima, hadjad.« Bei zehn — »hadjad« — hörte Ishi auf.
»Weiter«, sagte Waterman. »Los, zähl weiter. Was kommt nach hadjad?«
»Nichts«, sagte Ishi verständnislos.
»Nichts weiter?«
Die zwei Professoren guckten einander ratlos an. Das Zählsystem aller anderen drei Yana-Dialekte stimmte fast überein, abgesehen von Eigenarten der Betonung oder einiger Konsonantenverschiebungen. Aber sowohl die Nord- wie die Mittel- und die Südyana hatten mühelos weitergezählt.
War das Zählen nun nur Ishis schwache Seite oder versagte hier der ganze Stamm der Yahi?
Den Professoren blieb dies ein Rätsel.
Nun aber kam Kroeber ins Zimmer, als Ishi gerade seinen Silberschatz auf dem Tisch ausgebreitet hatte und wieder begann, Türmchen zu stapeln. Die Türmchen waren so hoch, als enthielten sie die vierzig Stück, die in eine Rollfilmbüchse hineingingen.
Kroeber trat hinzu und wies auf einen Turm: »Wieviel?« fragte er. »Wieviel Geld ist das?«
Ishi blickte auf, lächelte und sagte, als sei das eine sehr kindische Frage: »daumistsa« — vierzig.
»Und der halbe Turm?« Kroeber war nun richtig gespannt. Ishi lachte noch mehr: »uvhsiwai« — zwanzig.
Und so ging es weiter, drei halbe Türmchen waren »baimamikab« — sechzig, und zwei volle Türmchen waren »bulmamikab« — achtzig. Ishi und die Yahi konnten also doch zählen! Kroeber ging jetzt über hundert und auf ungerade Zahlen, alles zählte Ishi, aber er zählte nur, wenn er etwas zu zählen hatte. War nichts zum Zählen da, zählte er nicht. Für ihn war eine Zahl nur vorstellbar in Verbindung mit etwas, das gezählt werden konnte. Waren das nun Kaninchen, Vögel, Fische, Schmuckstücke, Steine oder Münzen.
Kroeber stürzte sofort zum Telefon, um Waterman anzurufen und ihm die Entdeckung mitzuteilen.
Ishi verstand nicht ganz, warum Kroeber sich so freute, wo die Münzen doch gar nicht ihm gehörten, sondern Ishi.
Sorgfältig steckte er die Vierzigertürmchen in die Büchsen, verschloß sie und übergab sie wieder Gifford.
»Stimmt«, sagte Ishi lächelnd und sah zu, wie Gifford das Geld wieder auf seinen Platz im Tresor stellte und sorgfältig abschloß.
»Ishi«, sagte Gifford nachher, »meine Frau würde gern einmal mit dir in den Wald gehen, du kennst doch viele Kräuter, sie möchte das von dir lernen.«
Ishi begriff. »Wann?« fragte er.
»Nächsten Samstag?« fragte Gifford.
Ishi nickte.
»Fein«, sagte Gifford, »und nachher kommst du mit zu uns. Es gibt ein gutes Dinner, und wenn du willst, kannst du bei uns übernachten.«
Ishi ging mit Delila Gifford in den Sutro Forest, wo er schon zweimal mit Popy gewesen war. Aber diesmal wurde es ein ganz anderer Waldtag. Als sie die ersten Schritte im Wald machten, befielen Ishi Zweifel, ob Mrs. Gifford tatsächlich eine >saltu< war. Sie bewegte sich anders, sie benahm sich anders. Sie erweckte den Eindruck, als wäre sie hier zu Hause. Ihre Schritte waren kaum zu hören. Nie trat sie achtlos auf einen dürren Ast. Und außerdem war sie sehr gut erzogen, sie redete ihn an, ohne seinen Namen zu nennen.
Als sie auf ihrem Streifzug eine kleine Pause machten, setzte sie sich ins trockene Moos und lehnte sich an einen Baumstamm.
Er war stehengeblieben und setzte sich erst, als sie mit ihrer Linken auf den Moosteppich klopfte.
Ishi verhielt sich allen Frauen gegenüber, und er hatte jetzt nur mehr mit weißen Frauen zu tun, streng nach Yahi-Etikette. Nie hätte er als erster eine Frau angesprochen, immer wartete er, bis er angesprochen wurde. Er machte dabei auch keinen Unterschied zwischen jung und alt. Sein Benehmen änderte sich nicht, ob er nun Frau Waterman, ihre Tochter oder ihre Schwiegermutter vor sich hatte. Er sah nie eine Frau direkt an. Auch das galt bei den Yahi als unschicklich.
Alle Frauen, die mit Ishi zu tun hatten, mochten ihn sehr, sie schätzten ihn, und sie sprachen nur mit großer Achtung von ihm.
Und nun saß Ishi neben Mrs. Gifford und spürte, daß sie anders war. Er spürte, daß ihr das Moos vertraut war und der Baum, an den sie beide ihre
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