Meine Tochter Amy (German Edition)
Amy in eine psychiatrische Klinik einzuweisen, aber ich meinte, wir müssten sie das ausleben lassen. Amy einweisen zu wollen hatte sich als zwecklos erwiesen, als es ihr tausend Mal schlechter ging als jetzt, das hatte also keinen Sinn. Ich blieb den Rest des Tages bei ihr, und als sie wieder nüchtern war, führten wir ein langes Gespräch.
Sie erzählte mir, was in der Nacht zuvor passiert war – es war nicht das, was ich erwartete. „Ich war in der Kneipe auf der Toilette, da kam ein Mädel zu mir“, sagte sie. „Sie wollte, dass ich zu ihrer Freundin Hallo sage, die ein großer Fan sei und so. Ich setzte mich zu ihr an den Tisch, sie saß im Rollstuhl. Wir unterhielten uns eine Weile, und ich bat sie, mir ehrlich zu sagen, ob es ihr schwerfiel, über die Runden zu kommen. Eigentlich war ich mir der Antwort sowieso bewusst, und am Ende gab ich ihr alles, was ich an Geld dabeihatte, fast hundert Pfund. Sie wollte es nicht nehmen, aber ich bestand darauf und konnte dann meine Rechnung nicht mehr bezahlen.“
„Eine schöne Geschichte, Amy, und das war sehr nett von dir“, sagte ich. „Erinnerst du dich noch an das behinderte Kind am Flughafen von Nizza?“
„Nizza?“ Sie sah mich verwundert an. „O ja, die Mutter sagte, sie traue sich nicht herzukommen, weil sie meinte, ich verprügle sie. Ha, ha, ha. So was hab ich damals gemacht, stimmt’s?“
„Es ging dir damals nicht besonders, aber die Mutter hat sich später bei mir gemeldet und gemeint, du warst sehr nett zu ihrer Tochter. Du hast dich eine Stunde lang mit ihr unterhalten, sie war begeistert. Du bist ein guter Mensch, Amy.“
Sie seufzte. „Papa, gestern mit diesem Mädchen, da ist mir klar geworden, was für ein Glück ich habe. Ich habe das alles wirklich, wirklich satt. Ich habe beschlossen, dass es das war mit dem Trinken, und diesmal meine ich’s ernst.“
Ich blieb skeptisch – so was hatte ich schon so oft gehört, erst mit den Drogen, dann mit Alkohol –, aber ich gebe zu, ich klammerte mich immer noch an die Hoffnung, es könne der Beginn der letzten Phase von Amys Heilung sein.
Die nächsten paar Tage ließ sie die Finger vom Alkohol, und als Raye sie besuchte, war sie nach wie vor trocken. Eine schwierige Entscheidung stand an: Tony Bennett wollte, dass sie auf seinem zweiten Duettalbum mit ihm singt, und Amy sollte an diesem Morgen den Song aussuchen. Tony hatte Raye fünf oder sechs Vorschläge mitgegeben. Amy wählte „Body And Soul“, weil „mein Papa es liebt“.
Ich war geschmeichelt. „Das ist toll“, sagte ich. „Kennst du den Text?“
„Natürlich kenne ich den Text, Papa“, lachte sie. „Ich bin deine Tochter. Du singst mir ‚Body And Soul’ seit 27 Jahren vor.“
Da hatte sie recht. Ich hatte es oft im Auto geschmettert, wenn ich sie von der Schule abholte.
Es freute mich, dass Amy beteuerte, sie trinke weiterhin nichts, und wir unterhielten uns über die Wohnung am Jeffrey’s Place. Naomi hatte dort eine Zeit lang gewohnt, aber seitdem stand sie leer und musste renoviert werden. Jane und ich lebten noch in Kent, und Amy meinte, während ihres Heilungsprozesses wäre es ihr lieber, uns näher bei sich zu haben. Sie schlug vor, die Wohnung herzurichten, damit Jane und ich zumindest einen Teil der Woche dort wohnen könnten. Ich fand die Idee gut, und als ich Jane davon erzählte, war sie ebenfalls dafür.
Der April begann schlecht. Amy trank nur einen Tag, das genügte jedoch, um mich zu deprimieren. Sie erholte sich anscheinend einigermaßen schnell und war wütend auf sich. Die Sache mit Reg werde langsam besser, erzählte sie mir, aber sie sehe ihn noch nicht so oft, wie sie sich insgeheim wünschte. Wenn Reg an etwas arbeitete, vertiefte er sich total und vergaß oft die Zeit. Eines Abends hatte er Amy versprochen, sie um zehn zum Abendessen abzuholen. Sie war um zehn (oder wie ich sie kannte, wohl eher um elf) angezogen und wartete, als Reg anrief und sagte, er sei noch bei der Arbeit und komme etwa eine Stunde später. Laut Amy kam er dann erst gegen zwei.
„Du musst verstehen, wie Reg ist, wenn er arbeitet“, sagte ich.
„Ich weiß, Papa“, erwiderte sie. „Ich werd’s versuchen.“
Am nächsten Morgen rief Amy an, um mir zu sagen, dass es ihr nicht gut gehe. Dr. Romete war bei ihr und empfahl, sie in die London Clinic einzuweisen, weil die Entgiftung Probleme bereitete. Ich kam eine Stunde später. Inzwischen ging es Amy einigermaßen, ich blieb bei ihr, und wir plauderten bis
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