Meine Tochter Amy (German Edition)
Drinks genommen. Das war zu erwarten, deshalb schimpfte ich sie nicht, sondern erinnerte sie daran, dass es mit den Drogen genauso war: Damals hatte sie zahlreiche Rückfälle erlitten. Leider wusste ich inzwischen einiges über Süchtige. Rückfälle waren Teil der Entwöhnung.
Leider gab es neben den Rückfällen noch andere Gefahren. Eines Morgens rief mich relativ früh der amerikanische Blake an. Er war in den USA, und während er über Skype mit Amy sprach, erlitt sie einen Anfall. Ich alarmierte sofort den Sicherheitsdienst im Hotel Langham, wo Amy immer noch wohnte. Als die Security in ihr Zimmer kam, war sie okay und konnte sich wie die meisten Leute, die diese schreckliche Erfahrung machen, nicht an den Anfall erinnern. Ich sagte, ich käme vorbei, aber sie versuchte mich zu überzeugen, das sei unnötig: Sie fühle sich gut und werde sich hinlegen. Ich fuhr trotzdem rüber. Da Amy schlief, weckte ich sie. Besonders gut sah sie nicht aus, also brachte ich sie in die London Clinic. Obwohl sie nicht getrunken hatte, behielt man sie zur Beobachtung da.
Dass Amy die Entgiftung ohne medizinische Betreuung durchführte, erschien mir schon lange riskant, und nach dem letzten Anfall sah sie das auch selbst ein. Am nächsten Tag traf ich Dr. Romete, die mir erklärte, dass der Entzug Anfälle auslösen könne, zu denen Amy sowieso neigte. Ich bat sie, einen Plan zur Entgiftung unter ärztlicher Aufsicht auszuarbeiten.
Am Morgen ging es Amy dann viel besser. Ich führte das darauf zurück, dass sie an einem „sicheren Ort“ war, wo sie erst mal bleiben wollte. In der folgenden Woche erholte sie sich dort gut; ich besuchte sie fast jeden Tag. Als sie entlassen wurde, holte ich sie ab und ging mit ihr zu Selfridges. Da sie an diesem Tag in das Haus am Camden Square einzog, wollten wir noch ein paar nützliche Sachen kaufen. Ihre Wachleute waren schon eine Woche dort.
Ich parkte das Taxi vor dem Haus, Amy stapfte die Stufen zur Tür hinauf und überließ mir die Schlepperei. Sie lief von Zimmer zu Zimmer, gab mir Anweisungen, wo ich welche Tasche hinschmeißen solle, und war aufgeregt wie lange nicht. „Stell das hierher, Papa, das kommt in den Fitnessraum“, rief sie mir beiläufig zu.
Neben dem Fitnessraum war ihr Studio. Die Küche hatte sie im Erdgeschoss einrichten lassen, mit Blick vorne raus, liebevoll nostalgisch in Schwarz-Weiß mit schwarzem Tisch. Ich folgte ihr ins riesige Wohnzimmer. Am einen Ende stand eine knallig bunte 60er-Jahre-Jukebox, die Amy eigens bestellt hatte.
„Oh, gut“, neckte ich sie. „Dann kann ich ja gegen deine Jukebox treten, wenn du mich mal wieder auf die Palme bringst?“
Amy rannte rüber – das Ding stand auf Laufrädern und rollte in die Ecke, als sie sich davorwarf, um es vor mir zu schützen. „Nein, Papa, nein“, schrie sie und lachte. Gemeinsam besichtigten wir den Rest des Hauses. Als wir aus ihrem Studio kamen, hielt sie die Gitarre umklammert, die wir damals in Spanien gekauft hatten. Es schien Ewigkeiten her. Der Anblick stimmte mich froh: Vielleicht fing sie nun wieder ernsthaft mit dem Songwriting an. Als ich ging, warf sie sich in meine Arme und sagte: „Danke, dass du mir das Haus besorgt hast, Papa.“
Ein paar Tage danach rief ich sie an, und als sie ranging, hörte ich sie auf der Gitarre klimpern, das Telefon unters Kinn geklemmt. Sie klang auf erfreuliche Weise anders als sonst. „Ich weiß, du wolltest eigentlich nicht, dass ich nach Camden zurückgehe, Papa“, sagte sie. „Du findest, es ist nicht der richtige Ort für mich, aber ich habe das Gefühl, dass ich hierher gehöre.“
Ich wollte mich verteidigen, aber sie fuhr fort: „Danke noch mal, dass du das für mich hinbekommen hast, Papa. Ich hab jetzt zu tun, ruf dich später zurück.“ Dasselbe an den nächsten Tagen: Sie war immer zu beschäftigt für ein längeres Gespräch, das war toll. Ich hatte sie nicht mehr so konzentriert erlebt, seit sie sich damals in Spanien eingesperrt und einen Großteil von Back To Black geschrieben hatte. Musik zu machen – ihre größte Leidenschaft – tat ihr offenbar gut, mehr als alles andere, was wir versucht hatten.
Als ich jedoch eines Tages Anfang Februar mittags zum Camden Square kam, hatte Amy schon eine ganze Menge intus. Sie war nicht betrunken, ein paar Drinks mehr hätten dafür jedoch gereicht. „Lass uns Tee trinken“, sagte ich und brachte ihn ihr ins Wohnzimmer. Ich wollte ihr eigentlich richtig meine Meinung sagen, aber das war
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