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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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schön, Greta. Wenn ich da an Tess denke, sah doch knackig aus. So ein goldbrauner Hintern, das hat was. Da komme ich in Fahrt. Und Falten … Man muss nur im richtigen Alter abkratzen, um Falten zu verhindern.»
    Was er sagte, nahm dem Intermezzo im Bad jedes Gewicht. Je mehr er sie zu beleidigen und zu verletzen versuchte, umso ruhiger wurde sie. Sollte er toben und sich sein Elend von der Seele schreien, wenn es ihm half. In ihrem Kopf mochte sich bereits eine Menge verändert haben, ihren Gefühlen tat das vorerst noch keinen Abbruch. Liebe ist … etwas, was niemand begreift, der es nicht selbst in dieser Intensität empfunden hat.
    «Jetzt weiß ich auch, warum Niklas immer hinter Tess her war», sagte er.
    «Irgendwo will man ja auf seine Kosten kommen.»
    Sie hörte ihm nicht mehr zu, kümmerte sich um das Frühstück. Eier hatte sie nicht in der Wohnung. Aber Roggenbrot war vorrätig. Und das hatte er wahrscheinlich auch gewusst. Sie deckte den Tisch, nahm den Aschenbecher fort.
    «Lass das Ding stehen.»
    Also stellte sie ihn wieder hin und erinnerte sich, wie Tess ihr von Mandys Trotzphase erzählte.
    «Am besten ist, man gibt ihr nach. Ich halte nichts davon, ihren Willen zu brechen. Ich sage zu ihr: Es ist kalt draußen. Aber heute ziehst du keine Mütze an. Sie stampft mit dem Fuß auf und sagt: Doch! Ich will eine Mütze anziehen. Dann haben wir beide, was wir wollen.»
    Für einen Moment schlug es ihr über dem Kopf zusammen. Tess lag jetzt in einem Kühlfach. Und dort war es kälter als auf dem Fußboden in ihrem Bad. Viel kälter als in ihrer Küche, wo Jan sich abmühte, den Beweis zu erbringen, dass es nicht lohnte, für ihn den Kopf hinzuhalten. Greta ignorierte ihn einfach, schenkte Kaffee ein, schob ihm den Brotkorb, den Teller mit Wurstaufschnitt und noch einmal eine Eisentablette zu. Als sie sich setzen wollte, spürte sie den Schmerz. Sie stand wieder auf und dachte noch einmal an Tess und den angeblichen Wespenstich.
    «Hatte ich nicht gesagt, zwei Eier?, erkundigte er sich und fügte an:
    «Du lebst wohl gerne gefährlich, was?»

    «Halt die Klappe!», sagte Greta.
    «Nimm eine Scheibe Schinken, da ist genug Eiweiß drin. Und nimm diese Tablette, damit du wieder zu Kräften kommst! Ich könnte mir vorstellen, dass mit dem Hämoglobingehalt im Blut noch andere Dinge steigen. Dann klappt es wahrscheinlich wieder mit der Potenz.»
    Als er Anstalten machte, sich zu erheben», sagte sie:
    «Bleib ruhig, mein Freund. Zwing mich nicht, meine Aussage zu ergänzen. Oder möchtest du deine Großmutter in die Protokolle bringen? Ein paar Worte über heißes Wachs auf Kinderhände und andere böse Stellen oder über die Nächte im Schweinestall? Ich könnte auch ein paar Sätze über Vergewaltigung einfließen lassen. Und ich meine nicht das, was du eben mit mir veranstaltet hast. Deine kleine Morgengymnastik kann man nicht so bezeichnen. Ich habe ja kaum etwas davon gespürt. Aber wenn sich ein so genannter Erzieher an einem hilflosen Jungen vergeht …»
    Weiter kam sie nicht. Jan sprang vom Stuhl auf, kippte mit einer unbeherrschten Geste seine Tasse um. Der Kaffee ergoss sich über die gesamte Tischplatte und spritzte ihr aufs Kleid. Er rannte ins Wohnzimmer, warf sich auf die Couch. Und dort blieb er für den Rest des Vormittags. * Zu Mittag bemühte Greta noch einmal den Italiener. Besondere Wünsche für sein Menü hatte Jan nicht. Er antwortete ihr nicht einmal, als sie ihn fragte, was er essen wolle. Sie bestellte, wie am Freitagabend, eine Pizza Tonno, einen Salat Capricciosa. Als die Sachen geliefert wurden, drehte Jan sich auf der Couch demonstrativ mit dem Gesicht zur Wand. Greta aß die Pizza und stellte den Salat für ihn in den Kühlschrank. Kurz nach Mittag erschien ich dann endlich – und erfuhr kein Wort von dem, was in der Zwischenzeit vorgefallen war. Jan lag, nur mit einem Slip bekleidet, auf der Couch. Seine vernarbten Beine zogen automatisch jeden Blick an. Ich musste mich zwingen, mir einen anderen Fixpunkt zu suchen – Gretas Gesicht. Dass sie ihre Brille trug statt der Kontaktlinsen, die Schwellungen rund um ihre Augen schienen mir Erklärung genug zu sein. Auch dass sie im Raum hin und her lief, jedes Mal gleich wieder aufsprang, wenn sie Platz genommen hatte – sie war eben nervös. Nachdem ich ihn mehrfach aufgefordert hatte, setzte Jan sich wenigstens aufrecht und starrte vor sich hin wie ein Kind, dem man verboten hatte, im Regen zu spielen. Ich hatte den halben

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