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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Küche. Drei Tassen für mich. Und zwei Eier, nicht zu hart, nicht zu weich. Ich kann’s nicht leiden, wenn das Eiweiß wabbelt. Da werde ich ungemütlich.»
    Er lachte glucksend.
    «Schade, dass du Tess nicht mehr danach fragen kannst. Obwohl ich bei ihr den Eindruck hatte, sie machte das mit Absicht. Danach gab es immer was hintendrauf. Das hatte sie bei Vati vermisst. Da kriegte nur Joachim Prügel. Und Tess fand, dass Vati sie nicht lieb genug hatte, sonst hätte er ihr auch mal den Arsch versohlt. Wenn du keinen Nachholbedarf in dieser Richtung hast, solltest du jetzt deine Haxen schwingen.»
    Sie hatte noch keine Anstalten gemacht, sich von der Couch zu erheben. Schaute zu ihm auf, bemühte sich, sein Gesicht ein wenig schärfer zu sehen, grinste ebenfalls, obwohl es schmerzte und spannte mit all den Schwellungen im Gesicht. Nur keine Furcht zeigen! Die Aura der starken Frau ist der beste Schild gegen gewalttätige Übergriffe. Dieser Ansicht einiger Psychologen hatte Greta sich angeschlossen. Obwohl der Samstagmorgen sie schon eines Besseren belehrt hatte, hielt sie noch daran fest.
    «Was spielen wir?, fragte sie.
    «Ich lasse jetzt die Maske fallen, Greta? Wenn du mir die Spielregeln erklärst, spiele ich mit.»
    Sie tastete zum Tisch hinüber nach dem kleinen Behälter, in dem ihre Kontaktlinsen in der Reinigungslösung lagen. Seine Faust sah sie nur wie einen Schattenriss auf sich zukommen. Er schlug sie nicht, packte sie an der Bluse und zerrte sie hoch. Sie hörte zuerst, wie der Stoff zerriss, dann sein Zischen.
    «Eins lernst du am besten gleich, sonst fehlen dir später ein paar Zähne. Ich hab lange genug den Hampelmann für euch gespielt. Ich könnt mich heute noch in den Hintern treten, dass ich dich damals angesprochen hab. Ich hatte das Schild an deiner Tür gelesen und dachte: Kann nicht schaden, so eine zu kennen. Strafverteidigerin. Wer weiß, wann man sie mal braucht. Wenn ich geahnt hätte, dass du dich wie eine Klette ranhängst, hätte ich mir das überlegt. Weiber wie du hingen mir nämlich damals schon zum Hals raus. Ich war gerade so eine losgeworden und hatte eigentlich vor, meine Freiheit zu genießen.»
    Sein Gesicht war so dicht vor ihrem, dass sie nur einen hellen Fleck sah und seinen Atem auf der Haut fühlte. Er roch nach Zigaretten. Die Faust an ihrer Bluse schüttelte sie bei jedem Satz durch. Und bei jedem Schütteln riss der Stoff weiter ein. Schließlich hielt er den Fetzen in der Hand. Sie fiel zurück, er riss sie wieder hoch. Diesmal mit der Faust an ihrer Kehle. Er drückte fest zu. Sie bekam kaum Luft.
    «Hör auf, Jan. Hör auf, du tust mir weh.»

    «Das ist der Sinn der Sache, zischte er.
    «Und ich tu dir noch mehr weh, wenn du nicht endlich kapierst. Du wolltest mich hier haben. Gut, hier bin ich. Aber das heißt nicht, dass ich nach deiner Pfeife tanze. Das läuft jetzt umgekehrt. Solange wir zwei unter uns sind, muss ich doch nicht auf trauernden Witwer machen, oder? Weißt du, wenn’s gerade passiert ist, überkommt mich immer das heulende Elend. Da kann ich’s gar nicht begreifen und bin steif vor Entsetzen über mich selbst.»
    Sehen konnte sie sein Grinsen nicht. Aber es klang durch seine Stimme.
    «Hab ich das nicht hübsch formuliert? Steif vor Entsetzen. Also, mir gefällt’s. Aber vielleicht ist es kein Entsetzen. Vielleicht ist es nur Angst, dass es einmal schief gehen muss, dass sie mich diesmal erwischen. Ist ja egal, was es ist. Es hält jedenfalls nie lange vor. Wenn ich sehe, dass sich die Dinge in meinem Sinn entwickeln, fühle ich mich wieder großartig und bin bereit, mein Leben in vollen Zügen zu genießen. Also: drei Tassen Kaffee für mich, zwei Eier, zwei Scheiben Roggenbrot! Ich hoffe für dich, du hast welches hier.»
    Er ließ sie los, wischte sich die Hand am nackten Oberschenkel ab, als hätte er sie an ihrer Bluse oder ihrem Hals beschmutzt. Dann griff er zum Tisch hinüber und drückte ihr den Behälter mit den Kontaktlinsen in die Finger.
    «Setz die Dinger ein, du brauchst sie für die Eieruhr. Fünfeinhalb Minuten!»
    Greta sah so gut wie nichts, sonst wäre ihr aufgefallen, dass die Flüssigkeit im Behälter nicht so aussah, wie sie aussehen sollte. Jeden Abend füllte sie die kleine Dose mit Wasserstoffperoxid, um die Linsen zu säubern. Sie gab auch gleich eine Tablette zum Neutralisieren der Lösung dazu. Die Tablette brauchte zwei bis drei Stunden, ehe sie sich auflöste. Die Zeit reichte für eine gründliche Reinigung.

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