Meineid
bei einer Garage? Auf der Straße? Er zuckte nur mit den Achseln. Die alte Sander. Greta kannte sie nur als Gesicht hinter einem Fenster, das man im Vorbeifahren registriert. Sie wusste nicht genau, wie alt Frau Sander war, Ende fünfzig, Anfang sechzig. Eine Hausfrau, wenn sie ihr Küchenfenster selbst putzte. Und wenn sie es nicht putzte, schaute sie auf die Straße. Neugierig, nicht ausgefüllt. Genau der Typ, der es noch genießen konnte, wichtig zu werden, und sei es nur für die Polizei. Es musste möglich sein, Frau Sander einzureden, sie habe kurz nach vier Uhr einen dunkelblauen Mercedes vorbeifahren sehen, in dem zwei Personen saßen. Greta wäre gerne sofort zum Nachbarhaus gegangen, um das zu regeln. Aber das Messer war wichtiger. Die Polizei durfte keine Tatwaffe finden, musste davon ausgehen, dass der Täter die Waffe mitgebracht und auch wieder mitgenommen hatte. Bei einer Affekthandlung blieb die Waffe meist am Tatort zurück oder wurde in der Nähe gefunden. Bei einem geplanten Mord sah das anders aus. Und auf den geplanten Mord musste die Polizei von selbst kommen. Greta brachte das Messer in die Küche und spülte es gründlich unter heißem Wasser ab. Die Klinge war fest mit dem Griff verschweißt. Sie glaubte kaum, dass sich nach der gründlichen Reinigung noch Blutspuren nachweisen ließen. Aber sicher war sie nicht bei den unendlichen Möglichkeiten der Labors. Im Kühlschrank fand sie zwei Hüftsteaks, zerschnitt beide in winzige Stücke, sorgte dafür, dass die Messerklinge in voller Länge mit dem Fleisch in Berührung kam, auch dort, wo sie im Griff steckte. Dann wusch sie die Klinge noch einmal, wischte sie und den Griff mit einem Tuch ab und legte das Messer in den Geschirrspüler. Auf der Abtropffläche stand ein benutztes Glas, sie nahm es mit dem Tuch auf, rieb es ab und stellte es ebenfalls in die Maschine. Die Fleischstücke warf sie in den Mülleimer. Sollte jemand nachschauen, hatte Tess eben in ihrer Wut das Abendessen vernichtet, als Jan kurz nach vier zusammen mit Greta das Haus verließ. Dann kümmerte sie sich um das Putzzeug, das er benutzt hatte, um das Blut draußen aufzuwischen. Eine Zugehfrau hatte Tess nicht gehabt und sich oft beschwert, dass ihr diese Erleichterung nicht zugebilligt wurde. Jans Geiz! Aber trotz der vielen außerhäuslichen Aktivitäten und der in den letzten Monaten häufigen Griffe zur Flasche war ihr Haushalt immer gepflegt gewesen. Greta hatte Tess oft wischen und werkeln sehen. Sie brauchte Jan nicht zu fragen, wusste, dass in einem der Küchenschränke ein Plastikeimer mit Zubehör stand. Der Wischlappen war feucht, aber nicht blutig. Jan musste ihn bereits ausgewaschen haben. Sicherheitshalber wusch sie ihn hastig im Spülbecken noch einmal, rieb den Eimer ab und ließ den Lappen wieder hineinfallen. Sollte die Polizei ihn untersuchen, konnten sie garantiert die Blutspuren nachweisen, aber keine Fingerabdrücke, nicht auf dem nassen, groben Tuch und dem Eimer.
«Ich rufe jetzt die Polizei», sagte sie.
«Bis sie hier sind, haben wir noch ein paar Minuten, um uns abzusprechen.»
Es gab zwei Telefone im Haus, eins auf Jans Schreibtisch und eins auf der Bar im Wohnraum. Der Hörer dort war mit Blut beschmiert, auch auf den Tasten Null und Zwei waren die Abdrücke blutiger Finger. Daraus schloss sie, dass Jan sie von diesem Apparat aus angerufen hatte. Das Gerät hatte zwanzig Kurzwahlnummern, das wusste sie von Tess. Von ihr wusste sie auch, dass unter Null Eins die Rufnummer der Familie Damner gespeichert war, Null Zwei war der Anschluss in Gretas Wohnung. Die restlichen achtzehn Speicherplätze waren nach Wichtigkeit belegt. Meine Wohnung, unsere Büros und weiß der Teufel wer sonst noch. Sie holte noch einmal den feuchten Wischlappen aus der Küche, rieb den Apparat gründlich ab, auch das Tastenfeld, und erkundigte sich dabei, ob Jan wusste, mit wem Tess gesprochen hatte. Er starrte sie nur an, als habe er nicht verstanden. Der Apparat hatte eine Wahlwiederholung, allerdings speicherte sie nur komplett eingegebene Nummern. Wenn Tess den Kurzwahlspeicher benutzt hatte, ließe sich nicht feststellen, mit wem sie zuletzt gesprochen hatte. Greta drückte die Wahlwiederholung, im Display erschien eine Null. Ein simpler Trick, um zu verhindern, dass jemand feststellte, mit wem das letzte Gespräch geführt worden war. Greta wischte noch einmal über den Hörer und das Tastenfeld und ging hinauf in Jans Arbeitszimmer, um von dort aus die Polizei
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