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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Plänen zweier Freundinnen vor dem Abitur und dem Jetzt lagen Welten. Jurastudium, Staatsexamen, Doktortitel und etliche Strafprozesse.

    «Wann genau hast du Tess gefunden?»
    Jan biss sich auf die Unterlippe. Nach ein paar Sekunden kam seine Antwort.

    «Auf die Minute genau weiß ich es nicht. Ich weiß auch nicht, um welche Zeit ich dich angerufen habe.»

    «Das war kurz nach neun.»
    Er zuckte mit den Schultern und deutete ein Nicken an. Sein Blick ging an ihr vorbei zur Liege. Sie wollte nicht, dass er Tess jetzt anschaute. Er sollte sich konzentrieren.

    «Dann bist du also kurz vor neun heimgekommen. Es spielt keine Rolle, wenn du nicht auf die Minute genau weißt, wann du das Haus betreten hast. Wir können die Fahrzeit schätzen, vielleicht hat einer von deinen Kollegen auf die Uhr geschaut, als du dich verabschiedet hast.»
    Sie wollte noch mehr sagen. Inzwischen war es zehn vorbei. Eine Stunde, für die sie der Polizei eine Erklärung bieten mussten. Die beste Erklärung war, dass Jan nach dem Anruf bei ihr nichts unternommen hatte, weil er sich darauf verließ, dass sie das für ihn erledigte. Das hatte sie ihm ja auch gesagt. Nur hatte sie ebenso unter Schock gestanden wie er und nicht daran gedacht. Ihr einziges Bestreben hatte darin bestanden, so schnell wie möglich zu ihm zu fahren, sich zu überzeugen, dass er sich irrte. Dass Tess nur verletzt und bewusstlos, aber nicht tot war. Doch bevor sie das alles aussprechen konnte, grinste Jan wieder dieses sonderbare Grinsen, das fast aussah, als wollte er sich die Schlinge selbst um den Hals legen.

    «Gib dir keine Mühe, Greta.»
    Er lachte kurz, wusste, um welche Zeit er das Haus betreten hatte. Er wusste sogar, wer ihn gesehen hatte, als er heimkam. Und er war ziemlich sicher, dass die halbe Nachbarschaft gehört hatte, was danach los gewesen war. Tess hatte sich aufgeführt wie eine Furie. Er wirkte nicht mehr die Spur wie betäubt, als er das aussprach, streckte Greta sogar seinen rechten Arm entgegen. Am Unterarm waren Kratzspuren zu erkennen. Ihr wurde erneut übel und schwindelig. Sie schaffte es kaum, zu sprechen.

    «Du warst hier?»
    Jan nickte:

    «Von halb vier an. Es gab keine lange Besprechung. Eckert hatte einen Unfall. Sein letztes Treatment lag vor. Das haben sie mir in die Hand gedrückt, mir erklärt, was ihnen daran nicht gefällt, und sich erkundigt, ob ich es bis Dienstag schaffe, das Ding in Form zu bringen, wenn eben möglich in die endgültige. Mit anderen Worten, ich sah einen Berg Arbeit vor mir und habe mich auf den Heimweg gemacht.»
    Mit einem langen Seufzer fügte er an:

    «Was soll ich sonst noch sagen, Greta? Ich habe Tess nicht erstochen. Soll ich es schwören?»
    Ihre Antwort wartete er nicht ab, hob die rechte Hand.

    «Ich schwöre, die Wahrheit zu sagen, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wahr mir Gott helfe. Ich habe meine Frau nicht getötet.»
    Seinen Worten zufolge telefonierte Tess, als er das Haus betrat. Er wollte ihr das Telefon wegnehmen, weil sie eine Menge Unsinn erzählte. Tess schrie ihn an, schlug und kratzte. Er wurde ebenfalls ein bisschen lauter, als sie ihn gegen das Schienbein trat und ihr Knie hochriss. Zum Glück verfehlte sie die Stelle, die sie treffen wollte, erwischte ihn nur an der Leiste. Aber er wollte es nicht auf einen zweiten Versuch ankommen lassen und ging nach oben. Die Tür seines Arbeitszimmers schloss er ab und setzte den Kopfhörer auf, mit dem er sich immer seine Ruhe verschaffte. Tess war ihm in den ersten Stock gefolgt, tobte noch minutenlang, trommelte gegen die Tür. Das hörte er trotz des Kopfhörers. Dann wurde es still. Er tippte Eckerts Treatment in den Computer, begann auch gleich mit den gewünschten Änderungen. Er dachte, Tess einigermaßen zu versöhnen, wenn er ihr das beim Abendessen erzählte. Dann war er fertig und hatte Hunger. Er ging nach unten, um zu fragen, ob er heute noch mit einer Mahlzeit rechnen dürfe oder sich selbst etwas machen müsse. Er rief nach Tess, bekam keine Antwort. Zuerst nahm er an, sie sei noch einmal weggefahren in ihrer Wut. Er meinte nämlich, ein Auto gehört zu haben, das sich mit Vollgas vom Haus entfernte, genau in dem Moment, als er den Kopfhörer abnahm. Dann sah er die offene Terrassentür und Tess draußen liegen. Nur glaubte er nicht, dass es einen Richter gab, den er mit dieser Schilderung von seiner Unschuld überzeugen konnte.

    «Noch stehst du nicht vor Gericht», sagte Greta. Er grinste

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