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Meines Bruders Moerderin

Meines Bruders Moerderin

Titel: Meines Bruders Moerderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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und grinste zu ihr herüber.
    Janet sah sich nicht zu Pia und Dagmar um. »Ich gehe allein«, sagte sie, ohne den Mund zu bewegen. »Behaltet die drei Blues Brothers im Auge. Sie sind bewaffnet. Gebt mir dreißig Sekunden und versucht dann, euch unauffällig seitlich nach hinten zu arbeiten.« Dann ging sie hinüber zu Pauls Café, hocherhobenen Hauptes, nicht unter den Arkaden entlang, sondern schräg hinüber durch den Regen, mitten durch den schäumenden See. Sie wusste, wie sie aussah. Sie war extrem schlank, sie hatte immer noch einen schönen Busen, auch ohne BH, Make-up benutzte sie nie, ihre langen Wimpern waren noch dunkel, und ihr Haar wurde zwar grau, aber es war voll und ungebärdig. Ihre Augen leuchteten türkis. Wasser klebte das dünne Baumwollkleid an ihren Körper. Wetshirt-Party . Alle glotzten.
    Sie strich sich das Haar zurück und setzte sich auf den Plastikstuhl Paul Reimann gegenüber. Damit hatte sie das Licht im Rücken und die Blues Brothers im Blick. Sie lächelte, als der Kellner einen J&B on the rocks vor sie hinstellte. » Salud .« Sie hob ihr Glas in Paul Reimanns Richtung und nahm einen langen Schluck.
    » Y pesetas! « Er trank ihr zu, lächelte. Übergewichtig und kahlköpfig, Paul Reimann hatte was. Nicht gerade Sex, aber doch Ausstrahlung, Gelassenheit, und sogar Humor. Er trug wie immer einen Dreiteiler, diesmal aber aus hellem Tropenmaterial mit einem blau gestreiften Seidenhemd.
    »Sie haben amor vergessen. Die Liebe. Und mit Euro passt der Spruch ja leider sowieso nicht mehr.«
    »Bleibt immer noch die fuerza a las castañetas « Er musterte sie, blinzelte. Blinzelte? Ja, das linke Auge unter seiner Titanbrille hatte geblinzelt.
    Janet lachte. »Die Kraft der Eier? Aber Sir Paul! Sie belieben ja heute richtig ausschweifend zu agieren!«
    »Und wie«, er beugte sich plötzlich leicht vor und senkte die Stimme. »Ausschweifend! Normalerweise stehe ich auf die kleinen Dinger aus Fernost. Die keine Sprache richtig können und nur aus Augen zu bestehen scheinen. Und einem jungen androgynen Körper. Du bist also absolut nicht mein Typ, und trotzdem siehst du im Moment verdammt sexy aus. Die coole und in jeder Situation überlegene Engländerin. Regen ist nun mal das perfekte Wetter für euch.« Er lehnte sich wieder zurück und bestellte zwei neue Drinks, ohne den Blick von ihr abzuwenden. Janet sah aus dem Augenwinkel, dass Pia und Dagmar auf beiden Seiten hinter ihr standen. Bereit, einzugreifen.
    »Sehr offen, Paul. Sehr anschaulich.«
    »Wie du mir, so ich dir. Ihr offenherziges und regennasses Outfit zeigt mir, dass Sie keine Unterwäsche tragen, geschweige denn ein Tonbandgerät.«
    »Ja, genau. Wir sind hier ganz unter uns.« Janet kippelte plötzlich weit über den Tisch und zischte: »Sie können zugeben, dass Sie mehrmals versucht haben, Barbara Dyckhoff töten zu lassen.«
    Paul Reimann wich nicht zurück. »Sie haben mir wichtige Informationen versprochen.«
    » Stimmt.« Janet kippelte zurück und repetierte aus dem Gedächtnis. »Ihr Bruder Robert Reimann hat seit Jahren Gelder der verschiedenen Firmen auf die Seite geschafft. Da er den Konzern vorher in fast zwei Jahrzehnten so weitläufig und gewissermaßen unübersichtlich verschachtelt hatte, fiel ihm das nicht besonders schwer. Niemand kontrollierte ihn wirklich. Zwei der Chefbuchhalter hatte er offensichtlich gekauft. Einer ist tot, Autounfall mit Fahrerflucht ...«
    »Hannes Eschweiler.«
    »Richtig. Er war schon über siebzig, hatte Krebs, und er war hoch versichert. Der andere ist erst Ende dreißig, angeblich genial. Allein stehend.«
    »Ecki Laronge. Der ist genial. Er ist schwul, und er ist ...«
    »Wie auch immer, er ist verschwunden. Von einer USA-Reise nicht zurückgekehrt. Man sollte wohl glauben, er habe sich dort abwerben lassen. Vielleicht stimmt das sogar. Er lebt jedenfalls nicht mehr unter seinem richtigen Namen. Ihr Bruder Robert hat seine zweite Identität schon vor mindestens acht Jahren angenommen und nach allen Seiten abgesichert. Er hat nicht nur einen zweiten Namen. Er hat eine neue Firma gegründet, ganz andere Branche, nicht groß, aber mit rundum schwarzen Zahlen. Das Gesamtvermögen ist auf mindestens vier Länder verteilt. Ich schätze es auf zwanzig bis dreißig Millionen Dollar. Dazu ein riesiges Haus am Meer, eine wunderschöne Frau, ein Kind - ja, auch ein Kind! -, und er hat sich ein soziales Umfeld aufgebaut. Nachbarn, Freunde, Kollegen. Man liebt ihn. Man wartet auf

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