Meines Bruders Moerderin
Fotos. »Und du hast dabei diesen anderen Mann gesehen?«
»Na ja, ich kam wohl etwas ungelegen. Ich sollte ihm die Dinger liefern. Und da stand er mit diesem anderen Kerl. Diesem Bermudatyp, eindeutig. Und beide hatten weiße Hosen an, Segelschuhe und schwarze Seidenhemden. Die Tür war auf, und ich bin einfach reingeplatzt. Die lachten. Und es ging um Geld. So viel habe ich verstanden. Um viel Geld. Dann hatte Reimann mich mit meinen Bildern entdeckt und wurde erst mal richtig sauer. Aggressiv könnte man sagen. Ich wollte sofort wieder weg, aber er parkte den anderen Kerl im Nebenzimmer und schaltete auf ölig. Der Scheck war ausgestellt und unterschrieben. Keine Frage, wohin er die Bilder hängen sollte, kein Drink. Ich nahm mein Geld und trollte mich wie ein Bittsteller. Scheißsituation. Ich hätte ihm gern den Scheck vor die Füße geschmissen, aber dann wäre mir Elena an die Gurgel gegangen.« Er schenkte sich nach.
Pia legte eine Hand auf seinen Arm und hinderte ihn am Trinken. »Wie viel Geld? Erinnere dich! Bitte!«
Martín küsste ihre Hand und wischte sie dann weg, trank, schenkte sich nach, trank noch einmal. »Ich bin ein Augenmensch. Ich sehe Reimann und den Kerl. Sie lachen. Reimann gibt ihm eine Uhr. Gold glänzt. Der Kerl zieht sie über und lacht. Dann steckt er sich einen Ring an den Finger. Er hält die Hand auf. Reimann legt ihm ein großes braunes Kuvert prallvoll mit Geldscheinen hinein. Es ist offen. Grün. Dollars. Dann entdeckt er mich. Aus. Ende.«
»Wann war das?«
»Am Tag vor San Juan.«
Sie sahen sich an, schwiegen.
Dagmar sprang auf. »Ja! Ich denke, wir haben genug in der Hand, um Barbara aus dem Gefängnis zu holen.«
Janet zog sie wieder herunter. »Uns fehlt noch eine Kleinigkeit.« Sie schaute zu Bonet, aber der stocherte gedankenverloren in den Oliven.
Pia kramte in ihren Unterlagen und klappte die Mappe dann mit einem deutlichen Plopp zu. »Josep Bonet. Du weißt, wovon sie spricht. Wer hatte ein Motiv, Barbara zu töten oder sonst wie auszuschalten? Wenn Paul Reimann ausfällt, bleiben nur noch zwei übrig. Die Witwen von Juan Bautista de las Torres beziehungsweise Gabriel García-Montserrat. Catalina Lorente, die müde alte Mutter seiner Tochter Marí im Rollstuhl? Oder Isabel Ribera, das junge, blonde Sexsymbol mit den überlangen Beinen?«
»Es geht um das Geld«, Bonet richtete sich langsam auf. »Um viel Geld, wenn wir Kemíl Martín richtig verstanden haben. Vermutlich hat Juan alias Gabriel das Geld unter Reimanns Aufsicht auf sein Konto eingezahlt. Bei der Banca March. Auf den Namen Montserrat. Es waren«, er räusperte sich, »zweihunderttausend Euro.
»Schön, dass du das überprüft hast, ohne mir etwas zu sagen.« Pia stand auf. »Okay, gehen wir.«
»Wohin?«, es ärgerte Dagmar, dass sie anscheinend wieder mal nur die Hälfte begriff. »Wir haben hier zwei Frauen, aber nur die eine ist wirklich die Witwe. Die von Juan Bautista-De las Torres. Mit Isabel Ribera war Gabriel García-Montserrat rechtlich nie verheiratet.
»Eben drum.« Pia ging zur Tür. »Sie ist diejenige welche. Sie hat erst durch uns«, kleiner Räusperer, »durch die Polizei erfahren, dass ihr Mann erstens nicht nur ihr Mann war. Sie hat das Foto von Catalina bei uns gesehen. Und zweitens, dass er vermutlich ein kleines Vermögen für seine Rolle in Reimanns Spiel bekommen hatte. Vielleicht hat er auch zu Hause angegeben und mit dem neuen Vermögen geprotzt. Sie musste jedenfalls nur bei der Bank nachfragen. Sie galt ja als seine Witwe. Und unser Bankgeheimnis hier ist nicht wirklich eins. Vielleicht hielt sie ihren süßen Gabriel sogar für den Mörder? Für sie gab es nur die eine Möglichkeit, sicher an das Geld ihres Leider-Nicht-Ehemannes heranzukommen. Er musste in dem Mordfall unverdächtig bleiben. Wenn Barbara wegen des Mordes verurteilt wurde, fiel Gabriel als Mörder aus. Solange Reimann Opfer blieb und nicht näher im Leben des zweiten Toten herumgestochert wurde.«
»Isabel Ribera ist nicht mehr in Valencia«, Bonet schaute noch immer nicht auf, »sie wohnt im Moment bei Freunden im Raval.« Er sprang auf und war mit erstaunlich schnellen Schritten bei Pia. » Barrio chino . Da hat sie nämlich früher auch gearbeitet. Sie hat die Kontakte zur Szene nie aufgegeben. Ihr Freund war jahrelang Nacho Nadal, ein brutaler, gewalttätiger Zuhälter, den wir schon lange auf der Liste haben.«
Pia stand langsam auf, sie musste hochschauen. »Das hast du die ganze Zeit über
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