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Meines Bruders Moerderin

Meines Bruders Moerderin

Titel: Meines Bruders Moerderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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rumpelte matt ein Ventilator. Die stehende Backofenhitze und der Gestank nach kaltem Rauch, Schweiß und Desinfektionsspray ließen sie zurückweichen. Der Wachmann zeigte ihr den Rufknopf und warf die Tür hinter ihr zu.
    Die beiden Jungen am Tisch grinsten.
    Dagmar fühlte, wie ihr der Schweiß aus allen Poren brach. Angst. Panik. Der Rufknopf war fast handtellergroß und signalrot unter einer verkrusteten Schmutzschicht. Ruhig. Ganz ruhig. Das ist nur ein Job. Nichts weiter. Nur ein Job. Cool bleiben. Aus den Akten wusste sie, dass die beiden achtzehn und neunzehn Jahre alt waren. Saïd El Guerrouj und Mustaf Biduane.
    Saïd war schmal, fast zierlich. Wäre sein Haar nicht knastkurz rasiert gewesen, hätte man ihn als hübsch bezeichnen können. Ein langes bartloses  Gesicht mit Adlernase und vollen Lippen.
    Mustaf war kleiner und muskulöser. Er hatte dunkle Locken, große feuchte Kulleraugen und auf der Oberlippe und am Kinn die ersten Fusselhaare eines beginnenden Bartes.
    Beide starrten vor Schmutz. Ihre T-Shirts und Jeans hatten seit Monaten weder Wasser noch Seife gesehen. Unter Saïds Auge verblasste ein Bluterguß zu Gelb und Grün, Mustaf hatte einen schmuddeligen Verband zwischen T-Shirt und Hose. Ihr Grinsen wurde breiter, als sie zum Tisch kam und sich setzte.
    »Mein Name ist Dagmar Warwitz. Ich bin Ihre Anwältin.«
    »Wir wollen den Chef. Nicht die Tippse.« Saïd lehnte sich zurück und kippelte mit dem Stuhl.
    »Sie sind beide mehrerer Straftaten angeklagt. Illegaler Aufenthalt in Spanien, Autodiebstahl, vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässige schwere Körperverletzung, Drogenbesitz. Das nur zum Anfang.« Dagmar ließ ihre Aktenmappe aufschnappen.
    Mustaf stand auf und beugte sich über den Tisch. »Du hast ja zwei gigantische Sahnemarshmallows, Baby!«
    »An dem Autodiebstahl gibt es nichts zu rütteln. Für den Unfall ...«
    »Dieser Rucksackaussi ist uns direkt vor die Schnauze getorkelt«, unterbrach sie Mustaf. »Der war total zu.«
    »Der Australier, den ihr angefahren habt, heißt Adrian Walters, ist zweiundzwanzig Jahre alt und kommt aus Melbourne. Er studiert Literaturwissenschaften und wollte Lehrer werden. Er hat schwerste Kopfverletzungen und liegt noch im Koma. Vielleicht wird er nie wieder ein Buch lesen können.«
    »Mir kommen die Tränen«, Mustaf inszenierte ein Schluchzen.
    Dagmar beachtete ihn nicht. »Es gibt möglicherweise Zeugen, die gesehen haben, dass Ihnen Adrian Walters vor den Kühler gelaufen ist. Die Wachhabenden vor dem Polizeipräsidium. Fernando und Francisco Belén aus Asturien. Nette Jungs. Cousins. Ich denke mal, ich könnte sie dazu überreden, ehrlich auszusagen. Bleibt das Kokain., Es war zwar im Rucksack des Australiers, als ihr damit geschnappt wurdet, aber in dem Porsche gibt es deutliche Spuren von dem Zeug.«
    »Hör auf zu labern, Frau«, Saïd klappte seinen Stuhl krachend nach vorn. »Wir bleiben lieber hier im Knast, als uns von einer Möse verteidigen zu lassen. Kapiert?!«
    Beide grinsten, Mustaf ließ seine Zunge zwischen den Lippen hin und her schlabbern.
    »Sehr verführerisch, Mustaf. Ich bin überwältigt. Und jetzt hört mir mal gut zu: Ihr werdet sowieso hier im Knast bleiben. Ihr seid illegal in Spanien, ihr habt nicht nur irgendein Auto, ihr habt einen Millionärsporsche gestohlen, der in einen Mordfall verwickelt ist. Und ihr seid erwischt worden. Ganz schlechte Karten. Dazu kommt noch, dass ihr einen jungen Touristen aus Übersee über den Haufen gebrettert habt und dass jede Menge Drogen gefunden wurden. Sieht gar nicht gut aus. Geld habt ihr auch keins.«
    »Gibt ja Pflichtverteidiger. Müssen die uns stellen!« Saïd begann wieder zu kippeln.
    »Hat euch schon einer besucht? Mit euch gesprochen? Nein? Okay. Auf der anderen Seite gibt es mich. Eine Frau. Tja. Und ehrlich gesagt, freiwillig würde ich euch nicht mal mit der Feuerzange anfassen. Ihr stinkt wie ein Schweinekoben. Und Wasser ist in Barcelona wirklich kein Problem. Auch nicht im Knast.« Dagmar griff in ihre Tasche und holte zwei Päckchen Ducados und Streichhölzer heraus, warf sie auf den Tisch. »Aber, wenn ihr sowieso schon stinkt, könnt ihr ja auch weiter stinken.«
    Saïd und Mustaf zögerten, aber die Gier siegte. Mustaf griff als Erster zu. »Und wieso tun Sie das? Aus Nächstenliebe?«
    »Ihr habt gute Freunde. Gil Azar und Eric Howard. Erics Mutter hat mich gebeten, euch zu helfen.«
    »Erics Mutter?« Saïd lachte schrill auf und

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