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Meines Bruders Moerderin

Meines Bruders Moerderin

Titel: Meines Bruders Moerderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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wollte zu ihr hinübergehen. Sie kam nicht weit. Inés Alvarez schoss auf sie zu und verstellte ihr den Weg.
    »Sie sind das! Die Anwältin! Sie sind doch schuld daran! Yolanda war so ein wundervolles Mädchen! Sie hatte heilende Hände! Wissen Sie überhaupt, was das ist? Sie war eine Heilerin! Etwas ganz Besonderes! Und Ihre blöde ausgeflippte Klientin konnte das nicht ertragen! Dabei habe ich alles für sie getan! Die führte doch hier das Leben einer Königin ...«, ihre Stimme kippte, sie packte Dagmar an der Jacke und krallte sich fest. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Dagmar legte ihr die Arme um die Schultern und drückte sie an sich. Hielt sie fest. Bis sie ruhiger wurde. Sich frei machte und kurz schniefte. »Tut mir Leid.«
    »Kann ich Barbara jetzt bitte sprechen?«
    Inés Alvarez sah sie nicht an, winkte nur, ihr zu folgen. Dagmar warf Pia einen kurzen Blick zu. Sie musste jetzt jede Entscheidung selbst treffen. Allein.
    Barbara lag im Sicherheitstrakt, in einer kahlen Zelle auf einer Steinpritsche, an Füßen und Händen gefesselt, grell ausgeleuchtet. Sie war barfuß und blutverschmiert. Ein dunkles Hämatom an der rechten Schläfe. Tiefe Ringe unter den Augen, die Dagmars Blick suchten.
    Inés Alvarez starrte sie hasserfüllt an. »Sie ist vollkommen irre! Eine Gefahr. Für uns alle. Ich musste sie regelrecht niederknüppeln. Hab sie vielleicht auch am Kopf erwischt. Aber ich hätte auch nicht gezögert, im Notfall von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.«
    Hinter Dagmar schloss sich die Zellentür mit einem endgültigen Klacken. »Hallo«, sie setzte sich vorsichtig auf den Pritschenrand. »Sieht nicht gut aus, oder?«
    »Yolanda.«
    »Ja. Yolanda. Sie ist tot. Barbara, was ist passiert? Sag es mir! Bitte!«
    »Im Kaffee«, Barbara versuchte ihren Blick zu fokussieren. »Schlafmittel. Immer noch. Frühstück. Die Beschließerin war neu. Sol. Hatte Pistole. Hat Yolanda bedroht. Wollte helfen. Zu sch ... schwach ... Schlafen. Im Kaffee!«
    »Barbara. Du hast Yolanda nicht getötet?«
    »Nie! Niemals! Yolanda Freundin ...« Barbara wollte sich aufsetzen, aber die Fesseln hinderten sie.
    »Ganz ruhig«, Dagmar half ihr, sich etwas bequemer zurückzulegen. »Wie sah sie aus, diese Sol? Kannst du sie beschreiben?«
    »Groß. Breite Schultern... Wie Mann. Aber Frau. Mit Silber... Silber...nietengürtel über Uniform. Kurze Haare. Soledad. Wie kann man Tochter so nennen ...«
    »Und diese Sol hat Yolanda ermordet?«
    »Kehle geschnitten. Blut. Viel Blut. Angst. Bitte!« Barbara schaute sie an, dann fielen ihr die Augen zu. Sie schnaufte tief durch wie ein Kind und schlief ein.
    Dagmar stand auf. »Ja«, sagte sie leise, »ich glaube dir. Ich glaube dir wirklich.« Es war kühl hier unten, und es gab keine Decke. Dagmar zog ihre zerknautschte Jacke aus und hüllte Barbara darin ein. Stand auf und klopfte an die Tür. Niemand. Sie klopfte wieder. Fast eine Stunde ließ man sie warten. Dann erst kam die ältliche Beschließerin angeschlurft. Dagmar unterhielt sich mit ihr. Sie hieß Encarna, stammte aus Navarra und hatte vier Töchter und neun Enkelkinder.
    »Könnte ich noch kurz zur Direktorin?«
    Nein, la jefa war um die Zeit nicht zu sprechen.
    Niemand war zu sprechen. Natürlich nicht. Dagmar beschrieb Sol Soledad, so gut sie konnte. Die Beschließerin lachte nur. Sie kannte alle Kolleginnen. Eine Soledad hatte es hier vor zwölf Jahren zuletzt gegeben. Fröhliches Lachen.
    Dagmar hatte es nicht anders erwartet. »Bitte, könnte ich die Zelle noch mal sehen? Nur ganz kurz?«
    Die Beschließerin zögerte. »Da muss ich die jefa fragen.«
    »Ja, natürlich«, Dagmar nickte ernst. »Aber wollen wir sie jetzt wirklich stören? Wegen so einer Kleinigkeit?«
    Die Beschließerin hob nur die Schultern und brachte sie schlüsselklappernd zu Barbaras Zelle. Kein Siegel an der Tür. Der Raum selbst erstaunlich sauber. Noch waren hier die Zeichen der Kripo zu sehen. Der Kreideumriss auf dem siffigen Boden, die Pappnummern an den Stellen, wo man Indizien gefunden hatte. Auch das Plastiktablett lag noch in der Ecke. Ein angebissenes Sandwich, ein Kaffeebecher. Leer. Dagmar hielt ihn gegen das trübe Licht. Absolut keine Reste, er war total sauber.
    Dagmar spürte die Nervosität der Beschließerin hinter sich, viel Zeit blieb ihr nicht. Neben der Kreidezeichnung war ein riesiger Blutfleck. Der Ort, wo Barbara gelegen hatte, war nur durch die Pappnummer drei angezeigt. Direkt daneben gab es einen weiteren Fleck,

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