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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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verborgen war. Natürlich wäre er dann behandelt worden, wie es der Schurke verdiente.
    Wenn der Frachtschiffer also auch nicht alles durchschaute, so erstaunte er doch nicht wenig über die Art und Weise, wie der Schreiber den Notar behandelte, und das schien ihm den Verdacht des jungen Kapitäns in hohem Maße zu rechtfertigen.
    Ins Haus des Clergyman eingetreten, erstiegen Meister Antifer, Zambuco und Juhel die hölzerne Treppe, wobei sie sich an einem längs der Treppe verlaufenden Seile anhielten. Der Frachtschiffer hätte, obwohl er einen Theil seiner Wohlbeleibtheit eingebüßt hatte, diesen schmalen und halbfinstern Weg niemals emporsteigen können.
    Die Fremden gelangten nach dem Vorsaale des dritten Stockwerks, des letzten an dieser Seite des Gebäudes. Hier fanden sie eine Bogenthür mit dem Namen: Reverend Tyrcomel.
    Meister Antifer athmete tief auf und klopfte dann kräftig an.
    Die Antwort ließ auf sich warten. Sollte der Clergyman nicht zu Hause sein? Wie durfte er das wagen, jetzt, wo ihm Millionen ins Haus fliegen sollten?
    Zweites Klopfen – noch etwas stärker.
    Jetzt entstand im Zimmer ein schwaches Geräusch, und wenn nicht die Thür, so öffnete sich doch ein kleines Schiebfensterchen unter dem Namen des Reverend Tyrcomel.
    Durch diese Oeffnung erschien ein Kopf, der des Clergymans, den man unter dem hohen Hute, welcher diesen bedeckte, leicht erkannte.
    »Was wünschen Sie? fragte Tyrcomel, wobei der Ton seiner Stimme erkennen ließ. daß er sich nicht gern gestört sah.
    – Wir möchten einige Worte mit Ihnen sprechen, antwortete Juhel rasch.
    – Und worüber?
    – Es handelt sich um ein wichtiges Geschäft…
    – Ich habe keine Geschäfte… weder wichtige, noch andere.
    – Sapperment, wird er denn aufmachen, dieser Reverend!« rief Meister Antifer, der sich über die vielen Umstände ärgerte.
    Sofort antwortete ihm der Clergyman in seiner eignen Sprache, die er wie seine Muttersprache beherrschte:
    »Sie sind Franzosen?
    – Ja, mein Herr,« antwortete Juhel.
    Und in der Meinung, daß es ihre Einführung bei dem Geistlichen nur erleichtern könne, setzte er hinzu:
    »Franzosen, die gestern Abend Ihrer Predigt in der Tron Church beiwohnten…
    – Und die sich entschlossen haben, meine Lehren anzunehmen? fiel der Clergyman lebhaft ein.
    – Vielleicht, Herr Reverend…
    – Ich dächte gar, knurrte Meister Antifer, er wird sich im Gegentheil zu den unsrigen bekennen lernen.«
    Die Thür ging auf und die vermuthlichen Neubekehrten standen dem Reverend Tyrcomel gegenüber.
    Ein einziges Zimmer, das sein Licht von dem nach dem »Hohlwege« hinaus liegenden Fenster erhielt, in einer Ecke ein eisernes Bettgestell mit einer Strohmatratze und einer Decke, in einer andern ein Tisch mit wenigen Toilettegegenständen. Als Sitz ein Schemel. Als Möbel ein geschlossener Schrank, der jedenfalls Kleidungsstücke enthielt. Auf einem Bücherbrett mehrere Bücher, darunter die Bibel in einem vom vielen Gebrauch abgenutzten Einband, und verschiedene Schreibgeräthe. Vorhänge am Fenster fehlten. Auf dem Nachttische eine Lampe mit tief herabreichendem Lichtschirm. Alles zusammen bildete also gleichzeitig Schlaf-und Arbeitszimmer mit der nothdürftigsten Ausstattung. Seine Mahlzeiten nahm der Clergyman in einem benachbarten Restaurant ein, und das war gewiß auch nicht das modernste und eleganteste Local dieser Art.
    Der Reverend Tyrcomel in langem schwarzen Rocke, aus dem nur oben die weiße Cravatte hervorschimmerte, nahm beim Eintritt der Fremden den Hut ab, und wenn er sie nicht zum Niedersetzen einlud, geschah das, weil er ihnen eben keinen Stuhl anzubieten vermochte.
    Wahrlich, wenn Millionen jemals gelegen kamen, so war es in dieser Klosterzelle, wo einer kaum dreißig Schillinge gefunden hätte.
    Meister Antifer und der Banquier Zambuco sahen einander an. Wie sollten sie das Feuer eröffnen? Da ihr Gegenüber französisch sprach, war Juhel nicht mehr nothwendig, und dieser gab also nur einen Zuschauer bei der Sache ab. Er zog diese Stellung übrigens vor und mit einem gewissen Gefühl von Neugier sah er der sich entwickelnden Schlacht entgegen, von der niemand den Sieg im voraus bestimmen konnte. Auf seinen Onkel Antifer hätte er aber nicht wetten mögen.
    Zuerst fühlte sich dieser verlegener, als er das je geglaubt hätte. Nach dem, was er von dem unversöhnlichen Geistlichen, von dessen Ansichten über die Güter dieser Erde wußte, hielt er es für geboten, recht geschickt vorzugehen, das

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