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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Aufmerksamkeit aller Anwesenden erregte.
    – Das werde ich Ihnen nachher sagen, lieber Onkel.
    – Wenn er etwas von den Neuigkeiten ahnte, die ich ihm bringe, so könnte er seine Kanzel nur bald verlassen, um meinen Besuch zu empfangen.
    – He! He!« rief Juhel in so eigenthümlichem Tone, daß sich die Stirn des Meister Antifer in verderbendrohender Weise runzelte.
    Doch in der Welt findet ja alles sein Ende, selbst die Predigt eines Clergyman der »Freien Kirche von Schottland«. Man empfand, wie der Reverend Tyrcomel zum Schlusse seines Wortschwalls gelangte. Er keuchte nur noch, seine Bewegungen wurden mehr ungeordnet, seine Metaphern kühner, seine Beschwörungen bedrohlicher. Es folgte noch ein letzter Keulenschlag auf die Inhaber von irdischen Gütern, die Besitzer des elenden Metalls, mit dem Befehl, sie in den Hochofen dieser Welt zu werfen, wenn sie selbst dem der andern Welt entgehen wollten. Und zuletzt machte er noch eine oratorische Anstrengung, worin er auf den Namen der Kirche anspielte, die von seinen donnernden Perioden widerhallte:
    »Und da an dieser Stelle früher eine öffentliche Wage stand, rief er, an die man die Ohren ungetreuer Advocaten und andrer Uebelthäter nagelte. so werdet Ihr auch auf der Wage des Jüngsten Gerichts ohne Gnade gewogen werden, und unter der Last Eures Goldes wird sich die Schale hinabsenken bis zur Hölle!«
    Mit einem ergreifenderen Bilde konnte einer gar nicht schließen.
    Der Reverend Tyrcomel machte zum Abschied eine Bewegung, die in einer katholischen Kirche als Segensspruch aufgefaßt worden wäre. Dann verschwand er plötzlich.
    Meister Antifer, Zambuco und Saouk wollten ihn an der Kirchenthür erwarten, ihn im Fluge haschen, ihn gleich
hic et nunc
interviewen. Bis zum nächsten Morgen konnten sie gar nicht warten, konnten ihre Frage nicht um sieben bis acht Stunden aufschieben. Wie hätten sie denn diese Nacht vor Aufregung hinbringen sollen! Nein, sie stürmten also nach der Mittelpforte und rannten an die Gläubigen, die sich eine solche, noch nie dagewesene Rohheit verbaten.
     

    Er wurde wie ein Gepäckstück bewußtlos ans Land befördert. (S. 324.)
     
    Gildas Tregomain, Juhel und der Notar folgten ihnen, doch in anständiger Weise. Leider sollten sich alle vergeblich bemüht haben. Um sich jeder ihm zugedachten Ovation zu entziehen – übrigens der einzigen Folge, die seine Predigt haben sollte – hatte Reverend Tyrcomel die Kirche durch eine Seitenthür verlassen.
     

    Im Ganzen ein düsteres, unbequemes Haus. (S. 331.)
     
    Vergeblich erwarteten ihn Pierre-Servan-Malo und seine Gefährten auf den Stufen des Säulenvorbaues, suchten nach ihm in der Menge der Andächtigen, fragten den Einen und den Andern… der Clergyman hatte auf seinem Wege durch die Menge nicht mehr Spuren hinterlassen, wie der Fisch im Wasser oder der Vogel in der Luft.
    Da starrten sich alle wüthend an, so als habe ihnen ein Uebelthäter eine gewisse Beute entrissen.
    »Nun also, nach 17, North-Bridgestreet! rief Meister Antifer.
    – Aber, lieber Onkel…
    – Und ehe er sich niederlegt, setzte der Banquier hinzu, entreißen wir ihm noch…
    – Aber, Herr Zambuco…
    – Keine Einrede, Juhel!
    – Doch… nur eine Bemerkung, lieber Onkel.
    – Und die beträfe? fragte Meister Antifer, den schon der Zorn übermannte.
    – Das, worüber jener Tyrcomel eben predigte…
    – Hat das etwas mit uns zu thun?
    – Sehr viel, bester Onkel.
    – Du treibst wohl Deinen Spott mit uns, Juhel?
    – Nein, mir ist’s völlig ernst, und für Sie ist es geradezu ein Unglück!
    – Für mich?
    – Ja. Hören Sie nur!«
    Juhel schilderte nun in wenigen Worten die Anschauungen des Reverend Tyrcomel, welches Thema er in seinen endlosen Reden behandelt hätte, und wie seiner Ansicht nach alle Millionen in die Tiefe des Oceans versenkt werden sollten.
    Der Banquier schien verstimmt – Saouk ebenfalls, obwohl er sich stellte, als ob er nichts verstände. Gildas Tergomain machte ein enttäuschtes Gesicht. Offenbar fiel allen aus großer Höhe ein Dachziegel auf den Kopf!
    Meister Antifer antwortete seinem Neffen doch keineswegs so, als ob er betroffen wäre, sondern sagte ironisch:
    »Schwachkopf!… Schwachkopf!… Schwachkopf!… Solche Sachen predigt man doch nur, wenn man keinen Sou in der Tasche hat! Laß nur die dreißig Millionen vorfahren, die ihm zukommen sollen, und Du wirst sehen, daß Dein Tyrcomel sofort bereit sein wird, sie uns aus dem Wasser zu angeln!«
    Diese Antwort zeigt

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