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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Presse, die das stärkste Blech kalt ohne Schwierigkeiten biegt.
     

    Er war ein Süßwasser-Seemann… (S. 47.)
     
    Auf den Schultern erhebt sich ein mächtiger, dicker Kopf, auf dem gewöhnlich ein hoher, breitkrämpiger Hut saß, ein Kopf mit schlichtem Haar, nicht allzu starkem Backenbart, eine gebogne Nase, die dem Profil Charakter verleiht, ein lachender Mund, zurückstehende Oberlippe, vorspringende Unterlippe, Fettfalten um’s Kinn, schöne weiße Zähne, mit Ausnahme eines fehlenden obern Schneidezahns – Zähne, die nicht zwecklos zubeißen und die nie vom Rauche einer Pfeife berührt worden waren – ein wässriges, sanftes Auge unter dicken, rothen Brauen, ein röthlicher Teint, den er den Winden der Rance und nicht den rauhen Stürmen des Oceans verdankte….
    Das war Gildas Tregomain, einer jener liebenswürdigen Menschen, von denen man sagt: Ob zu Mittag, ob um zwei Uhr, man wird sie immer zu jeder Gefälligkeit bereit finden. Er war auch eine Art unerschütterlichen Felsens, an den der Wogenschwall des Meister Antifer spurlos anprallte. Jetzt wurde er geholt, als sein Nachbar das richtige Südsüdwestergesicht zeigte, und er stellte sich ein, bereit, dieser stürmisch bewegten Persönlichkeit entgegen zu treten.
    Der Expatron der »Charmante Amélie« war im Hause auch ein gern gesehener Gast – bei Nanon, die sich seiner als Schutzwall bediente, bei Juhel, der ihm eine aufrichtige Freundschaft bewahrte, und bei Enogate, die sich gar nicht genierte, ihm einen Kuß auf die rundlichen Wangen oder die glatte Stirn zu drücken – und eine glatte Stirn soll nach Aussage der Physiognomiker das unzweifelhafte Zeichen eines ruhigen Temperaments sein.
     

    »Gesunden?… Wie soll ich ihn denn gefunden haben?« (S. 51.)
     
    Jetzt, gegen viereinhalb Uhr nachmittags, bestieg also der Lastschiffer die hölzerne Treppe, die nach dem Zimmer des ersten Stockwerks hinaufführte, wobei freilich die Stufen ein wenig krachten, und bald darauf befand er sich dem Meister Antifer gegenüber.
Fünftes Capitel.
In dem Gildas Tregomain große Mühe hat, dem Meister Antifer nicht zu widersprechen.
    »Bist Du endlich da, Kapitän?
    – Ich bin gekommen, weil Du mich rufen läßt, lieber Freund…..
    – Ohne weitere Verzögerung?…
    – Außer der, hierher zu gehen.
    – Na, wahrlich, es sieht mir aus, als wärst Du auf der »Charmante Amélie« hierher gefahren!«
    Gildas Tregomain achtete nicht auf diese Anspielung bezüglich des langsamen Ganges der Lastschiffe im Vergleich mit den Seeschiffen. Er merkte, daß sein Nachbar bei schlechter Laune war, was ihn nicht besonders verwunderte, und nahm sich vor, dessen Launen willig zu ertragen.
    Meister Antifer hielt ihm einen Finger hin, den er sanft zwischen Daumen und Zeigefinger drückte.
    »Eh!… nicht so heftig, zum Teufel! Du drückst einen auch allemal wie toll!
    – Entschuldige, ich hab’ es nicht mit Absicht gethan….
    – Na, das hätte auch noch gefehlt!«
    Mit einer Handbewegung forderte Meister Antifer seinen Freund auf, an dem Tische in der Mitte des Zimmers Platz zu nehmen.
    Der Lastschiffer setzte sich also nieder, die Füße in den absatzlosen Schuhen hübsch auswärts, und breitete dann sein großes Taschentuch über die Knie, ein blau und roth geblümtes Baumwollentuch, das in jeder Ecke einen Anker zeigte.
    Dieser Anker hatte das Privilegium, bei Meister Antifer stets ein starkes Achselzucken hervorzurufen…. Ein Anker bei einem Fluß-Frachtschiffer!… Warum dann nicht auch einen Fock-, einen Großmast und einen Besan für eine Schute?
    »Du trinkst doch einen Cognac, Kapitän? fragte er, während er schon eine Flasche und zwei Gläschen hinsetzte.
    – Du weißt, lieber Freund, daß ich dergleichen niemals trinke.«
    Das hinderte den Meister Antifer freilich nicht, die Gläser bis zum Rande zu füllen. Nach einer schon seit zehn Jahren bestehenden Gewohnheit trank er nämlich, wenn er sein Glas geleert hatte, auch das Gildas Tregomain’s aus.
    »Und nun wollen wir ein Garn zusammen spinnen.
    – Wovon denn? antwortete der Frachtschiffer, obwohl er recht gut wußte, weshalb man ihn geholt hatte.
    – Wovon, Kapitän?… Ja, wovon sollen wir denn plaudern, wenn nicht…
    – Ah, richtig! Hast Du denn nun auf dem Dich so interessierenden Breitengrade den gesuchten Punkt gefunden?
    – Gesunden?… Wie soll ich ihn denn gefunden haben?… Etwa beim Zuhören auf das Geschwätz der beiden Weibspersonen, die eben noch hier waren?
    – Die gute Nanon und

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