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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Sorte, und das bedauerte er im Interesse der so ehrenwerthen Küstenschifferzunft. Pierre-Servan-Malo war dagegen nicht umzustimmen. Er blieb bei seiner Ueberzeugung. Er hatte die Schätze des Nabob schon so gut wie in der Tasche, und darin durfte ihm keiner widersprechen, wenn er nicht einen schrecklichen Sturm heraufbeschwören wollte. So vermied es denn auch an diesem Abend der gutmüthige Frachtschiffer, eine Explosion bei der reizbaren Theerjacke hervorzurufen.
    »Nun, alter Freund, begann der Meister Antifer, jenem scharf ins Gesicht sehend, antworte mir ohne Umschweife, denn manchmal sieht es aus, als ob Du mich nicht recht verständest. Na, freilich hat der Kapitän der »Charmante Amélie« niemals Veranlassung gehabt, ein Besteck zu machen; das kommt zwischen den Ufern der Rance nicht vor. Auf so einem Bächlein braucht keiner die Höhe der Sonne, des Mondes und der Sterne aufzunehmen.«
    Mit dieser Aufzählung der Verfahren, die die Hydrographie vorschreibt, wollte Pierre-Servan-Malo entschieden nur die große Kluft andeuten, die den Führer eines Küstenfahrzeuges von dem »Kapitän« eines Frachtschiffes trennte.
    Der vortreffliche Tregomain lächelte resigniert und besah sich die bunten Streifen auf seinem unbeschreiblichen Taschentuche.
    »Na, Du hörst wohl gar nicht, Frachtfahrer?…
    – O natürlich, lieber Freund.
    – Nun also, ein für allemal, weißt Du überhaupt genau, was eine Länge ist?
    – Ich denke, so ziemlich.
    – Weißt Du auch, was ein Parallelkreis ist und daß der Aequator in dreihundertsechzig Grade oder einundzwanzigtausendsechshundertsechzig Bogenminuten getheilt wird, was so viel wie eine Million zweihundertsechsundneunzigtausend Secunden ausmacht?
    – Warum sollt’ ich das nicht wissen? antwortete Gildas Tregomain mit freundlichem Lächeln.
    – Und weißt Du, daß ein Bogen von fünfzehn Graden einer Zeitstunde entspricht und ein solcher von fünfzehn Minuten einer Zeitminute, und ein Bogen vor fünfzehn Secunden einer Zeitsecunde?
    – Soll ich Dir’s aus dem Kopfe wiederholen?
    – Nein, das ist unnöthig. Nun also, ich habe Kenntniß von jener Breite nämlich vierundzwanzig Grad neunundfünfzig Minuten nördlich vom Aequator. Diese Parallele enthält nun dreihundertsechzig Grade – verstehst Du, dreihundertundsechzig – und über dreihundertneunundfünfzig ärgre ich mich so wenig, wie über einen Anker, dessen Schaufeln abgebrochen sind. Einen aber giebt es, den ich nicht kenne und nicht kennen werde, bevor man mir nicht die Länge, die ihn durchschneidet, angegeben hat… und da… an dieser Stelle… da liegen Millionen…. Lache nur nicht….
    – Ich lache nicht. lieber Freund.
    – Jawohl, Millionen, die mir, mir gehören, die auszugraben ich das Recht habe, sobald mir die Oertlichkeit, wo sie verscharrt sind, angegeben wird.
    – Ja, erwiderte der Frachtschiffer, da mußt Du eben geduldig warten, bis der Bote mit jener erfreulichen Meldung kommt.
    – Geduldig… geduldig! Was hast Du denn eigentlich in den Adern?
    – Ich glaube Syrup, nichts als Syrup, antwortete Gildas Tregomain.
    – Ich aber Quecksilber… und Salpeter, der in meinem Blute aufgelöst ist… ich kann einmal nicht ruhig bleiben… ich zehre mich auf.
    – Du mußt Dich aber beruhigen….
    – Beruhigen?… Denkst Du gar nicht daran, daß wir schon zweiundsechzig schreiben, daß mein Vater vierundfünfzig gestorben ist, nachdem er das Geheimniß seit zweiundvierzig besessen hatte… und daß es bald zwanzig Jahre sind, seitdem wir auf die Lösung dieses verteufelten Räthsels warten….
    – Zwanzig Jahre, murmelte Gildas Tregomain. Wie die Zeit vergeht! Vor zwanzig Jahren, ach, da führte ich ja noch die »Charmante Amélie«….
    – Wer spricht denn von Deiner »Charmante Amélie«, rief Meister Antifer heftig. Ist denn von der »Charmante Amélie« oder von der Breite die Rede, die in diesem Briefe angegeben ist?«
     

    Man grüßte ihn von hier und von da. (S. 64.)
     
    Dazu ließ er vor den blinzelnden Augen des Frachtschiffers den berühmten, schon vergilbten Brief umhertanzen, der das Monogramm Kamylk-Paschas trug.
    »Ja… dieser Brief… dieser verdammte Brief… fuhr er fort, dieser verteufelte Brief, den ich zerreißen, in Asche verwandeln möchte….
    – Das wäre vielleicht das klügste, wagte der Frachtschiffer zu bemerken.
    – Hollah… Kapitän Tregomain, rief Meister Antifer flammenden Auges und drohender Stimme, daß es Dir nie wieder beikommt, mir so zu antworten, wie

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