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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Er ist es! wiederholten die beiden Frauen.
    – Er?… Welcher er…?« knurrte Meister Antifer.
    Schon wollte er sich nach der Treppe begeben, als jemand die Thür seines Zimmers öffnete.
    »Guten Abend, liebster Onkel, guten Abend!«
    Diese Worte ertönten von einer heitern, offenbar zufriedenen Stimme, die den Onkel in leise Verzweiflung zu setzen vermochte.
    »Er,« das war Juhel, der eben zurückkam. Er hatte den Zug von Nantes nicht versäumt und sein Examen auch bestanden, denn er rief:
    »Erhalten, lieber Onkel, erhalten!
    – Erhalten! wiederholten die bejahrte Frau und das junge Mädchen.
    – Erhalten… Was denn?… versetzte Meister Antifer.
    – Das Patent eines Kapitäns der langen Fahrt… mit Auszeichnung!«
    Und da sein Onkel ihm die Arme nicht öffnete, fiel er in die Gildas Tregomain’s, der ihn an’s Herz drückte, daß dem jungen Mann der Athem ausging.
    »Sie werden ihn ersticken, Gildas, bemerkte Nanon.
    – Ei was, ich hab’ ihn doch kaum umarmt!« meinte lächelnd der Exkapitän der »Charmante Amélie«.
    Inzwischen war Juhel wieder zu sich gekommen und wandte sich nun an Meister Antifer, der unruhigen Schrittes im Zimmer auf-und abging.
    »Und nun, lieber Onkel, wann soll nun die Hochzeit sein?
    – Welche Hochzeit?
    – Die meinige mit der lieben Enogate, antwortete Juhel. Ist das nicht ausgemacht?
    – Ja, freilich, schon lange, bestätigte Nanon.
    – Wenigstens, wenn Enogate mich noch mag, seitdem ich Kapitän für lange Fahrt….
    – Ach, mein Juhel!« rief das junge Mädchen, indem sie ihm eine Hand hinstreckte, in der der gute Tregomain – er hat es wenigstens behauptet – zu sehen glaubte, daß sie ihr ganzes Herz hinein gelegt hatte.
    Meister Antifer antwortete nicht und schien nur zu schnüffeln, woher der Wind wehte.
    »Nun, lieber Onkel? fragte der junge Mann noch einmal, während er seine hübsche Gestalt aufrichtete, sein Gesicht leuchten und seine Augen von Glück erglänzen ließ. Hast Du, lieber Onkel, fuhr er fort, nicht gesagt: die Hochzeit findet statt, wenn Du Dein Patent erhalten hast, und wir bestimmen die Zeit dafür am Tage Deiner Heimkehr?
    – Ich glaube, das hast Du gesagt, alter Freund, wagte der Frachtschiffer zu bemerken.
    – Nun also, mein Patent hab’ ich, wiederholte Juhel, hier bin ich auch zurück, und wenn Du nichts einzuwenden hast, lieber Onkel, bestimmen wir die Sache für die ersten Tage des April….«
    Pierre-Servan-Malo schnellte in die Höhe.
    »In acht Wochen, warum nicht gleich in acht Tagen, in acht Stunden… oder gar in acht Minuten?…
    – Wahrhaftig, wenn das ausführbar wäre, lieber Onkel, ich hätte wahrlich nichts dagegen.
    – Nein, nein, das will Zeit haben, meinte Nanon. Da giebt es Vorbereitungen zu treffen, Einkäufe zu machen….
    – Ja, ich muß mir auch einen neuen Anzug dazu bauen lassen, sagte Gildas Tregomain, der zukünftige Brautführer.
    – Nun also… am fünften April? fragte Juhel.
    – Meinetwegen, stieß Meister Antifer hervor, der sich gar zu sehr in die Enge getrieben fühlte.
    – Ach, mein liebster guter Onkel! jubelte das junge Mädchen, sich ihm an den Hals werfend.
    – O, mein bester Onkel!« rief der junge Mann.
    Und da er diesen von der einen Seite und Enogate ihn von der andern Seite umarmte, ist’s nicht ganz unmöglich, daß die Lippen der jungen Leute sich dabei ein wenig berührten.
    »Gut… also abgemacht…, ließ der Onkel sich vernehmen…, am fünften April… doch unter einer Bedingung…
    – O, keine Bedingungen….
    – Noch eine Bedingung? rief Gildas Tregomain, der einen listigen Schachzug seines Freundes fürchtete.
    – Ja freilich… eine Bedingung noch….
    – Und die wäre, lieber Onkel? fragte Juhel mit leichtem Stirnrunzeln.
    – Sie besteht darin, daß ich bis dahin meine Länge noch nicht erfahren habe.«
    Alle seufzten erleichtert auf.
    »Ja!… Ja wohl!« riefen die andern wie aus einem Munde.
    Es wäre ja grausam gewesen, dem Meister Antifer diese kleine Genugthuung zu versagen. Welche Wahrscheinlichkeit lag auch dafür vor, daß der nun seit zwanzig Jahren erwartete Sendling Kamylk-Paschas gerade noch vor dem für Juhels und Enogates Hochzeit bestimmten Tage eintreffen könnte?

Sechstes Capitel.
Erste Scharmützel zwischen Abendland und Morgenland, wobei dem Morgenlande vom Abendlande arg mitgespielt wird.
    Eine Woche verstrich. Von einem Boten keine Spur. Gildas Tregomain meinte, er würde darüber auch nicht weniger erstaunt sein, als wenn der Prophet Elias

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