Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
Nazim, und ein Beobachter hätte sehen müssen, daß der angebliche Schreiber ihn nicht in respectvollster Weise empfing. O, ohne jenes Procent, das ihm von den Millionen zukam, und ohne die Angst, die ihm Saouk einflößte, hätte er mit Vergnügen den Erben Kamylk-Paschas mit sammt dem Testamente und der unbekannten Insel seines Weges ziehen lassen oder sich gar nicht darum gekümmert, wer sich etwa aufmachte, den Schatz zu heben.
Hätte jemand etwa unserm Malouin gesagt, daß Suez früher von den Arabern Sueys und von den Aegyptern Kleopatris genannt worden war, so würde dieser sofort geantwortet haben:
»Bei dem Zwecke, um deswillen ich hierher kam, ist mir das völlig gleichgiltig!«
An den Besuch einiger Moscheen, einiger alten Bauwerke ohne besondern Charakter, zweier oder dreier Plätze, deren merkwürdigster der Getreidemarkt ist, oder eines nach dem Meere zu stehenden Hauses, in dem einst General Bonaparte gewohnt hatte… an dergleichen dachte das ungeduldige Männchen gar nicht. Juhel meinte dagegen, er könne die achtundvierzig Stunden nicht besser ausnützen, als durch eine Besichtigung der Stadt mit fünfzehntausend Seelen, deren unregelmäßige Wälle freilich in recht schlechtem Zustande waren.
Er und Gildas Tregomain trotteten also durch alle Straßen und Gassen, besahen sich die Rhede, wo fünfhundert Schiffe bei sechzehn bis zwanzig Meter Tiefe recht guten Ankergrund finden und gegen den hier fast stets wehenden Nordwest geschützt sind.
Suez betrieb schon einen nicht unbeträchtlichen Seehandel, ehe jemand an den heutigen Canal dachte – – Dank der Eisenbahn, die Kairo und Alexandrien verbindet. Durch seine Lage im Hintergrunde des Golfes, dem es seinen Namen entlehnt hat – ein Golf, der sich zwischen der ägyptischen Küste und der Landenge hundertsechsundachtzig Kilometer weit ins Land erstreckt – beherrschte diese Stadt das Rothe Meer und wird sich, wenn auch langsam, doch auch in Zukunft weiter entwickeln.
Meister Antifer hatte für so etwas, wie gesagt, nicht das geringste Interesse. Während die beiden andern durch die Straßen lustwandelten, verließ er fast gar nicht den herrlichen, in eine Promenade umgewandelten Strand. Er fühlte freilich, daß man ihn überwachte. Bald war es Nazim, bald wieder Ben Omar, der ihn nicht aus den Augen verlor, ohne daß sich einer von ihnen an ihn herangedrängt hatte. Er gab sich übrigens den Anschein, von dieser Ueberwachung nichts zu merken. In Gedanken versanken, auf einer Bank sitzend, überflog sein Blick den Horizont des Rothen Meeres und suchte noch darüber hinauszudringen, und zuweilen – so sehr unterlag seine Phantasie seiner fixen Idee – glaubte er das Eiland zu sehen – sein Eiland – wie es aus dem Nebeldunst des Südens auftauchte in Folge einer Luftspiegelung, die übrigens an solchen sandigen Küsten nicht selten und so täuschend sind, daß sich das Auge davon allemal beirren läßt.
Endlich, am 11. März, hatte das Packetboot seine Vorbereitungen zur Abfahrt vollendet und die nöthigen Kohlen eingenommen, die es zur Fahrt über den Indischen Ocean und zum Anlaufen gewisser Häfen brauchte.
Selbstverständlich hatten sich Meister Antifer, Gildas Tregomain und Juhel schon sehr frühzeitig an Bord begeben und auch Ben Omar und Saouk sich eingeschifft.
Das in der Hauptsache nur zum Waarentransport eingerichtete große Dampfschiff konnte doch auch Passagiere mitnehmen, von denen übrigens die meisten nach Bombay gingen, und nur wenige in Aden und Mascat absteigen wollten.
Der »Oxus« lichtete um elf Uhr morgens die Anker und dampfte durch die lange Wasserstraße von Suez hin. Es wehte eine ziemlich frische Nordwestbrise, die nach Westen umzulaufen versprach. Da die Reise gegen vierzehn Tage in Anspruch nehmen sollte, weil unterwegs mehrmals angehalten wurde, hatte Juhel eine Cabine mit drei Lagerstätten belegt, die am Tage zum Ausruhen und nachts zum Schlafen dienen konnte.
Natürlich nahmen Saouk und Ben Omar eine andre Cabine ein, aus der Ben Omar jetzt gewiß nur immer für sehr kurze Zeit auftauchen würde. Meister Antifer, der dem Manne, den er nicht loswerden konnte, ihr gegenseitiges Verhältniß möglichst klar zu machen strebte, hatte mit der ihm eignen Höflichkeit des Seebären den Notar in folgender Weise angelassen:
»Herr Ben Omar, wir fahren zwar in Gesellschaft, das versteht sich, doch jeder hält sich auf seiner Seite… Ich mich auf der meinigen… Sie sich auf der Ihrigen. Es wird genügen,
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