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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Ebenen, auf denen der Sand an die Stelle des Grases trat – ganz wie in der Sahara, fand sich nur selten Wasser, kaum jemals Schatten, dafür wurde der Weg aber desto beschwerlicher.
    Für die an solche Karawanenreisen gewöhnten Araber hatte das nicht viel zu bedeuten; diese legen auch sehr lange Strecken oft in der drückendsten Sommerhitze zurück. Wie unsre Europäer das aushielten, war freilich eine andre Frage.
    Wir beeilen uns, zu versichern, daß sie ohne Schaden davon kamen, selbst der Frachtschiffer, dessen Masse einige Wochen später unter den Strahlen der Tropensonne wohl zerflossen wäre. Durch den regelmäßigen Gang und den elastischen Tritt seines Kameels eingewiegt, lag er im Halbschlummer zwischen dessen beiden Höckern so sicher, als ob er selbst einen integrierenden Theil des Thieres bildete. Er hatte bald herausgefunden, daß sein gefälliges Reitthier die Hindernisse des Weges besser erkannte als er, was ihn veranlaßte, auf jede Lenkung desselben zu verzichten. Die »Charmante Amélie« glitt nicht sicherer dahin, wenn sie ein Gespann vom Leitwege neben der Rance auf dem Wasser stromauf schleppte.
    Der junge kräftige Juhel weilte, während er das Gebiet des Imanats zwischen Mascat und Sohar durchzog, im Geiste immer in der ihm theuern Stadt der Bretagne in der Rue des Hautes-Salles, vor dem Hause, wo Enogate seiner wartete… um die Prinzessin, mit der sein Oheim ihn verkuppeln wollte, machte er sich keine Sorgen. Nur seine reizende Cousine konnte und wollte er als Gattin heimführen, denn auf der ganzen Erde gab es keine Herzogin, und wäre sie auch aus königlichem Blute gewesen, die sich mit ihr hätte vergleichen können! Die Millionen Kamylk-Paschas – selbst wenn diese sich nicht als ein Traumgebilde erwiesen – sollten daran nichts ändern. Natürlich hatte Juhel von Mascat aus sofort an seine Verlobte geschrieben. Doch wann würde sie diesen Brief erhalten?…
    Meister Antifer wurde mit jedem Tage nur sorgenvoller, und später drohte das noch schlimmer zu werden. Der Transport der drei kostbaren Fässer wollte ihm gar nicht mehr aus dem Kopfe gehen.
    Wie sehr hätten sich seine Besorgnisse erst gemehrt, wenn er gewußt hätte, daß er, sogar in der Karawane, ganz besonders scharf beobachtet wurde! Es hatte sich nämlich ein etwa vierzigjähriger, recht gut aussehender Eingeborner, der in ihm nie einen Verdacht erweckt hatte, näher an Meister Antifer angeschlossen.
    Jedesmal, wenn das Packetboot von Suez – in halbmonatlichen Zwischenräumen – in Mascat anlegte, war die Polizei des Imans immer auf dem Posten. Abgesehen von der Steuer, die jeder das Land betretende Fremde erlegen mußte, war der Souverän auch stets sehr neugierig zu erfahren, was Europäer, die hier landeten, wohl vorhaben möchten. Auch als die drei Malouins den Quai betraten und sich in dem englischen Hôtel einquartiert hatten, widmete ihnen der Chef der Polizei eine wahrhaft zärtliche Sorgfalt.
    Wie erwähnt, thut die wohlorganisierte Polizeimacht Mascats ihre Pflicht in tadelloser Weise. Nach regelrechten Pässen fragt sie zwar nicht, denn mit solchen sind alle Spitzbuben gewöhnlich versehen, und sie stellt auch keine hochnothpeinlichen Fragen, auf die zu antworten jeder Schwindler schon vorbereitet ist. Sie verliert die Leute aber nicht aus den Augen und beobachtet sie mit einer Discretion, einer Zurückhaltung, die der Intelligenz der Orientalen alle Ehre macht.
    Auch Meister Antifer’s Schritte wurden also von einem Beamten sorgsam überwacht. Ohne eine Frage an diesen oder seine Begleiter zu richten, mußte der Mann sich doch nach und nach über die Absicht klar werden, die die drei Europäer nach dem Imanat geführt hatte. Wenn sie sich hier unter einem Volke bewegten, dessen Sprache sie nicht verstanden, so bot er sich ihnen höchstens zuvorkommend als Dolmetscher an. Dann, von dem Beamten unterrichtet, ließ sie der Iman gewiß nicht wieder abreisen, außer wenn es für ihn ganz interesselos war, sie zurückzuhalten.
    Diese Ueberwachung mußte das große Vorhaben Meister Antifer’s natürlich wesentlich erschweren. Wenn es schon schwierig genug war, einen Schatz von unglaublichem Werthe auszugraben, ihn nach Mascat zu bringen und auf das Suezer Packetboot zu schaffen, so wurde das, wenn Seine Hoheit wußte, um was es sich handelte, fast zur Unmöglichkeit.
    Zum Glück – wir müssen das wiederholt betonen – ahnte Pierre-Servan-Malo nichts von der Verschlimmerung seiner Aussichten für die

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