Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
angegeben hatte, zogen sie sich vorläufig wieder zurück.
Juhel konnte sich vielleicht etwas übereilt haben, als er erklärte, die Abfahrt werde noch an diesem Abend oder am folgenden Morgen vor sich gehen, das hielt ihm wenigstens Gildas Tregomain ein.
Schon war es um drei Uhr Nachmittag und der Dolmetscher immer noch nicht zu sehen. Dieser Umstand beunruhigte beide ein wenig. Mußten sie auf seine Dienste verzichten, so hatten sie gewiß manche Schwierigkeit, sich mit den Seeleuten aus Sohar nur durch Zeichen zu verständigen, wenn sie von diesen verlangten, hier oder da zu halten oder den oder jenen Cours zu steuern. Im Nothfall waren ja aber Ben Omar und Nazim bei der Hand, und diese verstanden arabisch… doch sich an diese beiden zu wenden? Zum Glück hielt jedoch Selik sein Versprechen, und hätte sich wohl überhaupt gehütet, diesem nicht nachzukommen. Gegen fünf Uhr, als der Frachtschiffer und Juhel schon nach der Karawanserei wollten, trat der Dolmetscher noch am Hafen an sie heran.
»Endlich!« rief Juhel.
Selik entschuldigte sich wegen der Verzögerung. Er habe nur mit Mühe ein Fahrzeug austreiben können und dafür auch einen recht hohen Preis bieten müssen.
»Das thut nichts! sagte Juhel darauf. Können wir noch heute Abend in See gehen?
– Nein, erwiderte Selik, die Mannschaft wird erst zu spät beisammen sein.
– Wann fahren wir also ab?
– Morgen mit Tagesanbruch.
– Gut.
– Ich werde Sie in der Karawanserei abholen, setzte Selik hinzu, und dann fahren wir mit der einsetzenden Ebbe ab.
– Und wenn der Wind sich hält, bemerkte Gildas Tregomain, werden wir ganz gute Fahrt machen!«
Gute Fahrt, gewiß, denn der Wind stand aus Westen, und nach Osten hin mußte Meister Antifer sein Eiland suchen.
Fünfzehntes Capitel.
Worin Juhel für seinen Onkel und beim herrlichen Wetter der Welt eine Höhenmessung vornimmt.
Am nächsten Morgen, noch ehe die Sonne die Oberfläche des Golfes mit ihren ersten Strahlen vergoldete, klopfte Selik bereits an die Zimmer in der Karawanserei. Meister Antifer, der keine Minute geschlafen hatte, war augenblicklich auf den Füßen und Juhel erschien ebenfalls sofort.
»Das Fahrzeug ist fertig, meldete Selik.
– Wir folgen Ihnen. antwortete Juhel.
– Und der Frachtschiffer? fragte Meister Antifer. Ihr werdet sehen, daß der noch wie ein Meerschwein schnarcht! Ich werd’ ihn aufschütteln!«
Er begab sich nach dem Gemach des genannten Meerschweins, das wirklich noch in tiefem Schlummer lag, aber, von kräftigen Armen aufgescheucht, bald die Augen öffnete.
Inzwischen machte Juhel dem Notar und Nazim verabredetermaßen Mittheilung, doch diese waren schon zum Aufbruche fertig. Nazim hatte einige Mühe, seine Ungeduld zu bemeistern, Ben Omar aber wankte todtenbleich und unsichern Schrittes dahin.
Als Selik die beiden Aegypter erscheinen sah, konnte er eine Bewegung des Erstaunens nicht unterdrücken, die der junge Kapitän recht wohl bemerkte. Am Ende war das ja nicht zu verwundern, wenn man bedenkt, daß diese Leme von verschiedener Nationalität sich also kannten, miteinander zu Schiffe gehen und eine Untersuchung des Golfes vereinigt vornehmen wollten. Natürlich erregte das in etwas den Verdacht des Polizisten.
»Diese beiden Fremden wollen also mit Ihnen fahren? fragte er Juhel.
– Ja, bestätigte dieser nicht ohne einige Verlegenheit. Es sind Reisegefährten von uns. Wir kamen mit dem Packetboote von Suez zugleich nach Mascat.
– Und Sie kennen die Herren?
– Gewiß…. Wenn sie sich bisher abseits hielten, so geschah das, weil mein Onkel immer bei recht schlechter Laune war….«
Offenbar verwickelte sich Juhel bei seinen Erklärungen, doch es zwang ihn ja nichts, Selik solche zu geben. Jene Aegypter schlossen sich ihnen an, weil ihnen das paßte….
Selik gab sich scheinbar zufrieden, die Sache erschien ihm aber doch so auffällig, daß er sich vornahm, die beiden Aegypter ebenso scharf zu beobachten, wie die drei Franzosen.
Jetzt erschien Meister Antifer mit dem Frachtschiffer im Schlepptau, ein Schlepper, der ein großes Handelsschiff zieht. Um die Metapher weiter zu führen, kann man auch sagen, daß das fragliche Schiff kaum angefangen hatte, die Anker zu lichten. Der Mann schlief noch halb und blinzelte nur durch die müden Augenlider.
Natürlich stellte sich Pierre-Servan-Malo auch jetzt so, als ob er die Anwesenheit Ben Omar’s und Nazim’s gar nicht bemerkte. Mit Selik an seiner Seite, schritt er voraus, und die übrigen
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