Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
dem Horizonte, ohne einen Trost finden oder gar etwas entdecken zu können, was einer verlornen Insel ähnlich sähe.
Der Wind frischte mehr und mehr auf; die Perme tanzte lustig auf den kurzen Wellen und alle fühlten ihre Bewegungen mehr oder weniger unangenehm. Nur Nazim schien – ein treuer Diener seines unter Deck »verstauten« Herrn – nichts davon zu bemerken, und ohne ein Wort zu sprechen, beobachtete er nur immer den, der für ihn der Räuber seines Vermögens war. Meister Antifer würdigte den vermeintlichen Schreiber keines Blickes… er bemerkte diesen fast gar nicht… und hielt auf seiner Stelle, innerlich erregt und äußerlich versteinert, aus, bis ihn der späte Abend nach der Cabine hinunterzugehen nöthigte.
Juhel freilich hatte mehr die Augen offen; ihm kam die ganze Besatzung des Fahrzeuges, von der einige Mann sogar seekrank geworden waren, entschieden verdächtig vor.
Tregomain bemerkte, daß ihn etwas bedrückte, und fragte freundlich, doch so leise, daß es Meister Antifer nicht hören konnte:
»Nun, Herr Kapitän der langen Fahrt, wir werden doch das berühmte Eiland zeitig genug erreichen und schnell genug wieder in der Rue des Hautes-Salles zurück sein, ehe die gute Enogate sich zu sehr abgehärmt hat?
– Wer weiß, lieber Tregomain, vor seinem Ende ist niemand glücklich zu preisen, und wenn diese ungünstige Witterung, bei der wir in der Irre herumfahren, anhält und uns gar zwingt, irgendwohin ans Land zu gehen, um frische Nahrungsmittel einzunehmen, dann verlieren wir nicht nur wieder Zeit, sondern es muß unsre Hartnäckigkeit, den Golf von Oman so gründlich abzusuchen, auch andern Leuten verdächtig erscheinen, und dann…«
Er verschwieg dabei, daß es nicht der Zustand der Atmosphäre war, der ihm Sorge machte. Die Sonne mußte ja, selbst über dem Golfe von Oman, einmal zum Vorschein kommen. Das Eiland wurde gewiß gefunden, wenn es überhaupt vorhanden war… doch die zu fürchtende Einmischung der verdächtigen Gesellschaft, die sich auf der »Berbera« mit eingeschifft hatte….
Die pechschwarze Nacht brachte das Fahrzeug noch in recht ernste Gefahr, nicht in Folge seiner Leichtigkeit, denn diese gestattete ihm, über die Wogen hinweg zu gleiten, doch dann und wann brauste der Sturm stoßweise so gewaltig daß man zehnmal ein Kentern desselben befürchten mußte.
Nach Mitternacht, wo ein starker Regen niederging, flaute der Wind ein wenig ab, und vielleicht leitete das für morgen einen Witterungsumschlag ein. Doch nein, denn als es wieder heller wurde, zeigte sich der Himmel noch ebenso stark bewölkt, wenn die Atmosphäre sich auch wesentlich beruhigt hatte. Dem schweren Platzregen der Nacht folgte nun der feinere Niederschlag aus den niedern Wolkenschichten, der – ohne Zeit zur Bildung großer Tropfen zu haben – mehr halb staubförmig niederrieselte.
Als Juhel nach dem Verdecke kam, konnte er eine Bewegung der Enttäuschung nicht unterdrücken. Bei diesem Zustande des Himmels war es ihm ganz unmöglich, sein Besteck zu machen. Wo sich die Perme nach so häufigen Courswechsel und ohne Kenntniß des zurückgelegten Weges jetzt befände, das hätte auch deren Führer, trotz seines Vertrautseins mit den heimischen Gewässern, gewiß nicht zu sagen gewußt. Vielleicht war die »Berbera« schon an dem Eiland vorübergekommen und durch den heftigen Wind viel zu weit nach Osten verschlagen worden.
Unter dem Pfortsegel hervorkriechend, nahm Pierre-Servan-Malo wieder ganz vorn auf dem Verdeck Platz. Doch wie wetterte und schimpfte er beim Anblick des Himmels! An seinen Neffen richtete er aber kein Wort, sondern hielt sich regungslos neben dem Krahnbalken des Steuerbords.
Wenn Juhel sich nun hütete, das von seinem Onkel schon seit gestern bewahrte Schweigen zu brechen, so mußte er sich dafür einige Fragen von Selik gefallen lassen, die er nur ausweichend beantworten konnte.
Der Dolmetscher trat nämlich an ihn heran und sagte:
»Heut scheint sich der Tag auch schlecht anzulassen, mein Herr!
– Sehr schlecht.
– Sie werden Ihre Instrumente zur Sonnenbeobachtung wieder nicht benutzen können.
– Das ist leider zu fürchten.
– Was machen Sie aber dann?
– Nun, dann wart’ ich eben.
– Ich erinnre Sie daran, daß die Perme nur für drei Tage Proviant mitführt, und wenn das schlechte Wetter anhielte, müßte sie nach Sohar zurücksegeln.
– Ja freilich!
– Werden Sie in diesem Falle auf Ihr Project einer Untersuchung des Golfs von Oman
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