Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
wurde.
– Ja wohl, sie heiraten, wiederholte der Banquier in dem entschiedenen Tone, der keinen Widerspruch zuläßt. Durch diese Verbindung würden die fünfzig Millionen von der einen und die fünfzig Millionen von der andern Seite in meiner Familie bleiben.
– Herr Zambuco! erwiderte Meister Antifer, der den Kiesel im Munde umherwarf, wie die Brandung die Strandkiesel hin und her kollert.
– Herr Zambuco…
– Herr Antifer…
– Ist’s Ihnen ernst… mit diesem Vorschlag?
– So ernst, wie irgend etwas, und wenn Sie sich weigern, meine Schwester zur Frau zu nehmen, so schwöre ich Ihnen zu, ist es zwischen uns aus, und Sie können getrost wieder nach Frankreich zurücksegeln!«
Ein dumpfes Grollen wurde vernehmbar. Meister Antifer war am Ersticken. Er griff nach seinem Halstuche, nahm den Hut, öffnete die Thür des Cabinets und lief über den Hof, und dann, sich wie ein Toller geberdend, die Straße hinab.
Saouk, der noch immer gewartet hatte, folgte ihm, sehr beunruhigt, den Mann so aufgeregt zu sehen, vorsichtig nach.
Am Hôtel angelangt, stürzte der Malouin geradezu in die Hausflur. Als er dann den Freund und den Neffen in einem Nebenraume des Speisesaales sitzen sah, rief er ihnen polternd zu:
»Der Elende!… Wißt Ihr, was er wollte?…
– Dich doch nicht umbringen?… fragte Tregomain.
– Etwas schlimmeres als das!… Er will, daß ich seine Schwester zur Frau nehme!«
Viertes Capitel.
In dem der schreckliche Kampf zwischen Abendland und Morgenland zu Gunsten des letzteren ausgeht.
So sehr der Frachtschiffer und Juhel seit einiger Zeit an Zwischenfälle und Hindernisse gewöhnt waren, so etwas hätten sie sich doch nicht träumen lassen…. Meister Antifer, der hartgesottene Hagestolz, so an die Wand gedrückt… und an welche Wand!… die Wand der Ehe, die er – bei Strafe des Verlustes seines ungeheuern Erbantheiles – übersteigen sollte!
Juhel bat seinen Oheim, die Sache etwas ausführlicher zu erzählen. Das that dieser unter Begleitung eines ganzen Breitenfeuers flammender Verwünschungen, die leider dem in seinem Hause des Malteserviertels geschützten Zambuco kein Härchen versengen konnten.
Man denke sich nur den alten Knaben, der mit sechsundvierzig Jahren eine siebenundvierzigjährige Jungfrau heimführte und so ein Stückchen Orientale, etwas wie ein Antifer-Pascha würde!
Juhel und Gildas Tregomain sahen sich verlegen stillschweigend an; jedenfalls durchzuckte sie aber der nämliche Gedanke.
»Untergegangen, die fünfzig Millionen! sagte sich der Frachtschiffer.
– Nichts mehr, was der Heirat mit meiner Enogate im Wege stände!« sagte sich Juhel.
Daß Meister Antifer den Forderungen Zambuco’s nachgeben, daß er sich entschließen könnte, der Schwager des Banquiers zu werden, daran war doch wohl gar nicht zu denken. Einer solchen Bedingung hätte er sich auch für eine Milliarde nicht unterworfen.
Der Malouin lief inzwischen von einem Ende des Raumes zum andern hin und her. Dann blieb er stehen, setzte sich, und trat wieder an seinen Freund und seinen Neffen heran, wie um sie ganz genau anzusehen, und wandte die Augen ebenso schnell wieder ab. In Wahrheit war er schmerzlich anzusehen, und wenn ihn Gildas Tregomain je für nahe daran hielt, den Verstand zu verlieren, so war das jetzt der Fall. Juhel und er schienen auch stillschweigend übereingekommen zu sein, nichts zu erwidern, er mochte sagen, was er wollte. Mit der Zeit würde er ja wieder Vernunft annehmen.
Endlich fand er die Sprache wieder und haspelte nun seine Reihe wüthender Onomatopoetica herunter.
»Hundert Millionen… verloren durch den Trotzkopf jenes Schurken!… Verdiente er nicht die Guillotine… eine Kugel… einen Strick… Dolch… oder Gift! Gepfählt werden müßte er!… Seine maltesische Scharteke heiraten… die kein Affe aus Senegambien haben möchte!… Seht Ihr mich nicht schon als Ehegespons dieses Fräuleins Talisma?«
Nein, das sahen beide nicht, und die Einführung einer solchen Schwägerin und Tante in den Schoß der ehrbaren Familie Antifer gehörte zu den unwahrscheinlichsten Dingen, die niemand für möglich gehalten hätte.
»So thu’ doch den Mund auf, Frachtschiffer!
– Lieber Freund?
– Sage mir, hat einer das Recht, hundert Millionen in einem Loche versteckt liegen zu lassen, wenn er nur einen Schritt zu machen braucht, um sie herauszuholen?
– Ich bin nicht vorbereitet, auf diese Frage zu antworten, erklärte Tregomain ausweichend.
– Ah so, da fehlt
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