Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Grund, warum wir beide nicht ganz offen gegen einander handeln sollten.«
    Der Banquier rührte sich nicht.
    »Ich besitze die auf dem Eilande Nummer Eins gefundne Länge, fuhr Meister Antifer fort, und Sie müssen im Besitz der Breite des Eilandes Nummer Zwei sein….
    – Nun… ja… antwortete Zambuco etwas zögernd.
    – Warum gaben Sie sich dann, als ich hierher kam und meinen Namen nannte, den Anschein, als wüßten Sie von der ganzen Sache gar nichts?
    – Ganz einfach, weil ich mich nicht dem ersten besten in die Hände geben wollte. Sie konnten auch ein Eindringling sein, Herr Antifer. Zürnen Sie darüber nicht, ich wünschte sicher zu gehen…. Da Sie aber das Document haben, das Sie beauftragt, sich mit mir in Beziehung zu setzen….
    – Das hab’ ich allerdings.
    – So zeigen Sie mir’s.
    – Einen Augenblick, Herr Zambuco – eine Hand wäscht die andre. Sie, haben Sie denn den Brief von Kamylk-Pascha?
    – Gewiß hab’ ich den.
    – Nun also… Brief gegen Document. Der Austausch muß in aller Ordnung und gegenseitig erfolgen.

    – Meinetwegen!« erklärte der Banquier.
    Er trat zu dem Geldschranke, ließ dessen geheimen Mechanismus spielen, machte alles aber so langsam, daß Meister Antifer ganz aus dem Häuschen kam.
    Warum diese eigenthümlichen Manieren? Wollte Zambuco es vielleicht Ben Omar in Saint-Malo nachmachen und den Malouin seines Geheimnisses berauben. wie es der Notar früher – vergeblich! – versucht hatte?
    Das war ja gegenüber einem Manne, der seine Waare nicht ohne Bezahlung hinzugeben entschlossen war, so gut wie unmöglich. Der Banquier hatte aber ein schon lange reiflich erwogenes Project, das, im Falle des Gelingens, die Millionen Kamylk-Paschas seiner Familie – das heißt ihm – sichern mußte, ein Project, das unerläßlicherweise verlangte, daß sein Miterbe Witwer oder Hagestolz war.
    Während er noch die Rosetten an seinem Geldschranke einschnappen ließ, fragte er deshalb mit etwas zitternder Stimme:
    »Sie sind wohl nicht verheiratet?…
    – Nein, Herr Zambuco, und deß freue ich mich jeden Morgen und jeden Abend neu.«
    Der letzte Theil der Antwort rief ein Stirnrunzeln des Banquiers hervor, der mit seinem heimlichen Plan herausrücken wollte.
    Zambuco hatte natürlich, das glaubten in Tunis alle, eine Familie. Diese bestand jedoch, wie bereits mitgetheilt, nur aus einer Schwester. Fräulein Talisma Zambuco führte in Malta ein sehr bescheidnes Leben von einer Pension, die ihr Bruder ihr ausgesetzt hatte. Allein – und das darf nicht unerwähnt bleiben – sie lebte daselbst schon seit siebenundvierzig Jahren, also bald einem halben Jahrhundert. Nie hatte sie Gelegenheit gehabt, sich zu vermählen, erstens weil sie in Bezug auf Schönheit, Verstand, Geist und Vermögen zu wünschen übrig ließ, und dann, weil ihr Bruder noch keinen Mann für sie gefunden hatte, und die Freier dachten gar nicht daran, sich von selbst einzustellen.
    Zambuco rechnete indeß fest darauf, daß seine Schwester sich einmal verheiraten würde. Mit wem, großer Gott?… Nun eben mit jenem Antifer, dessen Besuch er seit zwanzig Jahren erwartete und der die Sehnsucht des alten Mädchens stillen sollte, wenn er Witwer oder noch Junggeselle war. Mit Abschluß dieser Ehe wären die Millionen der Familie verblieben und Fräulein Talisma Zambuco hätte mit ihrem langen Warten nichts verloren gehabt. Es versteht sich, daß sie gänzlich von ihrem Bruder abhing und einen von diesem vorgeschlagenen Gatten mit geschlossenen Augen annehmen würde.
    Eine andre Frage war es freilich, ob auch der Malouin die seinigen schließen würde, um diese antike Malteserin zu ehelichen. Der Banquier zweifelte daran nicht, denn er glaubte sich in der Lage, seinem Miterben nach Gefallen Vorschriften machen zu können. Uebrigens haben gerade Seeleute gar nicht das Recht, wählerisch zu sein – so meinte er wenigstens.
    Schöne Aussichten für unsern Pierre-Servan-Malo, der besser daran gethan hätte, auf dem Frachtschiffe des Freundes Tregomain zwischen den lieblichen Ufern der Rance hinzufahren, als sich in eine solche Galeere zu begeben. Das Spiel, das der Banquier spielte, liegt jetzt klar zu Tage. Nichts konnte einfacher und besser durchdacht sein. Er wollte seine Beute nur im Austausch gegen das Opfer des Meister Antifer – wohlverstanden, das durch die unlösliche eheliche Verbindung des Malouin mit Fräulein Talisma Zambuco – ausliefern.
    Ganz zuerst – bevor er den Brief Kamylk-Paschas dem

Weitere Kostenlose Bücher