Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
Angelegenheit sehr einfach. Meister Antifer würde sich den Zumuthungen des Banquiers Zambuco niemals fügen… Daraus ergab sich die Nothwendigkeit, auf die Aufsuchung des Eilandes Nummer Zwei zu verzichten… daraus wieder die Veranlassung, von Tunis mit dem nächsten Postdampfer abzufahren… und daraus endlich die ungeheure Befriedigung, baldigst nach Frankreich heimzukehren.
Das war offenbar die einzig mögliche Lösung. Sie würden auch nicht unglücklicher sein, ohne den großen Geldsack Kamylk-Paschas nach Saint-Malo zurückzukommen. Warum hatte Seine Excellenz auch solche Schliche und Kniffe beliebt!
Gegen neun Uhr schlugen Gildas Tregomain und Juhel den Weg nach dem Hôtel wieder ein und begaben sich in ihre Zimmer, nachdem sie kurze Zeit vor dem des Onkels gewartet hatten. Dieser schlief noch nicht, er hatte sich noch nicht einmal niedergelegt. Er marschierte vielmehr noch immer auf und ab, sprach mit keuchender Stimme vor sich hin und man hörte nur die Worte:
»Millionen… Millionen… Millionen!«
Der Frachtschiffer legte die Fingerspitze an die Stirn, als wollte er sagen, daß es mit dem da drinnen nun wirklich nicht mehr ganz richtig sei, dann wünschten sich beide gute Nacht und gingen sehr beunruhigt auseinander.
Am folgenden Morgen standen Gildas Tregomain und Juhel sehr frühzeitig auf. Sie mußten sich ja überzeugen, was Meister Antifer nach der gestrigen Weigerung Zambuco’s begann, und sie wollten in der ganzen Sache zu einem endgiltigen Entschlusse kommen, der doch nur dahin zielen konnte, ihr Bündel zu schnüren und Tunis schnellstens zu verlassen. Nach den Erkundigungen, die der junge Kapitän eingezogen hatte, sollte das la Goulette anlaufende Postschiff noch am nämlichen Abend nach Marseille abgehen. Was hätte Juhel nicht darum gegeben, seinen Onkel schon an Bord, in seine Cabine eingeschlossen und zwanzig Seemeilen von der afrikanischen Küste entfernt zu wissen!
Der Frachtschiffer und er folgten dem Corridor, der nach Meister Antifer’s Zimmer führte.
Sie klopften an die Thür.
Keine Antwort.
Juhel klopfte noch einmal und stärker.
Dasselbe Stillschweigen.
Lag sein Onkel wohl in jenem Seebärenschlaf, der auch durch einen Vierundzwanzigpfünder nicht gestört wird? Oder hatte er vor Verzweiflung und in einem Anfalle hitzigen Fiebers etwa gar…?
Sie klopften an die Thüre. (S. 239.)
Vier Stufen auf einmal nehmend, stürmte Juhel zum Portier hinunter, während der Frachtschiffer, dem die Beine schlotterten, sich am Treppengeländer festhielt, um nicht hinunter zu kollern.
»Meister Antifer?…
– Ist schon sehr zeitig ausgegangen, erklärte der Portier auf die Frage des jungen Kapitäns.
– Und hat nicht hinterlassen, wohin?
Ihre Arme streckten sich vorsichtig aus. (S. 244.)
– Nein… kein Wort.
– Sollte er den Spitzbuben Zambuco doch wieder aufgesucht haben? fragte Juhel, der Gildas Tregomain nach dem Marineplatze hin eiligst mit fortzog.
– Wenn’s aber an dem ist… so stimmt er doch am Ende zu… murmelte der Frachtschiffer, der die Arme zum Himmel emporhob.
– Das ist unmöglich!… rief Juhel.
– Ja, das ist unmöglich!… Kannst Du ihn Dir vorstellen, wie er nach Saint-Malo in sein Haus der Rue des Hautes-Salles zurückkehrt mit Fräulein Talisma Zambuco an der Seite, wie er unsrer kleinen Enogate eine maltesische Tante mit heimbringt?
– Eine Scharteke… hat mein Onkel gesagt!«
Im höchsten Grade beunruhigt, setzten sie sich an einem Tischchen des dem Hôtel de France gegenüber liegenden Cafés nieder. Von hier aus konnten sie die Rückkehr Meister Antifer’s beobachten.
Man sagt, daß der Rath über Nacht kommt, freilich aber nicht, daß dieser Rath immer gut sei. In der That hatte sich unser Malouin schon mit Tagesanbruch nach dem Malteserviertel auf den Weg gemacht und das Haus des Banquiers so schnell erreicht, als hätte ihn eine Meute Hunde gehetzt. Zambuco pflegte mit der Sonne aufzustehen und sich mit dieser niederzulegen. Der Banquier und das Tagesgestirn vollendeten ihren Tageslauf übereinstimmend. Der erstere saß also schon in seinem Armstuhle, das Bureau vor, den Geldschrank hinter sich, als der Meister Antifer zu ihm hereingeführt wurde.
»Guten Morgen, sagte er, die Brillengläser putzend, um seinen Besucher deutlicher sehen zu können.
– Bleibt das Ihr letztes Wort? fragte dieser, ohne Vorrede auf sein Ziel lossteuernd.
– Mein letztes!
– Sie weigern sich, mir Kamylk-Paschas Brief
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