Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
Plötzlich erhellte ein weißer Blitz den Raum, als Coriano sein Schwert zog und es direkt auf Josefs Brust richtete. »Meister des Herzens des Krieges, wir haben noch eine Rechnung offen.«
Josef hielt den angeschlagenen Balken wie eine Keule vor sich, und ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Dann lass es uns zu Ende bringen.«
»Bist du verrückt?« Miranda packte Josefs Arm. »Hast du nicht zugehört? Renaud könnte in diesem Moment schon den Pfeiler für sich beanspruchen. Wir haben keine Zeit für solche Hahnenkämpfe!«
»Wenn ihr nach dem neuen König sucht«, sagte Coriano, »der ist im Thronsaal. Zurück durch die Halle und dann vier Treppen nach oben. Die erste Tür rechts bringt euch zum Wandelgang, und dann folgt ihr einfach den Flaggen zum Thronsaal. Er hat auf meinen Rat hin den gesamten Inhalt der Schatzkammer dorthin schaffen lassen, damit ich meine Falle stellen konnte, während er sich in Ruhe mit seinem Pfeiler beschäftigt.«
Mirandas Hände fingen an zu zittern. »Du lässt zu, dass er sich mit dem Pfeiler beschäftigt? Hast du irgendeine Ahnung, was das bedeuten könnte?«
»Nein«, sagte Coriano, »genauso wenig wie du. Spielt es eine Rolle?«
»Natürlich spielt es eine Rolle!« Mirandas Stimme hallte in dem leeren Raum wider. »Du warst doch auf dieser Lichtung. Du solltest besser wissen als manch anderer, dass dieser Mann den Geistern gegenüber nichts als Verachtung empfindet! Wenn er diesen Pfeiler bekommt, gibt es keinen Geist auf der Welt, der sich ihm widersetzen kann, und jeder Geist, den er besiegt, wird so verrückt werden wie dieser Sandsturm. Bedeutet dir das gar nichts?«
Coriano hob seine weiße Klinge und küsste das rot umwickelte Heft. »Der einzige Geist, der mir etwas bedeutet, ist Dunea«, flüsterte er. »Mein Fluss aus weißem Schnee. Und für sie ist es nur von Bedeutung, ihn zu schlagen.« Er deutete mit der Spitze seiner Klinge auf das Herz des Krieges, das über Josefs Schulter hinausragte. »Alles andere ist bedeutungslos.«
Miranda knurrte fast, aber Josef trat vor sie, so dass sein breiter Rücken und das riesige Schwert ihr die Sicht nahmen. Der Schwertkämpfer sah über die Schulter zurück, und Miranda gefror das Blut in den Adern, als sie seinen Blick auffing. Selbst als er nur mit einem Balken in der Hand gegen das Heer von Soldaten angetreten war, hatte er nicht so groß oder tödlich gewirkt wie jetzt.
»Nico, beschütz Eli und das Mädchen.« Er drehte sich wieder zu Coriano um. »Das ist mein Kampf.«
Eine kalte Hand packte Miranda, und als sie sich umsah, stellte sie fest, dass Nico sie aus der Schatzkammer zerrte.
»Wir treffen dich dann oben«, sagte Eli und eilte hinter den Frauen her. »Verlier nicht.«
Josef antwortete nicht, aber Miranda sah ihn grinsen, als er sich zu Coriano umdrehte und den Balken hochriss. Coriano hob gerade sein weißes Schwert zum Gruß, als die große Tür ins Schloss fiel und die beiden aus ihrem Blickfeld verschwanden.
»Wir können ihn nicht einfach hierlassen!«, schrie Miranda und kämpfte gegen Nicos Griff an. »Sollten wir ihm nicht helfen? Wir könnten Coriano schlagen und dann zusammen nach oben gehen!«
»Du kapierst es einfach nicht, oder?« Eli packte ihre Schulter und wirbelte sie herum. »Hältst du Josef für meinen Diener? Glaubst du, ich könnte ihn einfach herumkommandieren?« Er atmete schwer, und seine Miene war ernster, als sie es je zuvor gesehen hatte. »›Misch dich nicht in Dinge ein, von denen du nichts verstehst‹«, ahmte er sie höhnisch – und gar nicht mal schlecht – nach. »Vielleicht ist es an der Zeit, dass du auf deinen eigenen Rat hörst, Spiritistin. Josef Liechten reist aus freiem Willen mit mir. Wenn er sagt: ›Das ist mein Kampf‹, dann bedeutet es genau das. Sein Kampf. Wir haben kein Recht, uns einzumischen, nur weil es nicht in unsere Pläne passt.«
»Aber er ist dein Freund!«, schrie Miranda. »Du kannst ihn doch nicht einfach dem Tod überlassen! Coriano hätte ihn beim letzten Mal umgebracht, wenn Renaud nicht den Sturm freigelassen hätte. Was lässt dich glauben, dass er überleben wird?«
»Er wird nicht verlieren.« Die absolute Überzeugung in Nicos Stimme traf Miranda wie ein Schlag. Das Mädchen sah die Spiritistin an, und ihr riesiger schwarzer Mantel bauschte sich um ihr ruhiges, bleiches Gesicht. »Josef ist der stärkste Schwertkämpfer der Welt«, sagte sie. »Er wird nicht gegen jemanden wie Coriano und sein arrogantes weißes
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