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Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Titel: Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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aus, haben jedoch rote Spitzen.«
    »Vergebung, Herrin! Natürlich hat Konfuzius das Handbuch der Stickerei für adlige Damen geschrieben«, schluchzte eine Hofdame. »Die Schirme des fünften Ranges«, erklärte der Kammerdiener, »haben eine blaue Gazebespannung, ein rotes Rohseidenfutter, Silberspitzen und sind zweifach. Die des sechsten bis neunten Ranges haben blaue, geölte Rohseidenbespannung, rotes Rohseidenfutter, silberne Spitzen und sind einfach.«
    »Werft die Leiche in den Schweinestall«, brüllte die Ahne. Genug!
     

8.
Das Tanzmädchen
     
    Eines Abends besuchten Li Kao und ich Hahnrei Ho in seinem Arbeitszimmer, und wir fanden ihn in Tränen aufgelöst. Schluchzend hielt er einen billigen Silberkamm in den Händen. Als er sich soweit beruhigt hatte, daß er sprechen konnte, bat er uns, seine Geschichte anzuhören, denn er hatte niemanden, mit dem er seine Freuden und Leiden teilen konnte. Li Kao goß ihm einen Becher Wein ein, und wir setzten uns, um ihm zuzuhören.
    »Vor ein paar Jahren gelang es mir, das Wohlwollen der Ahne zu erringen«, begann Hahnrei Ho. »Gnädig gestattete sie mir, eine Konkubine zu nehmen, aber ich besaß kein Geld. Ich konnte mir keine Dame von Stand, noch nicht einmal die Zofe einer Dame von Stand leisten. Also wählte ich ein Tanzmädchen aus Hangchow. Sie hieß Leuchtender Stern. Sie war sehr schön und sehr tapfer, und ich liebte sie aus ganzem Herzen. Sie liebte mich natürlich nicht, denn ich bin alt und häßlich und gleiche eher einem Wurm. Aber ich drängte mich ihr nie auf, und ich glaube, sie war einigermaßen glücklich. Als Zeichen meiner Liebe schenkte ich ihr diesen Kamm. Wie ihr seht, ist es kein besonders guter Kamm, doch mehr konnte ich mir nicht leisten, und um mir eine Freude zu machen, steckte sie ihn sich in die Haare. Ich war noch nie verliebt gewesen, und in meiner Torheit glaubte ich, meine Freude würde ewig währen. Eines Abends hatte die Ahne Offiziere aus der Festung zu Gast, darunter auch einen jungen Hauptmann aus so vornehmer Familie, daß jeder wußte, die Ahne würde ihn zum Gemahl von Jungfer Ohnmacht wählen. Aus irgendeinem Grund fiel der Name Leuchtender Stern, und der Hauptmann wurde plötzlich hellwach. Sie sei kein gewöhnliches Tanzmädchen, erklärte er aufgeregt. Durch ihr Geschick und ihren Mut beim Schwerttanz war Leuchtender Stern in Hangchow zur lebenden Legende geworden. Der junge Hauptmann war selbst ein berühmter Schwertkämpfer und erklärte, er würde alles geben, um sich mit einer solchen Gegnerin zu messen. Beim Schwerttanz sind keine Rangunterschiede erlaubt, und so befahl die Ahne, Leuchtender Stern möge sich dem Hauptmann stellen. Als Leuchtender Stern aus einem alten Korb zwei Schwerter hervorholte, sah ich deutlich, daß ihr Herz an diesen blitzenden Klingen hing. Sie erlaubte mir, sie einzuölen, und ich staunte über den Stolz und das Glück in ihren Augen. Dann verließ mich mein schönes Tanzmädchen wie eine Königin.
    Schwerttänzer tragen natürlich nur ein Lendentuch, und ich konnte nicht ertragen, mit anzusehen, wie Leuchtender Stern wie ein Stück Fleisch den lüsternen Blicken der Soldaten ausgesetzt wurde. Ich nahm nicht als Zuschauer an dem Tanz teil, aber das brauchte ich auch nicht. Ein sanfter Wind wehte vom Palast und trug das Klirren der stählernen Klingen zu mir herüber. Es wurde lauter und lauter, schneller und schneller. Ich hörte den Beifall, und dann hörte ich die Zuschauer aus Leibeskräften schreien. Die Trommeln dröhnten wie Donner, und als die Sanduhr abgelaufen war, jubelten die Zuschauer noch beinahe zehn Minuten voll Begeisterung und Staunen. Die Kampfrichter erklärten sich außerstande, einen Sieger zu bestimmen. Nur Götter haben das Recht, unter Göttern zu wählen«, sagten sie. Die Trophäe wurde halbiert, und jeder der beiden bekam eine Hälfte.
    In dieser Nacht lag ich in meinem Bett und lauschte dem Schluchzen meines Tanzmädchens. Leuchtender Stern hatte sich in den jungen Hauptmann verliebt, aber was sollte sie tun? Ihr gesellschaftlicher Rang war so niedrig, daß es für einen Herrn seiner Stellung völlig unmöglich war, sie zur Nebenfrau zu nehmen. Leuchtender Stern würde in Zukunft gezwungen sein, den Hauptmann als Gemahl meiner Tochter zu sehen, ohne ihn auch jemals nur berühren zu können. Sie weinte die ganze Nacht, und am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg zur Festung, wo ich ein langes Gespräch mit dem jungen Hauptmann führte, der keine Sekunde

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